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Hans Drexler: Der Zellensammler in Jogging-Schuhen

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Hans Drexler ist Bereichsleiter für Zellkulturen an der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig und leidenschaftlicher Marathonläufer. Quelle: privat

13.12.2011  - 

In dieser Bank lagern weder Geld noch Wertpapiere: Die Wissenschaftler an der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig wachen über Bakterien, Viren und Zellen. Hans Drexler ist an der DSMZ Bereichsleiter für tierische und menschliche Zellkulturen und sammelt seit über 20 Jahren Zelllinien, die das Institut an Forscher in der ganzen Welt versendet. Anders als in den meisten Biobanken wird in Braunschweig allerdings auch geforscht. Drexlers Spezialgebiet sind Blutkrebszellen. Dass die Heilungschancen bei leukämiekranken Kindern in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen sind, ist auch seinem Team zu verdanken. Drexler geht nicht zur Arbeit, er läuft. Jeden Tag joggt der 58-Jährige ins Labor, als Training für die zahlreichen Marathons, die er bestreitet. 

Seit den Anfängen der Braunschweiger Bio-Bank ist Drexler Teil des Teams und immer noch begeistert von seinem Arbeitsplatz: „Als ich hier ankam, gab es weder Stuhl, noch Bleistift, noch Telefon. Es war toll, die Entwicklung mitzugestalten. Manchmal mussten wir ziemlich rudern, damit alles läuft.“ Heute arbeiten über 140 Mitarbeiter in der DSMZ, die mittlerweile zu den vier wichtigsten internationalen Sammelbanken gehört.

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Die Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH ist weltweit eines der größten Zentren für biologische Ressourcen.

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Rund eine Stunde am Tag widmet der Forscher der Züchtung und Beobachtung von Zelllinien, die er anschließend in Flüssigstickstoff lagert. Die Herstellung von Zelllinien ist heikel: Schon ein einziger Tropfen einer schnell wachsenden Linie in einem Gefäß mit einer langsam wachsenden, kann die richtigen Zellen überwuchern und unbrauchbar machen. Zellen sind lebende Strukturen, um die man sich kümmern muss wie um ein Haustier. Damit sie nicht absterben, joggt Drexler auch am Wochenende die vier Kilometer ins Labor der DSMZ, um seine Zellen zu „füttern“.

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Drexlers Steckenpferd: Einzelzellanalyse von leukämischen Zellen in der Metaphase mit der FISH-Technik (Fluoreszenz in Situ Hybridisierung).Quelle: DSMZ

Die „Powerschnecke“ in der Laufszene

Außerdem bleibt er so im Training für seine Leidenschaft: das Marathon-Laufen. 420-mal ist er bereits ins Ziel gekommen. Über jeden Marathon schreibt Drexler auf dem Blog www.marathonsammler.de unter dem Pseudonym „Powerschnecke“. „Ich bin langsam, aber ich komme ins Ziel“, erklärt Drexler seinen selbstironischen Spitznamen, unter dem er in der Laufszene bekannt ist. Regelmäßig nimmt er auch an sogenannten „Ultras“ teil,  bei denen er zum Beispiel vom schwäbischen Horb bis nach Berlin läuft, 800 km in 13 Tagen. Dabei ist Hans Drexler ein Späteinsteiger: Erst der erschlankte Joschka Fischer, der 1998 seinen ersten New York-Marathon lief, habe ihn inspiriert. Ihm geht es nicht darum, Rekorde aufzustellen, sondern um das wohlige Gefühl, den inneren Schweinehund überwunden zu haben.

Neben der Arbeit in der Sammlung lehrt Drexler als Professor für Zell- und Molekularbiologie an der Technischen Universität Braunschweig. Er bezeichnet sich selbst als „experimenteller Hämatologe“.In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, wie Zellen in einer Zellkultur wachsen.Quelle: biotechnologie.tv

Krankenpfleger in Ulm, Forscher in Chicago

Dass der geborene Ulmer heute ausgerechnet in der Hämatologie arbeitet, hätte er sich als Jugendlicher nicht träumen lassen. „Früher konnte ich kein Blut sehen“, erzählt der Mediziner und lacht. Nach dem Abitur 1972 ging Drexler als Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst ins Krankenhaus und entdeckte die Medizin für sich. Die dreijährige Wartezeit auf einen Studienplatz an der Universität Ulm überbrückte er als Krankenpflegehelfer.

Sechs Jahre später, den Doktortitel und ein Stipendium der Deutschen Forschungsgesellschaft in der Tasche, geht Drexler nach Chicago. Dort vertieft er bei dem japanischen Forscher Jun Minowada sein Fachgebiet Leukämie: „Das war damals eine ganz große Sache für mich“, schwärmt der Wissenschaftler. „Als ich in Chicago ankam, schien mir alles wie in der Fernsehserie Magnum. Die vierspurigen Highways, das Gefühl der Freiheit, die großen Autos - einfach unglaublich“. Die Wolkenkratzer von Chicago lässt Drexler 1985 hinter sich und geht zum Forschen nach London. Vier Jahre später lockt ihn die Stelle am DSMZ schließlich wieder in deutsche Gefilde.

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„In den USA herrscht eine gewisse Aufbruchstimmung, die vermisse ich manchmal in Deutschland“, sagt der Forscher heute. „Hier ist alles sehr reglementiert, vieles geht langsamer voran. Die Deutschen haben die Tendenz, alles 150-prozentig zu machen, was aber gar nicht nötig ist. In den USA arbeitet man auch präzise, aber effizienter.“ Andererseits gefällt es ihm auch, dass in Deutschland alles geregelt ist: „Es funktioniert.“ Wenn ihn das Fernweh packt, reist der polyglotte Wissenschaftler gerne nach Italien, wo er neben der Landschaft und den Bergläufen auch die warmherzige Art der Menschen schätzt.

Zellensammeln statt „Action-Medizin“

Eine Sportlerkarriere oder ein Geschichtsstudium wären für Drexler Alternativen zu seinem naturwissenschaftlichen Werdegang gewesen, wobei er sich „Was-wäre-wenn“-Fragen fast nie stellt. Nur die „Action-Medizin“, wie er die Unfallchirurgie bezeichnet, reize ihn immer noch, auch wenn ihm das ruhigere Zellensammeln eigentlich ganz gut gefällt.

Sein japanischer Mentor Minowada habe ihn geprägt mit dem Satz: „Das Leben ist wie ein Experiment ohne Kontrolle.“ Deshalb bereut Drexler auch nicht, als Mediziner nie selbst praktiziert zu haben: „Das hat sich damals so ergeben, mit der akademischen Karriere. Ich musste mich an einer Weggabelung entscheiden, das habe ich hinterher nie in Frage gestellt.“

© biotechnologie.de/fh
 

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