Wochenrückblick KW 20

21.05.2012

Vorzeitiger Erfolg für Mologen-Studie

Die Berliner Mologen AG hat in einer Phase II-Studie mit einem Krebsmedikament alle Studienziele erreicht und kann die Erprobung des Mittels früher als geplant beenden.

Am 14. Mai gab das Unternehmen das Ergebnis einer ersten Zwischenauswertung bekannt. Dabei zeigt sich bei der untersuchten Arznei MGN1703 eine Verdopplung des medianen progressionsfreien Überlebens in einer vordefinierten Zielpopulation. Als progressionsfreies Überleben beschreibt man den Zeitraum, in dem eine Krebserkrankung nicht weiter voranschreitet. Damit sei nach Aussage von Mologen der primäre Studienendpunkt erreicht worden. Die Überlebensrate ohne weitere Entwicklung der Krankheit nach sechs Monaten zeigt ebenso wie das Risiko der Tumorprogression (Hazard-Ratio) im Vergleich zwischen Placebo-und Verumgruppe deutliche Unterschiede.

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Die Substanz, ein so genannter DNA-Immunmodulator, soll das Immunsystem gegen sogenannte tumorassoziierte Antigene (TAA) in Stellung bringen, die nach Chemo- und Strahlentherapie durch Krebszellen freigesetzt werden. Offenbar mit Erfolg: „Durch die hohe Belastbarkeit der Daten, die vor allem durch das Placebo-kontrollierte Studiendesign gegeben ist, gehen die Ergebnisse weit über einen Proof-of-Concept hinaus, wie er normalerweise in Phase II-Studien gezeigt werden kann“, sagte Matthias Schroff, Vorstandsvorsitzender und Forschungsvorstand der Mologen AG. Sein Fazit:  Die Daten „bestätigen das enorme Potential von immuntherapeutischen Konzepten bei der Krebsbehandlung.“ In Berlin wird daher schon an einem neuen Anwendungsgebiet für MGN1703 gearbeitet. Eine weitere klinische Phase II-Studie, diesmal zur Therapie von Lungenkrebs, ist beantragt und soll unmittelbar nach Genehmigung beginnen. Die Rekrutierung weiterer Studienteilnehmer hat die Mologen AG inzwischen  eingestellt. Sie will nur die bisher 58 Teilnehmer gemäß Prüfplan weiterbehandeln. Auf Grundlage der neuen Daten wird der Berliner Immunspezialist mit den Arzneimittelbehörden in den USA und Europa die weiteren Schritte auf dem Weg zu einer Zulassung abstimmen.

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Wie Tumorzellen mobil machen

Einen Bewegungsmechanismus von Tumorzellen haben Forscher der Universität Bonn entschlüsselt.

Genetik-Professor Klemens Rottner in seinem Labor.Lightbox-Link
Genetik-Professor Klemens Rottner in seinem Labor.Quelle: Helmut Rüb/Uni Bonn
Wie sie im Fachmagazin Current Biology (2012, Online-Vorabpublikation) beschreiben, bewegen sich die Tumorzellen des schwarzen Hautkrebses mit Hilfe von Fortsätzen, sogenannten Lamellopodien, fort. Die in ihnen enthaltenen Myosin- und Aktinfasern verursachen die Zellbewegung, indem das Myosin den Widerstand herstellt und die Aktinfilamente durch ihr Wachstum für die eigentliche Bewegung sorgen. Wie verschiedene Regulatoren diese unterschiedlichen Phasen des Aktinfilamentwachstums molekular steuern, untersuchten die Bonner Wissenschaftler mit Hilfe einer speziellen Form der Fluoreszenzmikroskopie. Beim Wachstum von Aktinfilamenten fügen sich einzelne Proteinbausteine zu einer langen Kette zusammen. Dieser Prozess ist strikt reguliert und kann inzwischen beobachtet werden. Den Startschuss dazu gibt die sogenannte Nukleation, die nachfolgende Verlängerung wird als Elongation bezeichnet. „In unseren Experimenten konnten wir erstmals dabei zusehen, wie Nukleation und Elongation von Aktinfilamenten molekular gekoppelt sind“, erläutert der Erstautor der Studie, Klemens Rottner vom Institut für Genetik der Universität Bonn. „Daraus konnten wir zurück schließen, was passieren würde, wenn wir diese Faktoren bei der Zellbewegung inaktivieren würden.“

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Für die Wissenschaftler überraschend, spielen dabei die Formine eine tragende Rolle. Diese Proteingruppe ist bisher bekannt als Regulatoren des Wachstums der Aktinfasern, wurde aber weniger mit Zellbewegung in Verbindung gebracht. Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass die Ausbildung der Fortsätze, mit denen sich die Zellen fortbewegen, hauptsächlich durch den sogenannten Arp2/3-Proteinkomplex gesteuert wird. „Wir konnten nun aber zeigen, dass auch Formine eine wichtige Rolle in Lamellipodien spielen können, und mit diesem Komplex kooperieren, indem sie die Verlängerung der von ihm erzeugten Aktinfilamente deutlich steigern“, berichtet Rottner. Bei den Untersuchungen handelt es sich um Grundlagenforschung mit medizinischer Relevanz. „Wenn wir einmal in der Lage sind, die Zellwanderung auf molekularer Ebene vollständig zu verstehen, können wir vielleicht auch die Mobilität von Tumorzellen hemmen und damit die Ausbildung von Metastasen verhindern“, hofft der Genetiker Rottner.

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Humboldt-Professuren für zwei Biowissenschaftler

Bundes-Forschungsministerin Annette Schavan und der Präsident der Humboldt-Stiftung Helmut Schwarz haben sechs international renommierte Spitzenwissenschaftler mit einer Alexander von Humboldt-Professur ausgezeichnet.

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Die feierliche Verleihung fand am 15. Mai in Berlin statt. Die Auszeichnung ist mit jeweils bis zu fünf Millionen Euro der höchstdotierte internationale Forschungspreis der Bundesrepublik und soll weltweit anerkannte Forscher langfristig an Deutschland binden. "Die Alexander von Humboldt-Professur holt Weltstars der Forschung nach Deutschland und etabliert sich zunehmend als wirkungsvolle Ergänzung der Exzellenzinitiative", sagte Schwarz. Unter den Preisträgern befinden sich auch zwei Wissenschaftler aus dem Bereich Life Sciences – der Biophysiker Jochen Guck und der Stoffwechselexperte Matthias Tschöp.

  • Jochen Guck forscht am Biotechnologischen Zentrum der TU Dresden an neuen biophysikalischen Ansätzen für die Stammzellforschung, Blutzelldiagnose und Regeneration von Nervenzellen. Der aus dem Cavendish Laboratory in Cambridge abgeworbene Wissenschaftler genießt den Ruf, einer der besten und innovativsten Forscher auf dem Gebiet der Biophysik zu sein.
  • Matthias Tschöp leitet am Helmholtz Zentrum München das Institut für Diabetes und Adipositas und übernimmt den Lehrstuhl für Diabetesforschung und Insulinresistenz der Technischen Universität München. Primäre Ziele Tschöps sind das Verständnis der Entstehungsmechanismen von Diabetes mellitus und die Ableitung neuer Angriffspunkte für Diagnose, Therapie und Prävention.

Zwei der begehrten Humboldt-Professuren gingen in diesem Jahr an Naturwissenschaftler.Lightbox-Link
Zwei der begehrten Humboldt-Professuren gingen in diesem Jahr an Naturwissenschaftler.Quelle: Humboldt-Stiftung/David Ausserhofer
Weitere Preisträger sind Rolf Harald Baayen (Linguistik), Hans-Arno Jacobsen (Informatik), Robert Schober (Nachrichtentechnik) und Michael Weiss (Mathematik).

Die Humboldt-Stiftung zeichnet jährlich bis zu zehn weltweit führende und im Ausland tätige Forscherinnen und Forscher aller Disziplinen mit der Alexander von Humboldt-Professur aus. Entscheidend für eine Nominierung sind neben der herausragenden wissenschaftlichen Qualifikation der Kandidaten die Konzepte der Hochschulen, die den Forschern und ihren Teams eine dauerhafte Perspektive in Deutschland bieten sollen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt das Preisgeld von 3,5 Millionen Euro für theoretisch und 5 Millionen Euro für experimentell arbeitende Wissenschaftler zur Verfügung.

Mehr Informationen zu den Preisträgern finden Sie auf den Webseiten der Humboldt-Stiftung: hier klicken

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Auch Gliazellen kommunizieren

Gliazellen, auch bekannt als Kitt des Nervensystems, setzen ebenfalls Botenstoffe frei.

Eine Gliazelle (braun) kommuniziert mit einem Neuron der Netzhaut (grau) der Netzhaut. Der Botenstoff Glutamat ist rot dargestellt.Lightbox-Link
Eine Gliazelle (braun) kommuniziert mit einem Neuron der Netzhaut (grau) der Netzhaut. Der Botenstoff Glutamat ist rot dargestellt.Quelle: Universität Leipzig
Das hat eine Nachwuchswissenschaftlerin am Leipziger Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung herausgefunden. Wie sie zusammen mit einem internationalen Team im Fachmagazin Neuron (2012, Online-Vorabpublikation) berichtet, setzen die Gliazellen vesikulär den Botenstoff Glutamat frei und regulieren so unter anderem das Volumen der Netzhaut. Im Nervensystem, das hauptsächlich aus Neuronen und Gliazellen besteht, war die Übertragung von Signalen bisher nur bei den Neuronen, den Nervenzellen, bekannt. Von ihren Synapsen aus übertragen sie die Signale mit Hilfe von Botenstoffen, die in Form von kleinen Bläschen, sogenannten Vesikeln, umher schwimmen. Bestimmte Signale bewirken, dass die Vesikeln an einer Zellwand aufplatzen und der Botenstoff freigesetzt wird.  Im Gegensatz zu den in der Signalübertragung relevanten Neuronen galten Gliazellen bisher stets als das „Bindegewebe“ des Nervensystems.

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Mit den neuesten Forschungen beweist das deutsch-französische Team eine lange umstrittene Hypothese: Auch Gliazellen sind an der Signalübertragung beteiligt. Der Nachweis wurde mit Hilfe des Nervengiftes Botox geführt und einem neu entwickelten Verfahren, Gliazellen zu isolieren und zu beobachten. „Von der Größe her arbeitet man dabei absolut an der Nachweisgrenze“, sagt die Hirnforscherin Antje Grosche, die das Verfahren entwickelt hat. Sie konnte dabei jedoch feststellen, dass normale Gliazellen Glutamat in Vesikeln freisetzen, mit Botox gelähmte jedoch nicht. Dieser Funktionsverlust wiederum beeinträchtigt nicht nur die Interaktion zwischen Gliazellen und Neuronen, sondern auch den Flüssigkeitstransport in der Netzhaut. Auf der Basis dieser Erkenntnisse wollen die Forscher weitere Experimente durchführen, um den Einfluss einer gestörten Glutamatfreisetzung aus Gliazellen auf die Entstehung von Netzhaut-Ödemen festzustellen. Sie treten vor allem als Komplikation von Netzhauterkrankungen auf und führen zum Erblinden.

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Scil Proteins und japanische Ono kooperieren

Die in Halle ansässige Scil Proteins GmbH hat eine Forschungskooperation mit Ono Pharmaceutical aus Osaka begonnen.

Wie Scil Proteins in einer Pressemitteilung am 15. Mai bekannt gab, will man mit dem japanischen Partner gemeinsam neue Antikörper-ähnliche Stoffe, so genannte Affiline finden und entwickeln, um unterschiedliche Krankheiten zu bekämpfen. Dabei sind die Kompetenzen klar verteilt: Das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt hat sich auf die Entwicklung von rekombinanten Proteinen spezialisiert und wird seine Affilin-Bibliothek nach Molekülen durchsuchen, die verschiedene, vom japanischen Konzern vorgegebene Zielmoleküle binden.

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Ono übernimmt dafür die Forschungskosten und überweist zusätzliche Lizenzgebühren sowie erfolgsabhängige Prämien. „Diese Zusammenarbeit mit Ono ist ein wichtiger kommerzieller Meilenstein für Scil Proteins“, sagte Henning Afflerbach, Chief Business Officer von Scil Proteins. Sie zeige, dass sich Scils Angebot am Markt durchsetze: die Nutzung der hauseigenen Affilin-Moleküle verbunden mit einer GMP-konformen Fertigung der Substanz ebenfalls durch Scil. Die Auslastung seiner Produktionsanlage konnte das Hallenser Unternehmen zuletzt erhöhen. Seit Januar 2012 übernimmt es für das Pharma-Unternehmen Actavis die Herstellung des Thrombolytikums Reteplase. Das Nordamerikageschäft mit der Auftragsfertigung wird seit März gezielt ausgebaut. Anfang 2011 beschaffte sich das Unternehmen 24 Millionen Euro frisches Kapital von seinem Mehrheitsgesellschafter BioNet Holding GmbH, um seine Wachstumspläne zu finanzieren.

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Tumor-Netzwerk mit Google-Formel erforscht

Der Algorithmus der Internetsuchmaschine Google eignet sich auch zur Identifikation von Krebsbiomarkern.

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Das haben Forscher des Biotechnologischen Zentrums der Universität Dresden (BIOTEC) zusammen mit einer Arbeitsgruppe des Dresdner Universitätsklinikums herausgefunden. Im Fachjournal PLoS Computational Biology (2012, Online-Vorabveröffentlichung) beschreiben sie, wie sie mit Hilfe eines modifizierten PageRank Algorithmus mehr als 20 000 Proteine auf ihren Einfluss auf das Voranschreiten von Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht haben. Die Dresdner Forscher machten sich dabei das Erfolgsgeheimnis von Google und Facebook zunutze. Beide gehen davon aus, dass eine gute Website nicht nur den eingegebenen Suchkriterien entspricht, sondern auch möglichst häufig von anderen Webseiten vernetzt wird. PageRank berücksichtigt also die entsprechenden Hyperlinks auf anderen Webseiten. Auch in Krebsgeschwüren ist Kommunikation alles: Proteine gehen oft Partnerschaften ein, um gemeinsam Probleme zu lösen.

Gewebe einen Bauchspeicheldrüsen-Karzinoms. Braun gefärbt zeigen sich die Biomarker-Proteine, Zeichen für einen aggressiven Krebs.Lightbox-Link
Gewebe einen Bauchspeicheldrüsen-Karzinoms. Braun gefärbt zeigen sich die Biomarker-Proteine, Zeichen für einen aggressiven Krebs.Quelle: UKD, Vera Heinrich
Die Dresdner Wissenschaftler untersuchten nach dem gleichen Prinzip die Proteine in bei Operationen entferntem Tumorgewebe und erstellten so ein Social Network der Tumorproteine:  Eiweiße, die mit vielen anderen Proteinen vernetzt waren, waren offenbar wichtiger für das Fortbestehen des Tumors als die mit weniger Kontakten. Entdeckt wurden dabei sieben besonders vernetzte Kandidaten, die jetzt als mögliche Krebsbiomarker gehandelt werden. Biomarker helfen, eine Krankheit früh zu erkennen, und können für den behandelnden Arzt in Zukunft ein Indikator für Sinn oder Unsinn einer Chemotherapie sein, wie Robert Grützmann, Oberarzt und Wissenschaftler in der Dresdner Universitätsklinik, erklärt: „Es wäre ein sehr wichtiger Schritt, aggressive Therapien wie eine Chemotherapie nur bei den Patienten einzusetzen, die mit großer Wahrscheinlichkeit davon profitieren werden. Dabei könnten solche prädiktiven Tests helfen.“ Eines der jetzt entdeckten Netzwerk-Proteine deckt sich mit den Funden bei einer Studie im US-amerikanischen Baltimore. Dort wurden sechs Proteine identifiziert, mit deren Hilfe sich die Agressivität von Bauchspeicheldrüsenkrebs bewerten lässt.

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