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Zellmembran: Neue Kommunikationsroute im Lipid-Meer

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Modell eines Proteins, das die Zellmembran durchkreuzt (blau). Das Protein verfügt über eine spezifische Sequenz (rot), die mit dem Lipid (gelb und grün) wechselwirkt. Quelle: Erik Lindahl, Königliches Institut für Technologie der Universität Stockholm

12.01.2012  - 

Unzählige verschiedene Protein- und Lipid-Moleküle sorgen in der Zellmembran dafür, dass die Zelle reibungslos mit der Außenwelt kommunizieren kann. Wissenschaftler des Biochemie-Zentrums der Universität Heidelberg (BZH) haben nun entdeckt, dass es im wasserabstoßenden Teil der Membran hochspezifische Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Lipiden gibt: Ein bestimmter Lipidbaustein kann offenbar wie eine Art Schalter den Transport von Membranproteinen an- und abschalten. Die Heidelberger Biochemiker berichten in der Fachzeitschrift Nature  (2012, Online-Veröffentlichung) über ihre Entdeckung.

Wie Moleküle im wässrigen Milieu von Zellen miteinander kommunizieren, ist zu einem großen Teil bekannt. Anders sieht das jedoch aus, wenn um die fast wasserfreien Bereiche innerhalb biologischer Membranen geht. Diese Membranen bestehen aus Molekülen mit langen, wasserabweisenden Kohlenstoffketten, den Lipiden. Nebeneinander aufgereiht bilden sie eine sogenannte Doppellipidschicht, ein „öliges Meer“. Membranen sind zudem äußerst dynamisch. Sie grenzen nicht nur die Zelle von ihrer Umgebung ab, sondern schaffen auch innerhalb eine Zelle verschiedene funktionale Bereiche. Bei vielen Signalprozessen kommt es vor, dass sich Teile der Membranen als winzige Bläschen, sogenannten Vesikeln, ablösen. Dem Heidelberger Team um die Gruppenleiter Britta Brügger und Felix Wieland fiel bei Versuchen auf, dass sich die Lipidzusammensetzung der Vesikelmembran von der der Zellmembran unterscheidet.

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Zunächst mussten jedoch neue Methoden entwickelt werden. Bisher war es nämlich nicht möglich, die Anzahl und Art der verschiedenen Lipidbausteine von Membranen und auch Membranvesikeln genau zu bestimmen. „Der Unterschied in der Lipidzusammensetzung lässt sich erklären, wenn man annimmt, dass in der Membran eine hochspezifische Erkennung zwischen den Bausteinen möglich ist“, so Britta Brügger. So lässt sich regulieren, welche Lipidbausteine in der Membran der Vesikel beziehungsweise in der Zellmembran vorkommen. Im Nachhinein bezeichnen die Forscher das als Initialzündung ihrer Anstrengungen, nach Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Lipiden in der Membran zu suchen.

Sphingolipide als molekulare Schalter

Schon bald war die Suche erfolgreich. Die Forscher identifizierten einen bestimmten Lipidbaustein, ein sogenanntes Sphingolipid. Sie fanden heraus, dass dieses Molekül eine bestimmte Aminosäure-Sequenz von Membranproteinen erkennen kann. Diese Aminosäuren gehören zu dem Teil des Proteins, das die Membran von einer zur anderen Seite durchspannt. Nachdem Sphingolipid und Protein miteinander verbunden sind, lagert sich ein zweites Protein an. Dieses „Doppelprotein“ hilft dann bei der Bildung eines Membranvesikels. „Der Lipidbaustein übernimmt somit die Rolle eines ‚Kofaktors’ und reguliert damit einen zellulären Prozess“, erläutert Felix Wieland. Von Sphingolipiden ist bekannt, dass sie nicht nur strukturgebender Bestandteil von Membranen sind. Sie können außerdem mit Zielen innerhalb der Zelle kommunizieren und verschiedene physiologische Prozesse anschieben. Die Zellbiologen glauben, dass das die Aufgabe der Sphingolipide nur unzureichend beschreibt. Ihren Erkenntnissen zufolge wirken sie in der Zellmembran noch zusätzlich wie molekulare Schalter: Bindet ein Sphingolipid nur ein Transmembranprotein, dann bleibt dieses inaktiv. Verbindet sich es jedoch mit zwei dieser Membranproteine, werden diese aktiviert und beginnen mit der Bildung von Vesikeln.

Ein universaler Mechanismus

Zusammen mit schwedischen Bioinformatikern der Universität Stockholm analysierten die Heidelberger Wissenschaftler daraufhin verschiedene Proteindatenbanken. Das Ergebnis: Die experimentell ermittelte Erkennungssequenz findet sich in etwa 50 Proteinen von Säugetieren wieder. Der Mechanismus der Sphingolipidbindung scheint somit weit verbreitet zu sein. Felix Wieland glaubt, dass sich mit dieser Entdeckung in den nächsten Jahren ein neues Forschungsfeld auftut: „Jetzt steht die Tür zur Erforschung eines neuartigen molekularen Mechanismus der Kontrolle zellulärer Aktivitäten offen.“ Bei mehr als 10.000 verschiedenen Membranproteinen und 1.000 Lipidbausteinen werden in Zukunft bestimmt noch weitere Kommunikationsrouten zwischen den beiden Membranbestandteilen gefunden werden.

© biotechnologie.de/ml

 

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