Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Wenn Parasiten rote Blutkörperchen auffressen

Das Fachmagazin Journal of Biological Chemistry widmete das Titelbild seiner neuesten Ausgabe (1. Sept. 2006) den Lübecker Forschern. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Fachmagazin Journal of Biological Chemistry widmete das Titelbild seiner neuesten Ausgabe (1. Sept. 2006) den Lübecker Forschern. Quelle: JBC/Universität Lübeck

04.09.2006  - 

Malaria ist eine tückische Infektionskrankheit, die vornehmlich in den Tropen Millionen von Menschen heimsucht und in vielen Fällen zum Tod führt. Eine Behandlung ist zwar möglich, doch immer mehr Malaria-Arzneimittel wirken nicht mehr, weil die verantwortlichen Parasiten der Gattung Plasmodium Resistenzen entwickelt haben. Lübecker Wissenschaftler haben jetzt jedoch einen wichtigen Schritt zur Entwicklung neuer Medikamente gegen Malaria gemacht und die molekulare Struktur eines Enzyms aufgeklärt, das bei der Malaria-Infektion eine wesentliche Rolle spielt. Wie sie im Journal of Biological Chemistry (Vol. 281, S. 25425-25437) berichten, könnten ihre Ergebnisse die Basis zur Entwicklung neuer Medikamente sein.

An Malaria erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts jedes Jahr 300 bis 500 Millionen Menschen, vor allem in den Tropen und Suptropen. Jährlich bis zu drei Millionen überleben die fiebrige Infektionskrankheit nicht. Als Auslöser von Malaria gelten einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium, von denen vier Erreger für den Menschen gefährlich sind. Zu den bedrohlichsten zählt dabei Plasmodium falciparum, der wie die anderen auch die Stechmücke Anopheles als Wirt nutzt und auf diese Weise auf den Menschen übertragen werden kann.

Sind die Malaria-Parasiten erstmal im Körper, beginnt ein zerstörerischer Kreislauf: Über das Blut gelangen sie zunächst in die Leberzellen, gehen von dort in den Blutkreislauf über und befallen schließlich die roten Blutkörperchen. Dort vermehren sie sich zu großen Stückzahlen und bauen dabei den Sauerstofftransporter Hämoglobin ab, um Aminosäuren für ihre Ernährung zu gewinnen. Die mit Plasmodien infizierten, reifenden und platzenden roten Blutkörperchen setzen Toxine frei, was wiederum eine Zytokin-Reakion zur Folge hat. Beim Betroffenen ist dann ein Fieberanstieg und ein zunehmender Verlust der roten Blutkörperchen zu beobachten, was letztlich zu einer Minderversorgung des Körpers mit Sauerstoff führt (Anämie).

Suche nach neuen Malaria-Mitteln dringend notwendig

Malaria kann zwar mit Medikamenten behandelt werden, doch inzwischen haben die Parasiten weltweit Resistenzen gegen vorhandene Arzneien entwickelt. Nur der in der Pflanze Einjähriger Beifuß enthaltene Wirkstoff Artemisinin ist ein Mittel, gegen das noch keine Resistenzen beobachtet wurden. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten und den Medizinern künftig neue Medikamente an die Hand zu geben, beschäftigen sich die Forscher um Rolf Hilgenfeld vom Institut für Biochemie der Universität Lübeck bereits seit Jahren mit den molekularen Grundlagen von Infektionskrankheiten wie Malaria. Wie sie jetzt im Journal of Biological Chemistry (Vol. 281, S. 25425-25437) berichten, spielt bei einer Malaria-Infektion durch Plasmodium falciparum offenbar das Verdauungsenzym Falcipain-2 eine wesentliche Rolle im Vermehrungs- und Reifezyklus des Parasiten. Es bindet den in den roten Blutkörperchen enthaltenen Sauerstofftransporter Hämoglobin und ist dafür verantwortlich, dass dieser in den infizierten Blutkörperchen abgebaut wird. Die Lübecker Biochemiker fanden heraus, dass Falcipain-2 eine modifizierte Form von Hämoglobin, das so genannte Methämoglobin, regelrecht auffrisst.

Erstmals Struktur des Verdauungsenzyms Falcipain-2 aufgeklärt

Mithilfe einer Röntgenstrukturanalyse klärten die Wissenschaftler zudem erstmals die dreidimensionale Struktur des Verdauungsenzyms auf. Damit sind sie nun in der Lage, gezielt nach Hemmstoffen gegen Falcipain-2 zu suchen und auf diese Weise Wirkstoff-Kandidaten zu entwickeln, die eine Malaria-Infektion gezielt bekämpfen können. Dabei arbeiten die Deutschen mit chinesischen Wissenschaftlern aus Shanghai zusammen, um in chinesischen Heilpflanzen nach möglichen Hemmstoffen zu suchen. Dort ist bereits Expertise vorhanden: Am gleichen Institut in Shanghai wurde auch der Wirkstoff Artemisinin entdeckt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird die Malaria-Forschung des Lübecker-Instituts in den nächsten zwei Jahren mit rund 100.000 Euro fördern.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit

Downloads

Originalartikel der Lübecker Forscher im Journal of Biological Chemistry (JBC)

Vol. 281, 1. Sept. 2006, S. 25425-25437 Download PDF (2,7 MB)