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Nationaler Aktionsplan für Sepsis gefordert

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Das Grußwort der Veranstaltung sprach Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, im Großen Hörsaal des Langenbeck-Virchow-Hauses. Quelle: Wolfgang Hanke/Lindgruen-GmbH

11.09.2013  - 

Mit 60.000 Toten fordert die Sepsis in Deutschland jährlich mehr Todesopfer als Herzinfarkte, Lungen-, Brust- und Dickdarmkrebs zusammen. Dennoch ist sie eine wenig bekannte Erkrankung. Trotz aller medizinischer Fortschritte steigt die Zahl der Sepsisfälle in den Industrienationen jährlich um 7 bis 8 Prozent. Um Maßnahmen zu diskutieren, die bis zum Jahr 2020 die Sepsishäufigkeit und die Sterblichkeit eindämmen sollen, sind am 9. September in Berlin rund 200 Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik auf dem Sepsis Summit zusammengekommen. Gemeinsam wurden die wichtigsten Eckpunkte eines Nationalen Aktionsplanes Sepsis erarbeitet.

Sepsis  ist die häufigste Todesursache bei Infektionen und eine der Haupttodesursachen weltweit. Sie entsteht, wenn die körpereigene Abwehrreaktion in Folge einer Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilzen die eigenen Gewebe und Organe angreift. In der Bevölkerung wird sie häufig als „Blutvergiftung“ missverstanden. Wird eine Sepsis nicht früh genug behandelt, führt sie zu lebensbedrohlichen Störungen der Vitalfunktionen und zu Multiorganversagen. Allein in Deutschland erkranken jährlich rund 180.000 Menschen an Sepsis. 60.000 sterben daran.

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Sepsis ist ein medizinischer Notfall

Auch wenn die Hauptursachen bekannt sind, nimmt in den Industrienationen die Zahl der Sepsisfälle jährlich um sieben bis acht Prozent zu. Die Ursachen dafür sind aus Sicht von Experten vielfältig: So nimmt mit der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung auch die Anzahl der Patienten zu, die für Infektionen anfälliger sind. Etwa solche, die beispielsweise Immunsystem schwächende Medikamente einnehmen oder häufiger größeren Operationen ausgesetzt sind. Als weiteren Grund sehen Experten die Zunahme multiresistenter und hochvirulenter Erreger. Zudem erschweren Hygienefehler und ein Mangel in der infektiologischen Ausbildung von Fachpersonal zusätzlich die Bekämpfung des Problems.

Memorandum mit zahlreichen Erstunterzeichnern

Vor diesem Hintergrund haben die Sepsis Stiftung, die Deutsche Sepsis Gesellschaft, die Global Sepsis Alliance und weitere Fachgesellschaften konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die aus ihrer Sicht im Kampf gegen Sepsis helfen können. Anlässlich des World-Sepsis-Day am 13. September wurde das gemeinsam erarbeitete Memorandum auf dem Sepsis Summit im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin präsentiert. Zu den Unterzeichnern zählen zahlreiche medizinische Fachgesellschaften, Repräsentanten von nationalen Forschungsinstitutionen, Verbänden und ärztlichen Standesorganisationen, ehemalige Olympiasieger und überregionale Krankenhausverbände.  Man war sich einig: Das in Deutschland vorhandende Potenzial wird nicht ausgeschöpft, es mangelt an der Umsetzung des Wissens. Konrad Reinhart, Vorsitzender der Sepsis-Stifung zeigte sich dennoch zufrieden mit den Ergebnissen der Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Daniel Bahr abgehalten wurde: „Aus meiner Sicht hat sich die Intention dieses Summits voll erfüllt.“

Eckpunkte des Aktionsplans

Die Zielsetzung für den Nationalen Aktionsplan ist ehrgeizig: Bis 2020 sollen die zu ergreifenden präventiven Maßnahmen die Häufigkeit von Sepsisfällen um 20 Prozent vermindern. Im selben Zeitraum soll die Sepsissterblichkeit um 10 Prozent zurückgehen. Die wesentlichen Forderungen des Memorandums betreffen insbesondere die öffentliche Aufklärung und die Erstellung von Qualitätssicherungsprogrammen. Prävention, Früherkennung, Diagnose und Therapien in allen Sektoren des Gesundheitswesens sollen dadurch verbessert werden. Der unsachgemäße Einsatz von Antibiotika soll beendet und Hygienemaßnahmen in Krankenhäusern stringent umgesetzt werden. Ähnlich wie das Wort „Herzinfarkt“ soll bis 2020 die Sepsis ein Alltagsbegriff werden.

World Sepsis Day 2013

Weitere Informationen zum Sepsis Summit und zum World Sepsis Day, sowie Infografiken und Hintergrundinformationen: hier klicken 

Sepsis als „Blockbuster-Markt“

Auch die wirtschaftlichen Aspekte der Sepsis in Deutschland wurden beleuchtet. So wurde mit Firmenvertretern über die Entwicklung neuer effektiver Therapeutika und präziserer Sepsis- und Erregertests diskutiert. Bernd Wegener, Mitbegründer der Brahms AG, sieht im Sepsis-Markt durchaus "Blockbuster-Potenzial". Jedoch scheitern viele Firmen an der Frage des Geldes, denn risikobereite Investoren sind in Deutschland rar. Seine provokante Frage in Berlin: „Warum sollten Finanzinvestoren in ein Feld investieren, wo soviel Geld schon kaputt gegangen ist?“  Wegener sieht daher die öffentliche Hand in der Pflicht und fordert neue Finanzierungsmodelle für Forschungs- und Entwicklungsprojekte bis über die klinische Phase IIb hinaus zu etablieren. Darüber hinaus setzt er auch auf eine steurliche Forschungsförderung.Resistenzgene können Bakterien gegen Antibiotika resistent machen. Wie das geschieht erklärt Jan Wolkenhauer.Quelle: biotechnologie.tv

Der Schlüssel ist Kooperation

„Neue Formen der Public Private Partnerships müssen her“, forderte zudem Georg Peters vom Institut für Mikrobiologie der Universität Münster und fasste damit einen Leitgedanken vieler Experten zusammen. Eine schnellere Entwicklung innovativer Diagnostika und Therapeutika sei nur durch translationale, sektorenübergreifende Konzepte möglich, so der Institutsdirektor. Die Moderation der Kooperationen solle dabei bei der Politik verbleiben. Thomas Reimann vom Pharma-Konzern Pfizer wiederum betonte: „Pharma-Konzerne müssen verstehen, dass es sich um ein therapeutisches Gesamtkonzept handelt.“ Es müsse unternehmensübergreifende Kooperationen für die Entwicklung von Antiinfektiva und Diagnostika geben, so der Chemiker.

Beim abschließenden Votum stimmten alle Fachteilnehmer für das Memorandum zur Etablierung eines Nationalen Aktionsplans. Angesichts der anstehenden Bundestagswahlen bliebe es nun jedoch abzuwarten, wann in der Bundesregierung eine konkrete Entscheidung dazu gefällt wird, sagte Konrad Reinhart.

© biotechnologie.de/bs
 

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