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Biologische Leuchtraketen für präzisere Antibiotika

Erreger vom Typ Staphylococcus aureus. Das Freiburger Unternehmen FreiBiotics sucht nach Antibiotika, die an 55 neuartigen Angriffspunkten des eiterverursachenden Keims ansetzen und ihn vernichten. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Erreger vom Typ Staphylococcus aureus. Das Freiburger Unternehmen FreiBiotics sucht nach Antibiotika, die an 55 neuartigen Angriffspunkten des eiterverursachenden Keims ansetzen und ihn vernichten. Quelle: Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung

05.07.2011  - 

Infektionskrankheiten sind jährlich für mehr als zehn Millionen Todesfälle verantwortlich, aber die rasante Resistenzentwicklung vieler Krankheitserreger schränkt die Therapiemöglichkeiten immer weiter ein. Trotz intensiver Forschungen konnten in den letzten vierzig Jahren aber nur wenige neue Antibiotika-Klassen zur Zulassung gebracht werden. Im Jahr 2009 gründeten Wissenschaftler, unterstützt mit Mitteln des GO-Bio-Wettbewerbs, deshalb das Unternehmen FreiBiotics. Mit Hilfe neuartiger Biosensoren sollen wirksame Substanzen identifiziert werden, die an 55 bisher unbekannten Angriffspunkten der Erreger ansetzen.


 

Seit der Entdeckung des Penicillins ist das Rennen zwischen der Wissenschaft und den Bakterien eröffnet. Durch evolutionäre Anpassung haben die Erreger mittlerweile eine ganze Reihe von Antibiotika wirkungslos gemacht. Solange immer wieder neue Antibiotika gefunden wurden, blieben die Waffen der Ärzte scharf. Doch seit einiger Zeit scheinen die Mediziner ins Hintertreffen  zu geraten. Große Durchbrüche hat es in der Antibiotika-Forschung seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Multiresistente Bakterienstämme sorgen etwa in Krankenhäusern für große Probleme. „Es sind dringend neue Klassen von Antibiotika notwendig“, sagt Christian Schleberger, Leiter der Bioinformatik der FreiBiotics GmbH in Freiburg. „Mit unseren Biosensoren wollen wir die Suche nach effektivern Wirkstoffen gezielter und billiger machen.“ 

In dieser Folge von biotechnologie.tv handelt es sich um ein GO-Bio-Spezial, in dem Projekte verschiedener Preisträger vorgestellt werden.Quelle: biotechnologie.tv

55 neue Angriffspunkte

Ein Grund dafür, dass sowenige neue Antibiotika auf den Markt kommen, ist eine Besonderheit bei der Entwicklung der wichtigen Medikamentenklasse: Alle bisher entwickelten Antibiotika richten sich gegen die immer gleichen 30 bakterielle Enzyme. Der Infektionsbiologe Dirk Bumann entdeckte auf der Basis seiner Arbeiten an bakteriellen Krankheitserregern 55 neue Angriffspunkte, die bisher noch nicht gezielt von existierenden Antibiotika anvisiert werden (zum Profil von Dirk Bumann: hier klicken). Der Vorteil der Zielstrukturen: Sie kommen nur auf den Erregern vor. Somit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Mittel, die diese Stukturen angreifen, auch Körperzellen beeinflussen.

Freibiotics GmbH

Das Freiburger Unternehmen ist ein Spin-off der Universität Freiburg. Derzeit ist man auf Investorensuche.

www.freibiotics.com

Bumann, der heute als Professor am Biozentrum der Universität Basel forscht und gleichzeitig eine Gastprofessur an der Universität Freiburg innehat, entwickelte zudem ein Verfahren, mit dem Antibiotika-Kandidaten präziser identifiziert werden können: Bumann’s Antibacterial Screening Platform (BASP). Mit diesem Verfahren überzeugte der Biologe die Jury des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgelobten GO-Bio-Wettbewerbs für Unternehmensgründer (mehr...). Im Jahr 2009 gehörte Bumann zu den Mitgründern der FreiBiotics GmbH, die BASP einsetzt, um Antibiotika gegen sogenannte gramnegative Bakterien zu finden. Bisher konnten die fünf Mitarbeiter 60.000 Substanzen mit BASP daraufhin untersuchen, ob sie mit einem der 55 Angriffspunkte interagieren.

Leuchtende Biosensoren verraten Wirkprinzip

BASP bedient sich genetisch veränderter E.coli-Bakterien, die zu Biosensoren umgerüstet wurden. In das Erbgut des Bakteriums haben die Freibiotics-Forscher ein Gen für verschiedene Varianten des Grün Fluoreszierenden Proteins (GFP) eingebaut. Jedes Gen wurde mit einem bestimmten Promotor kombiniert. Ein Promotor ist eine DNA-Sequenz, die das Ablesen eines bestimmten Gens in Gang setzt. Wird also ein bestimmtes Protein in der Zelle angefragt, muss zunächst der entsprechende Promotor aktiviert werden. Die Promotoren in den E.coli-Bakterien im BASP-Verfahren werden nun nur von Stoffen aktiviert, die dem Bakterium in irgendeiner Weise schaden, indem sie etwa den Aufbau einer funktionierenden Zellwand verhindern. Ist ein derartiger Stoff also im Bakterium, dann leuchtet das GFP auf.

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„Ein solches genetisches Konstrukt ist ein Biosensor für eine Substanz, die ganz bestimmte biochemische Abläufe ind er Bakterienzelle hemmt“, sagt Schleberger. Durch die Verwendung verschiedenfarbiger GFP-Proteine erhalten die Forscher also ein recht genaues Bild davon, was die jeweils getestete Substanz in einer Bakterienzelle anrichtet. Diese Detailtiefe war mit bisherigen Screening-Verfahren nicht zu erreichen, in denen nur beobachtet wurde, ob die Stoffe die Bakterien töten. Der genaue Wirkmechanismus war unbekannt. „Oft hat man erst spät in der Entwicklung gemerkt, dass eine vielversprechende Substanz eigentlich etwas ganz anderes bewirkt als gewünscht.“

GO-Bio

Mit der GO-Bio-Initiative fördert das BMBF Forscher aus den Lebenswissenschaften, die mit vielversprechenden aber risikoreichen Projekten ein Unternehmen gründen wollen. Bislang wurden in drei Förderrunden Preisträger des Gründerwettbewerbs gekürt.

Mehr Infos: www.go-bio.de

Das BASP-Verfahren hat neben dem Wissen um den präzisen Wirkmechanismus noch einen weiteren Vorteil: Die Stoffe, die identifiziert werden, wirken nicht nur gegen Bakterien, sondern sind auch in der Lage, in die Zelle einzudringen. Das ist bei anderen, konventionell entdeckten Substanzen nicht unbedingt der Fall und hat schon so manchen vielversprechenden Antibiotika-Kandidaten zu Fall gebracht. Das alles macht das Screening effizienter und damit billiger. „Weil viele spätere Experimente bei uns wegfallen, haben wir nur rund ein Zehntel der Kosten“, so Schleberger.

Ein Konzept, das auch die Juy des GO-Bio-Wettbewerbs überzeugt hat. FreiBiotics hat im Frühjahr 2011 die Zusage für die zweite Förderperiode gewonnen. In den kommenden drei Jahren will man in Freiburg nicht nur 300.000 weitere Substanzen untersuchen, sondern auch Pilze zu Antibiotika-Biosensoren machen. Die schon gefundenen möglichen Kandidaten sollen erste präklinische Test durchlaufen. Zudem sind Kooperationen mit Pharmaunternehmen geplant, die die Plattform der Freiburger gegen ein Entgelt für eigene Screenings nutzen können. Für diese nächste Stufe der Unternehmensentewicklung ist Dirk Bumann  im Gespräch mit verschiedenen Investoren.

 

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