Pflanzenforschung auf europäischer Ebene im Aufwind
27.01.2006 -
Gleich drei Initiativen der Europäischen Union haben die Pflanzenforschung in ihren Fokus genommen: die neue EU-Förderinitiative „ERA-Net Plant Genomics“, das von der Europäischen Kommission finanzierte englischsprachige Onlineverbraucherportal „GMO Compass“ zur Grünen Gentechnik sowie die für das 7. EU-Rahmenprogramm vorgesehene Technologieplattform „Plants for the future“. Die neuesten Zahlen zum weltweiten Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen belegen jedoch, dass sich Europas Anteil in der industriellen Anwendung der Grünen Gentechnik derzeit noch bescheiden ausnimmt.
Die ERA-Net-Initiative „Plant Genomics“ startet Anfang Februar mit einer ersten transnationalen Ausschreibung für Verbünde von Forschungseinrichtungen und Unternehmen, an der sich Förderorganisationen aus Deutschland, Belgien, Dänemark, Finnland, Italien, Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Spanien und den Niederlanden beteiligen. Aus deutscher Sicht wird das Programm vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt. Der Aufruf für kooperationswillige Wissenschaftler teilt sich in zwei Teil-Aufrufe, die Einreichungsfrist für erste Projektskizzen endet am 16. März 2006. Antragsteller aus Deutschland erhalten weitere Informationen bei der DFG (Dr. Catherine Kistner) oder dem Projektträger Jülich (Dr. Rainer Büschges).
Verbraucherportal zur Gentechnik im Internet
An eine breite interessierte Öffentlichkeit richtet sich unterdessen das neue Verbraucherportal „GMO Compass“, das als englischsprachige Website seit Anfang dieser Woche unter www.gmo-compass.org freigeschaltet ist. Die von der Genius GmbH aus Darmstadt betriebene Informationsplattform zu gentechnisch veränderten Pflanzen und Lebensmitteln will auf diese Weise zur sachbezogenen und verantwortungsvollen Meinungsbildung zum Thema Grüne Gentechnik beitragen. Landesspezifische Inhalte werden von Kooperationspartnern in sieben Ländern journalistisch aufbereitet. Gemeinsam mit dem deutschsprachigen Agrobiotech-Portal www.transgen.de und der TÜV NORD Ensys GmbH & Co. KG hat sich der Informationsdienstleister Genius unter rund 80 Bewerbern bei der Europäischen Kommission durchgesetzt und für 460.000 Euro den Zuschlag erhalten. Zunächst wurde das Portal teilweise auf der Transgen-Website umgesetzt. Für die wissenschaftliche Qualität zeichnet ein Beratergremium verantwortlich, dem unter anderem Wissenschaftler, Vertreter des Europäischen Dachverbandes der Verbraucherorganisationen BEUC und des EU-Biotech-Verbandes EuropaBio angehören.
Langfristige Vision für Pflanzenforschung in Europa
Die EU-Technologieplattform „Plants for the future“ ist indes noch Zukunftsmusik und soll im Rahmen des siebten Forschungsrahmenprogrammes realisiert werden. Wie Christian Patermann von der Generaldirektion Forschung der EU-Kommission in Berlin bei der Präsentation des Zukunftskonzeptes am 24. Januar betonte, ist die Etablierung eines Netzwerkes der innovativen Pflanzenforschung angedacht, das die Interessen von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik bündelt. Mit Hilfe von Vertretern aus all diesen Bereichen soll eine langfristige Strategie der Pflanzenforschung in Europa entwickelt werden, um die Grundlagenforschung stärker für die Anwendung zu nutzen. „Plants for the Future“ sei ein Versuch, aber keine Garantie für den Erfolg der europäischen Pflanzenforschung im internationalen Wettbewerb, betonte Patermann.
GV-Anbau in Europa gering im weltweiten Vergleich
Wie aus dem aktuellen Bericht des International Service of the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) hervorgeht, ist die Anwendung der Grünen Gentechnik in der Praxis in Europa noch nicht sehr ausgeprägt. Gemessen am weltweiten Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, der seit Jahren kontinuierlich wächst, nimmt sich der EU-Anteil bescheiden aus: So lag der gv-Anbau für das Jahr 2005 weltweit bei ca. 90 Millionen Hektar, in der EU bei insgesamt 155.000 Hektar. Neben Deutschland wird in Spanien, Frankreich, Portugal und der Tschechischen Republik gentechnisch veränderter Mais angebaut. Wie Mark Sitt, Direktor am Max-Planck-Institut in Golm in Berlin unterstrich, sei „Plants for the future“ aber nicht nur auf gentechnisch veränderte Pflanzen beschränkt. Aus seiner Sicht würde die Zukunft der Pflanzenforschung aus einem Wechselspiel zwischen Gentechnik und der Nutzung von natürlichen Ressourcen bestehen.