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Tilo Biedermann: Geht unter die Haut

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Tilo Biedermann ist Leiter der Forschungsgruppe Allergie und Immunologie an der Universitäts-Hautklinik in Tübingen. Quelle: Ulrich Metz/Tilo Biedermann

29.11.2011  - 

Seit 2003 leitet der Arzt Tilo Biedermann die Forschungsgruppe Allergie und Immunologie an der Universitäts-Hautklinik in Tübingen. Der Mediziner untersucht unter anderem die Funktion einer bestimmten Klasse von Immunzellen, den Mastzellen. Indem die Aktivität dieser Zellen selektiv erhöht oder verringert wird, könnten sich eines Tages einige Krebsformen bekämpfen oder die Symptome von Allergien lindern lassen.

„Mastzellen sind auf allen unseren Oberflächenorganen dicht gesät“, sagt Tilo Biedermann, der Leiter der Forschungsgruppe Allergie und Immunologie an der Universitäts-Hautklinik in Tübingen. Diese zum Beispiel in der Haut vorkommenden Abwehrzellen sind so etwas wie die Feuermelder des Immunsystems. Erkennen ihre auf der Zelloberfläche liegenden Antikörper einen Fremdstoff, so geben sie sofort ein Alarmsignal an die Umgebung ab und setzen Botenstoffe frei, beispielsweise das Histamin. Dessen Aufgabe: Freie Bahn schaffen für die anderen Abwehrzellen. Dafür werden die Blutgefäße weitgestellt, so dass viele Abwehrzellen langsamer am Ort der Aktivierung vorbeifließen.

Unter dem Mikroskop werden Gewebeschnitte untersucht.Lightbox-Link
Unter dem Mikroskop werden Gewebeschnitte untersucht.Quelle: Ulrich Metz/Tilo Biedermann

Außerdem wird die Durchlässigkeit der Gefäßwände erhöht, so dass die Immunzellen leichter in das umgebende Gewebe eindringen können. Zudem wirken Botenstoffe aus Mastzellen als Lockstoffe für einige Typen von Abwehrzellen, um sie an die Entzündungsstelle heranzuführen. Die Mastzellen und und ihre Botenstoffe sind also dafür zuständig, den Körper gegen Fremdstoffe abwehrbereit zu machen. Manchmal gerät das System aber aus dem Gleichgewicht, dann erkennen die Mastzellen in eigentlich ungefährlichen Substanzen wie Blütenpollen oder Tierhaaren einen vermeintlichen Eindringling und werden aktiv. Die überschießende Immunantwort wird dann zur Allergie.

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Umprogrammierte Mastzellen sollen Immunantwort steuern

Neben dem Ablauf dieses Alarmmechanismus untersucht die Arbeitsgruppe von Biedermann aber noch eine andere Funktion dieses Zelltyps. „Es gibt viele Tumore, die Mastzellen um sich herum anlocken“, berichtet der Mediziner. „Für uns stellte sich daher die Frage, ob wir nicht Mastzellen wie ein Trojanisches Pferd gegen den Tumor in Stellung bringen können.“ Wieso der Krebs die Abwehrzellen anlockt, ist noch nicht restlos verstanden. Biedermann hat eine Erklärung: „Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese Zellen Faktoren produzieren, die dem Tumor helfen, seine Kommunikationswege im Widerstreit mit seiner Umgebung für sich günstig zu gestalten.“ Auf diesem Wege könnte das Gesc

Wertvolle Proben werden in flüssigem Stickstoff gelagert, um sie zu konservieren.Lightbox-Link
Wertvolle Proben werden in flüssigem Stickstoff gelagert, um sie zu konservieren.Quelle: Ulrich Metz/Tilo Biedermann
hwür mit Hilfe von Mastzellen beispielsweise für sich eine ausreichende Blutversorgung sicherstellen.

„Wir wollen nun herausfinden, wie wir Mastzellen so umprogrammieren können, dass sie sich gegen den Tumor richten“, sagt der 46-Jährige. Das könnte gelingen, indem die Zellen mit Hilfe von bestimmten Signalstoffen aus dem Ruhezustand geholt und aktiviert werden. Zusammen mit Gedächtnis-Immunzellen, sogenannten tumorspezifischen T-Zellen, würde der Tumor dann direkt angegriffen und abgestoßen werden können.

„Dieses Konzept wollen wir eines Tages in die Klinik bringen“, sagt Biedermann. Indem die Aktivität der Mastzellen gezielt gesteuert wird, sollen Krebserkrankungen besser bekämpft oder allergische Reaktionen unterdrückt werden. Bis es soweit ist, dürfte es aber noch einige Zeit dauern. Noch müssen grundlegende Fragen geklärt werden. Genau das macht für den Mediziner jedoch auch den Reiz aus: „Mein Ziel war es, sowohl Arzt als auch Forscher zu sein.“ Nur so könne er Fragen aus der Patientenversorgung in die Wissenschaft übernehmen und neue Forschungserkenntnisse unmittelbar zum Wohle des Patienten einsetzen. „Für mich ist es die Symbiose von beidem, die mich stärkt und die mir meinen Beruf so lebenswert macht.“

Hintergrund

Tilo Biedermann ist Leiter der Arbeitsgruppe Allergologie und Immunologie der Universitätshautklinik Tübingen.

zur Institutshomepage: hier klicken

zur Arbeitsgruppen-Homepage: hier klicken

Arzt und Forscher - Biedermann will beides sein

Der Dualismus Arzt/Forscher zieht sich wie ein roter Faden durch die unterschiedlichen Berufsstationen Biedermanns. Nach einer experimentellen Promotionsarbeit widmet er sich der klinischen Facharztausbildung in München, begleitet von erneut experimenteller immunologischer Grundlagenforschung. Mit einem Stipendium der deutschen Forschungsgemeinschaft verbringt er anschließend einige Jahre in einem Forschungsinstitut in Wien und habilitiert sich dort. 2003 zieht Biedermann zusammen mit seiner Familie nach Tübingen, zunächst als Leiter der Forschungsgruppe für Allergie und Immunologie. Das ist er auch heute noch, aber weitere Aufgaben sind hinzugekommen: Professor und Hochschullehrer, Leitender Oberarzt und Laborchef. Viele Aufgaben – nur mit viel Organisationsvermögen lässt sich alles miteinander vereinbaren. „Das ist eine Frage des Mikro- und Makromanagements“, sagt Biedermann. Einige Dinge erledigt der Arzt bis heute überwiegend selbst, zum Beispiel das Abfassen von Projektanträgen, mit denen neue Forschungsgelder eingeworben werden können. „Mir ist es außerdem wichtig, auch weiterhin selbst Patienten zu behandeln“, erklärt der Immunologie-Experte. Wieder wird deutlich, Biedermann will beides sein: Arzt und Forscher.

Die Arbeit verlangt volle Konzentration und viel Einsatz. Zeit, um den Kopf freizubekommen wird so selten – ist dann aber umso wertvoller: „Für mich ist die Familie sehr wichtig. Aus ihr schöpfe ich Entspannung, Kraft und Energie.“ Vor allem die gemeinsame Urlaubszeit ist immer wieder ein Höhepunkt. Jedes Jahr wird ein neuer Ort erkundet, immer gibt es etwas Neues zu sehen. Biedermanns Erklärung: „New Frontiers – das gilt beruflich wie privat.“

© biotechnologie.de/bk
 

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