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Schneckenklee: Genom-Kopie ermöglichte Pakt mit Mikroben

Pflanzenforscher haben das Genom des Schneckenklees entziffert und analysiert. Die Erbgutsequenz offenbart, wie sich die Symbiose der Gewächse zu stickstoffbindenden Bakterien entwickelte. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Pflanzenforscher haben das Genom des Schneckenklees entziffert und analysiert. Die Erbgutsequenz offenbart, wie sich die Symbiose der Gewächse zu stickstoffbindenden Bakterien entwickelte. Quelle: John Innes Centre

24.11.2011  - 

Der Schneckenklee ist ein Überlebenskünstler, der auch mit nährstoffarmen Böden gut zurecht kommt. Wie andere Hülsenfrüchtler ist er in der Lage, sich seinen Dünger selbst herbeizuschaffen. Hinter dieser außergewöhnlichen Fähigkeit steckt eine Symbiose: Die Pflanzen leben in einer festen Wohngemeinschaft mit Bakterien in der Wurzel zusammen. Diese Rhizobien fixieren Stickstoff aus der Luft und stellen ihn dem Klee zur Verfügung.  Um der Entstehung dieser Kooperation auf den Grund zu gehen, haben Pflanzenforscher das Genom des Schneckenklees Medicago truncatula entziffert und analysiert. Wie die Wissenschaftler in Nature (2011, Bd. 479. S. 529) berichten, hat eine Genom-Verdoppelung vor 58 Millionen Jahren bewirkt, dass Erbanlagen entstehen konnten, die mit den stickstoffbindenden Bakterien in Zusammenhang stehen.

Die Symbiose zwischen dem Schneckenklee Medicago truncatula  und den stickstofffixierenden Bakterien in der Wurzel gilt als Erfolgsmodell der Evolution: „Diese Mikroorganismen haben die Fähigkeit, den Luftstickstoff zu binden und für den Schneckenklee verfügbar zu machen“, erläutert Heiko Schoof vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn. Der Schneckenklee und die Rhizobien profitieren beide von der Lebensgemeinschaft: Die Pflanze erhält den begehrten Stickstoffdünger und kann dadurch auch auf nährstoffarmen Standorten gedeihen, die Bakterien werden durch Ausscheidungen der Kleewurzel angelockt und ernährt.

Die Wurzelknöllchen des Schneckenklees beherbergen die stickstofffixierenden Bakterien. Beide Kooperationpartner profitieren von dem Zusammenleben.Lightbox-Link
Die Wurzelknöllchen des Schneckenklees beherbergen die stickstofffixierenden Bakterien. Beide Kooperationpartner profitieren von dem Zusammenleben.Quelle: John Innes Centre

Nur die Hülsenfrüchtler produzieren eigenen Dünger
Schon seit langem rätseln Pflanzenforscher, warum die meisten Hülsenfrüchtler über Stickstoff bindende Wurzelknöllchen verfügen, während die meisten anderen Pflanzenfamilien allein auf die Nährstoffe im Boden angewiesen sind. Ein internationales Konsortium mit 30 Wissenschaftlern unter Beteiligung von Forschern der Universität Bonn und des Kölner Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung hat deshalb nun das Erbgut des Schneckenklees genauer untersucht. „Bei der Sequenzierung der Gene von Medicago truncatula entdeckten wir etliche Erbgutabschnitte, die sich sehr ähnlich sind und gleich zweifach vorliegen“, sagt Bioinformatiker Schoof.  Er hat mit seinem Team die ausgelesenen Erbgutsequenzen analysiert und mit denen anderen Pflanzenarten wie Soja und Lotus verglichen. „Wir haben klare Hinweise darauf, dass sich vor etwa 58 Millionen Jahren das Erbgut der Pflanze verdoppelt hat“, so Schoof. Solche Dopplungen wurden bereits bei der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) festgestellt werden. Im Schneckenklee stünden aber besonders viele doppelt vorliegende Gene im Zusammenhang mit den Stickstoff bindenden Wurzelbakterien.

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Genom-Dublette ermöglicht neue Anpassungen an die Umwelt
Solche Genomduplikationen haben Biologen nicht nur bei Pflanzen, sondern auch im Tierreich schon häufiger aufgespürt. Wie sie entstehen, ist noch nicht vollends klar. „Was zunächst wie ein Unfall klingt, hat für den Schneckenklee aber klare Vorteile“, sagt Heiko Schoof. Ein Erbgutsatz stehe dann der Evolution zur Verfügung und kann durch Veränderung neue Anpassungen an die Umwelt hervorbringen. Der zweite erfüllt dann quasi die Funktion einer Sicherungskopie. Falls die Veränderung eines Proteins seine ursprüngliche Funktion zerstört, kann diese von der Backup-Version weiter erfüllt werden. Das veränderte Protein bleibt dann erhalten, falls seine neue Funktion vorteilhaft ist. 

Nur einige neue Genversionen blieben übrig
„Im Lauf der Evolution verschwinden viele duplizierte Gene relativ schnell, sie sind nicht notwendig für das Überleben der Pflanze“, so Schoof. „Insbesondere Duplikate, die eine neue Funktion oder Rolle entwickeln, bleiben erhalten.“ Die Wissenschaftler fragten sich anhand der durch Datenanalysen vorhergesagten Proteinfunktionen, ob im Schneckenklee bestimmte Proteine bevorzugt verdoppelt vorliegen. Dies kann Hinweise geben, welche Funktionen eine nützliche Anpassung darstellten – so wie beim Schneckenklee die Fähigkeit, Stickstoff bindende Bakterien einzubauen. „Die Studie gibt uns tiefe Einblicke, wie Pflanzen solche besonderen Eigenschaften erwerben“, sagt der Bioinformatiker. Das Erbgut des Schneckenklees liefert nach Ansicht der Autoren eine entscheidende Referenz, welche die Forschung in verschiedenen, vor allem auch landwirtschaftlich bedeutenden Hülsenfrüchtlern wie die Luzerne oder die Lupine erleichtert.

© biotechnologie.de/pg
 

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