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Luftblasen-Kniff lässt Käfer haften

Der Grüne Sauerampferkäfer (Gastrophysa viridula) ist Vorbild für ein neues Material in der Bionik. Es kann genauso wie das Insekt unter Wasser an Oberflächen haften. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Der Grüne Sauerampferkäfer (Gastrophysa viridula) ist Vorbild für ein neues Material in der Bionik. Es kann genauso wie das Insekt unter Wasser an Oberflächen haften. Quelle: CAU, Stanislav Gorb

10.08.2012  - 

Haften unter Wasser – eine Silikon-Polymer-Struktur, gestaltet nach dem Vorbild der Natur macht es möglich. Das künstliche Material wurde von einer deutsch-japanische Forschungskooperation entwickelt. Als Vorbild diente dem Bionik-Experten Stanislav Gorb von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Materialwissenschaftlerin Naoe Hosoda vom National Institute for Material Science in Japan dabei der eigentlich auf dem Trockenen beheimatete Grüne Sauerampferkäfer (Gastrophysa viridula), der sich aber auch auf nassen Flächen und sogar unter Wasser problemlos fortbewegen kann. Die Arbeit der Wissenschaftler wurde im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B (2012, Online-Veröffentlichung) veröffentlicht.

Insekten bringen uns immer wieder zum Staunen. Mühelos laufen sie an senkrechten Glasscheiben hoch oder bewegen sich sogar kopfüber an der Decke entlang. Wie Käfern das gelingt, erklärt Stanislav Gorb: „Viele Käfer haben an ihren Füßen kleine Hafthärchen.“ Diese Härchen sind es, die den Tierchen ihre Krabbel-Manöver überhaupt erst ermöglichen. „Es ist allgemein bekannt, dass man an der Luft zwei Festkörper mithilfe von Wasser zum Haften bringen kann. Wie ein Blatt Papier, das auf dem Tisch kleben bleibt, wenn es nass wird.“

Kapillarkräfte ermöglichen sicheren Halt

Das Käfergeheimnis sind die Härchen an den Füßen. Hier eine Aufnahme im Kieler Rasterelektronenmikroskop. Die Enden der Härchen sind zirka 5 Mikrometer breit.Lightbox-Link
Das Käfergeheimnis sind die Härchen an den Füßen. Hier eine Aufnahme im Kieler Rasterelektronenmikroskop. Die Enden der Härchen sind zirka 5 Mikrometer breit.Quelle: CAU, Stanislav Gorb
Verantwortlich für dieses Haften, das auch als Adhäsion bezeichnet wird, sind Kapillarkräfte, die an den Grenzfläche zwischen Luft, Flüssigkeit und Festkörper wirken. Die Insekten machen sich diese Kräfte ebenfalls zu Nutze. Doch an Stelle von Wasser haften sie mit Hilfe von Öl an ihren Fußhärchen an Oberflächen. Aber auch nach einem kräftigen Regenschauer kommen Insekten auf den nassen Blättern von Pflanzen bekanntlich eher selten ins Rutschen. Und hier wird der Haft-Mechanismus erst wirklich faszinierend. Denn ohne Luft können die Kapillarkräfte nicht wirken. Die Natur, beispielsweise in Form eines terrestrischen Blattkäfers, hat hierfür eine ebenso effektive wie verblüffend einfache Lösung entwickelt: Wo keine Luft vorhanden ist, bringt sich der Käfer einfach seine eigene Luft mit. Er schließt sie zwischen seinen Fußhärchen ein und schafft auf diese Weise wiederum die für die Haftung benötigte Grenzfläche – sogar unter Wasser. Eine kleine Randbedingung gibt es jedoch. Die Oberfläche, auf welcher sich der Käfer bewegen will, muss in bestimmtem Maße hydrophob – also wasserabweisend – sein. Eine Eigenschaft, die in der Natur, etwa an der Oberseite von Blättern aber häufig gegeben ist, wie der Bionik-Experte versichert.

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Auf die Mikrostruktur kommt es an

„Offenbar sind Härchen also eine gute Idee, wenn es darum geht, starke Adhäsionskräfte aufzubauen“, so Gorb. Von dieser Idee inspiriert haben die Forscher in Kiel eine künstliche Silikon-Polymer-Struktur hergestellt, die die Eigenschaften der Unterwasserhaftung des Käfers imitiert. Dabei war die Herausforderung, ein Material zu entwickeln, welches die Luft unter Wasser halten kann. Die Lösung: eine Mikrostruktur ähnlich zu den Käferhärchen, die Luftblasen unter Wasser halten kann. So entstand ein Material, welches unter Wasser auch ohne Klebstoff an Festkörpern haftet. Auch mögliche Anwendungsgebiete sind bereits identifiziert. Sie liegen vor allem im Bereich der Unterwasseroptik, beinhalten aber auch jede andere Art von Unterwassertechnik.

Schon früher erfolgreich geklebt

Stanislav Gorb ist kein unbeschriebenes Blatt in der Welt der bioinspirierten Klebstoffe (mehr zu seinem Profil: hier klicken). Bereits 1999 gehörte der Bionik-Spezialist zu den Preisträgern im BioFuture-Wettbewerb des Bundesforschungsministeriums. Ein von ihm in Zusammenarbeit mit dem Klettverschlusshersteller Gottlieb Binder GmbH & Co. KG entwickeltes Klebeband ist bereits auf dem Markt erhältlich. Der Silikongummi, auf dem sich pro Quadratzentimeter mehr als 29.000 Haftstrukturen befinden und der ebenfalls unter Wasser eingesetzt werden kann, wird als Gecko-Haftband verkauft. Doch auch hier standen – anders als der Name vermuten lässt – verschiedene Insektenfüße Pate.

© biotechnologie.de/ss

 

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