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Genetische Schatzkarten für Weizen und Gerste vorgelegt

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Harte Nuss für Genetiker: das Erbgut von Weizen ist nicht nur sechsmal so groß wie das des Menschen, es ist auch äußerst komplex. Quelle: Wikimedia/Bluemoose

30.11.2012  - 

Weizen und Gerste zählen zu den wichtigsten Getreidearten auf der Welt. Mit Nachdruck sind Molekularbiologen dabei, die Erbgutinformationen der beiden Pflanzen zu entziffern. Das Problem: Die Genome von Weizen und Gerste sind riesig und dazu noch äußerst komplex – einfach nur Sequenzieren genügt hier nicht. In aufwendiger Puzzlearbeit hat ein internationales Konsortium unter Beteiligung von deutschen Forschern nun die bisher ausführlichste genetische Karte für den Brotweizen und die Gerste erstellt. Wie die Forscher in Nature (2012, Bd. 491, S.705 und S.711) berichten, bieten die vorgelegten Kataloge wichtige Ressourcen für Pflanzenzüchter.

Der Brotweizen (Triticum aestivum) kann unter den Getreidearten viele Rekorde für sich verbuchen: So nimmt er mit 200 Millionen Hektar weltweit die größte Anbaufläche ein. Im vergangenen Jahr wurden nach FAO-Angaben rund 681 Millionen Tonnen Weizen produziert. Das Getreide gilt als der wichtigste Kohlenhydrat- und Proteinlieferant für die Weltbevölkerung. Rekordverdächtig sind auch die molekularen Kennziffern des Weizens: Das Genom ist mit 17 Milliarden Basenpaaren (17 Gb) nicht nur fast sechsmal so groß wie das Erbgut des Menschen, es liegt zudem in jeder Zelle in sechs Kopien vor. Das Weizengenom ist aber nicht nur riesig, sondern auch noch komplex. So ist das Genom ein Mix aus drei verschiedenen Vorläufergenomen, also drei verschiedenen Gräserarten, deren Erbsubstanz sich in der Evolution miteinander vermischt hat. In der 54. Folge von biotechnologie.tv geht es unter anderem um die Entschlüsselung des Gerstengenoms.Quelle: biotechnologie.tv

Weizengenetik bisher rückständig

Diese Komplexität hat sich als harte Nuss erwiesen auf dem Weg, die komplette Genomsequenz von Weizen zu entziffern. Doch die Kenntnis der Erbgutinformation ist ein Schlüssel, den Pflanzenzüchter zur Entwicklung neuer und anpassungsfähiger Sorten dringend benötigen. Seit den 1980er Jahren hinken die Möglichkeiten der Weizengenetik denen bei anderen Nutzpflanzen – etwa Reis – hinterher.

Ein internationales Konsortium hat sich deshalb darangemacht, das Weizengenom im Detail auseinanderzunehmen und das Erbgut vollständig zu entschlüsseln. Dazu haben die Forscher das gigantische Genom in Millionen winzige Portionen zerlegt, die Abschnitte in Teilen entziffert und dann Schritt für Schritt in mühsamer Puzzlearbeit wieder zusammengesetzt. Es wird zwar noch dauern, bis die Forscher eine vollständige Genomsequenz in hoher Qualität in Händen halten. Doch eine vorläufige molekulare Karte liegt nun vor.

Karte mit 96.000 Weizen-Genen

Beteiligt ist auch das Team von Klaus Mayer vom Institut für Bioinformatik und Systembiologie des Helmholtz Zentrums München (mehr zu seinem Profil: hier klicken). Gemeinsam mit britischen Wissenschaftlern der Universitäten in Bristol und Liverpool sowie des John Innes Centre in Norwich haben sie eine erste Genomanalyse durchgeführt und in Nature (2012, Bd. 491, S.705) veröffentlicht. Herzstück der Studie ist eine detaillierte Karte der etwa 96.000 Gene des Weizens.

Neben den reinen Sequenzdaten macht die Genanalyse der Wissenschaftler auch deutlich, wie dynamisch sich das Weizengenom herausgeformt hat. So sind in den Jahrtausenden Züchtungsgeschichte des Getreides offenbar einige Mitglieder bestimmter Gen-Familien verloren gegangen. Andere Gen-Familien sind dagegen hinzugekommen, etwa solche, die den Stoffwechsel und das Wachstum des Weizens steuern. Diese Veränderungen sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass Weizen in so vielen unterschiedlichen Regionen und Klimazonen gute Wachstumsbedingungen findet und sich zur wichtigsten Pflanze für die Welternährung entwickelt hat.

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Molekulare Schatztruhe für die Pflanzenzüchter

Die bisher ausführlichste molekulargenetische Karte für den Weizen ist eine Schatztruhe für Pflanzenzüchter, denn sie erlaubt es, interessante Merkmale genau im Genom zu verorten. Das könnte die Pflanzenzüchtung nicht nur zielgerichteter machen, sondern auch deutlich beschleunigen. „Unsere Studie kann so etwas wie der Startschuss der Weizengenetik und der molekularen Züchtung beim Weizen werden“, sagt Mayer. „Seit den 1980er Jahren ist es nicht mehr gelungen, die Ernteerträge ausreichend zu steigern, um mit dem Zuwachs der Weltbevölkerung Schritt zu halten. Wir erwarten, dass mit verbesserter Resistenz gegen Krankheiten und größerer Stresstoleranz die Erträge deutlich gesteigert werden können.“

Karte des Gerstengenoms

Auch für die Gerste (Hordeum vulgare) haben die Forscher in der aktuellen Ausgabe von Nature (2012, Bd. 491, 711-716) nun die bisher ausführlichste genetische Karte der viertwichtigsten Nutzpflanze vorgelegt. Klaus Mayer und sein Team gehören zu den federführenden Forschern im „Internationalen Sequenzierkonsortium für Gerste“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Aktivitäten mit dem Förderprojekt „BARLEX“ mit rund sieben Millionen Euro unterstützt. Mit 5,1 Milliarden Basenpaaren fallen die Ausmaße des Genoms deutlich kleiner aus als beim Weizen. Die Analysen der Forscher haben mehr als 26.000 Gene identifiziert. Da Gerste und Weizen nah miteinander verwandt sind, liefert die Analyse des Gerstengenoms eine sehr wichtige Basis für die vollständige Entzifferung des Weizengenoms.

© biotechnologie.de/pg

 

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