Anna Dubrovska: Leidenschaft für Kunst und Krebsgene

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Anna Dubrovska träumt davon, am Dresdner Krebsforschungszentrum OncoRay einen Biomarker für aggressive Tumorzellen zu entwickeln. Quelle: Anna Dubrovska

13.06.2012  - 

Schweden, San Diego, und nun Dresden –Anna Dubrovska hat schon einmal die Welt bereist. Seit acht Monaten leitet die 38-jährige Juniorprofessorin eine Nachwuchsforschergruppe am Zentrum für Innovationskompetenz für Medizinische Strahlenforschung in der Onkologie, das in Dresden gerade ausgebaut wird. Die Forschungen zu Krebsbiomarkern werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Förderung  in Höhe von 3,1 Millionen Euro über fünf Jahre unterstützt.

Wenn man hört, dass Anna Dubrovska in der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren wurde, fällt es nicht schwer, eine Verbindung zur Onkologie herzustellen – seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl ist hier und im benachbarten Weißrussland die Zahl der Leukämieerkrankungen rapide gestiegen. Dubrovskas Mutter ist an Krebs gestorben. „Ich denke, das gibt auch eine große persönliche Motivation. Ich finde, eine Behandlung gegen Krebs zu finden ist eine der wichtigsten Aufgaben in der Medizin.“ Wenn sie aber über ihre Arbeitsgruppe am Dresdner Forschungszentrum OncoRay spricht, hört man nicht nur sehr viel Energie und Entschlossenheit, sondern auch einen Menschen, der seine Forschung liebt. „Mein Traum war es, Biomarker für aggressive Tumorzellen zu entwickeln – und jetzt habe ich endlich die Möglichkeit dazu!“

Philadelphia und in-vivo-Modelle

Dubrovska studierte Genetik in Kiew, und promovierte über die Entstehung der Chronischen Myeloischen Leukämie (CML). Sie wollte verstehen, welcher Mechanismus für die vermehrte Leukozytenbildung verantwortlich ist. Bereits 1960 wurde als Ursache ein verändertes Chromosom entdeckt. Die junge Wissenschaftlerin schaute sich das Chromosom genauer an und wies nach, dass es das Ergebnis einer Translokation war: Ein Teil des 9. Chromosoms hatte sich an das 22. Chromosom angeheftet. In diesem nach seinem Entdeckungsort benannten „Philadephia-Chromosom“ waren Gene beider Chromosomen zu einem neuen Gen verschmolzen. “Es handelt sich um eine Fusion der Gene zu einem BCR-ABL Onkogen“, beschreibt Dubrovska.  „Dieses 1960 entdeckte Onkogen war der erste zytogenetische  Biomarker für Krebs.“ Schon damals reifte der Entschluss, einmal ein eigenes Projekt zu Krebsbiomarkern zu leiten.

OncoRay

Weitere Informationen zum Krebsforschungszentrum in Dresden finden Sie auf den OncoRay-Webseiten: hier klicken

Nach der Promotion ergab sich für die Genetikerin die Möglichkeit zu einem Forschungsaufenthalt in Schweden. „Das war wirklich aufregend“, sagt sie. „Dort hatte ich die Möglichkeit, alle Tumorstammzellen vergleichend und umfassend mit einem proteomischen Ansatz zu untersuchen.“ Spätestens da reifte der Wunsch nach einem eigenen Forschungsprojekt zu Biomarkern. Doch bemerkte sie auch eine Wissenslücke: „Ich musste noch viel darüber lernen, wie man mit Hilfe von Hochdurchsatz-Screening Gene und Wirkstoffe gegen Krebstumoren identifiziert, und wie man diese mit Hilfe von in-vivo-Modellen validiert “, sagt Dubrovska. „Das war aber wichtig, damit ich eigene Studien durchführen konnte.“ Deshalb nahm sie die Gelegenheit wahr, viereinhalb Jahre in San Diego zu forschen, bevor sie dem Ruf nach Dresden folgte.

Sehnsucht nach Europa

„Ich hatte Sehnsucht nach Europa – und Deutschland ist in der europäischen Wissenschaft führend“, begründet die Ukrainerin. Die Arbeitsgruppe „Biomarker für die individualisierte Radioonkologie“ am OncoRay-Forschungszentrum ist für die 38-jährige Juniorprofessorin ein wahr gewordener Traum. Das ukrainisch-rumänisch-deutsche Team, das im Arbeitsalltag englisch spricht, besteht aus weiteren fünf Wissenschaftlern, darunter Dubrovskas Ehemann Vasyl Lukyanchuk. „Er ist ein erfahrener Molekularbiologe, und deshalb sehr wichtig für unsere Arbeit“, sagt Dubrovska.

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Innerhalb der kommenden fünf Jahre wollen sie und ihr Team mit Hilfe der BMBF-Förderung spezifische Biomarker für Tumorstammzellen identifizieren, und chemische Moleküle finden, welche die Krebsstammzellpopulation in Tumoren zerstören. Aus Stammzellmodellen weiß sie, dass der Tumor immer neu auswachsen oder metastasieren kann, solange die Stammzellpopulation nicht zerstört ist. „Außerdem haben wir immer mehr Hinweise darauf, dass sich mit Hilfe dieser Biomarker auch strahlungsresistente Zellpopulationen identifizieren lassen“, sagt Dubrovska. „Damit könnte mit Hilfe von Biomarkern auch eine Prognose zur Effektivität von Strahlentherapien getroffen werden. “

Ein Schritt zu individuelleren Behandlungsmethoden, den sie binnen fünf Jahren in die Vorklinik bringen will. In diesen Zeitraum fällt außerdem ein Laborumzug: 2014 soll an der Elbe das neue Forschungsgebäude für die 2005 etablierte interdisziplinäre OncoRay-Plattform stehen. Begeistert zählt die Wissenschaftlerin auf, mit welcher Ausrüstung sie dann zusätzlich arbeiten kann, darunter Ausrüstung für Hochdurchsatzverfahren und die Darstellung von Zellen. Am wichtigsten aber ist ihr der zusätzliche Platz. „Wir haben im Moment sehr viel Aufwand damit, eine bequeme Arbeitsatmosphäre herzustellen“, sagt sie. Das Arbeitsklima im Labor ist ihr wichtig. „Meine Kollegen sind wie meine Familie.“

Wenn man die Forscherin nicht im Labor sucht, findet man sie oft in den Dresdner Kunstgalerien. Nach ihrer Wahlheimat gefragt, gerät Dubrovska ins Schwärmen. „Das ist eine wirklich erstaunliche Stadt“, sagt sie. „Ich bin so beeindruckt von dem kulturellen und architektonischen Erbe, dass ich angefangen habe, mich näher mit der Geschichte von Dresden zu beschäftigen. Ein bisschen fühle ich mich, als ob ich jetzt auch ein Teil dieser Geschichte werde.“

Autorin: Cornelia Kästner

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