Personalisierte Medizin drängt auf den Markt

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Mehr als zwanzig neue Medikamente werden voraussichtlich 2012 in der EU zugelassen. Darunter sind auch Präparate, bei denen ein vorgelagerter Gentest nötig ist. Quelle: Grace Winter/pixelio.de

05.01.2012  - 

2012 befinden sich in Europa mehr als 60 Medikamente in Zulassungsverfahren, ein knappes Viertel davon wird biotechnologisch hergestellt. Das hat die traditionelle Inventur in den Medikamenten-Pipelines der Pharmabranche ergeben, die der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (VFA) vorgenommen hat. Der VFA geht davon aus, dass etwa zwanzig der Präparate auch tatsächlich in diesem Jahr grünes Licht von der Europäischen Kommission für die Vermarktung erhalten werden. Rund ein Viertel der Präparate wurde zur Behandlung von Krebserkrankungen entwickelt. Spürbar angewachsen ist auch die Zahl der „personalisierten“ Medikamente, die nur in Verbindung mit einem Gentest angeboten werden sollen.

Nach wie vor wird der größte Anteil neuer Pharma-Wirkstoffe durch chemische Synthese hergestellt oder es handelt sich um natürlich vorkommende, niedermolekulare Substanzen. Doch ein Blick in die am 2. Januar veröffentlichte Liste des VFA zu den Medikamenten-Innovationen 2012 zeigt, dass auch die biotechnologisch hergestellten Wirkstoffe eine immer wichtigere Säule für die Pharmaproduktion darstellen. Therapeutische Eiweiße und Biopharmazeutika machen knapp ein Viertel aller 67 Präparate aus, die sich nach der Erhebung des VFA derzeit im Zulassungsverfahren befinden.

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EMA ist das Nadelöhr für die Zulassung

In der EU ist die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Sitz in London die entscheidende Anlaufstelle für die Zulassung eines neuen Medikamentes. Hat sich ein Wirkstoff in klinischen Studien bewährt, so stellt der Hersteller bei der EMA einen Antrag, das Präparat in Europa vermarkten zu dürfen. Ein Expertengremium, der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP), gibt schließlich eine Empfehlung (opinion) ab, ob das Präparat zugelassen werden sollte oder nicht. Dieser Empfehlung folgt die Europäische Kommission in der Regel drei Monate später. Allerdings kann es auch nach einer gewährten Zulassung noch einige Monate dauern, bis die Hersteller ihr Präparat auch tatsächlich auf den Markt bringen. Im Schnitt zieht sich das Zulassungsprozedere etwa 16 Monate hin.

Krebs und Infektionskrankheiten im Visier

Rund ein Viertel der Präparate, die sich derzeit in der Zulassung befinden, sollen die Behandlung von Patienten verbessern, die an Krebs leiden - konkret an Lungen- Schilddrüsen-, Knochen-, Haut- oder Nierenkrebs, an verschiedenen Leukämien und Lymphomen.

VFA

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen VFA ist die Interessenvertretung von 43 Arzneimittelherstellern. Der Verband repräsentiert nach eigenen Angaben zwei Drittel des gesamten deutschen Arzneimittelmarktes.

Mehr zur VFA-Prognose Medikamenteninnovationen 2012: hier klicken

Drei neue Antibiotika sollen Bakterien bekämpfen, die gegen ältere Mittel resistent oder von jeher schwer zu therapieren sind. Gegen HIV dürfte unter anderem ein Medikament herauskommen, das alle für eine wirksame Therapie nötigen Wirkstoffe in sich vereinigt. In der Zulassung befinden sich auch Impfstoffe, die einer Hirnhautentzündung durch Meningokokken schützen sollen.

Seltene Erkrankungen und individualisierte Therapien
An den Wirkstoffen in der Zulassung lassen sich noch weitere Trends der Pharmabranche ablesen. So richtet sich etwa ein Drittel der kommenden Medikamente gegen seltene Erkrankungen wie Mukoviszidose oder Sehnerv-Erkrankungen und Infektionen bei Frühchen. "Hier zeigt sich die Entschlossenheit der Pharmaunternehmen, auch für solche Krankheiten therapeutische Lösungen zu entwickeln, die nicht mit einem großen Absatzmarkt verbunden sind", so VFA-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Immer häufiger setzen die Pharmahersteller auch auf den Trend hin zur individualisierten Medizin. Hierbei wird ausgehend von dem Genprofil eines Patienten ermittelt, ob eine zielgerichtete Therapie überhaupt wirken kann oder nicht. Dazu entwickeln immer mehr Pharmaunternehmen neben dem Wirkstoff auch den passenden diagnostischen Test und bringen diese beiden Komponenten zusammen auf den Markt. Fünf Präparate, für die derzeit das EU-Zulassungsverfahren läuft, fallen in diese Kategorie der „personalisierten“ Medikamente. Dazu zählt etwa der Wirkstoff Vemurafenib, der gegen metastasierende Hautkrebs eingesetzt werden soll. Mit einem auf dem PCR-Verfahren basierenden Test lässt sich überprüfen, ob ein Patient für eine Behandlung in Frage kommt. Im Dezember 2011 erhielt das Präparat eine positive Beurteilung durch die CHMP, mit der Zulassung rechnet der Schweizer Pharmakonzern Roche im Februar dieses Jahres.

© biotechnologie.de/pg

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