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Multiresistente Keime aus dem Schweinestall

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MRSA aus dem Tierreservoir: Multiresistente Keime können von Schweinen auf den Menschen übertragen werden. Krank werden die Tiere allerdings nicht. Quelle: Jerzy / pixelio.de

27.04.2011  - 

Multiresistente Keime gelten als großes Problem in Krankenhäusern. Mit gängigen Antibiotika lässt sich gegen sie kaum etwas ausrichten. Vor allem für alte und immungeschwächte Menschen kann eine Infektion lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Normalerweise werden die gefährlichen Bakterien vom Mensch zu Mensch übertragen, seit einigen Jahren werden sie jedoch zunehmend auch in landwirtschaftlichen Nutztieren nachgewiesen. Der Forschungsverbund „MedVet Staph“ untersucht nun,  wie die resistenten Keime von Tieren auf Menschen übertragen werden. Mit 2,5 Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Kampf gegen Krankenhausinfektionen durch resistente Tier-Bakterien.

Die Entdeckung des Penicillins hat der Medizin eine schlagkräftige Waffe gegen Infektionskrankheiten in die Hand gegeben. Aber es dauerte nicht lange, bis die ersten Krankheitserreger auf evolutionärem Wege Resistenzen entwickelt hatten. An Orten, wo Bakterien und Antibiotika häufig aufeinander treffen - beispielsweise in Krankenhäusern oder in der Tierhaltung – kommt es immer wieder vor, dass krankmachende Bakterien Abwehrstrategien entwickeln. Besonders schwer zu eliminieren sind diese Bakterien wenn sie Resistenzen gegen mehrere wichtige Antibiotika erwerben und somit multiresistent sind. So können sie für den Menschen sehr gefährlich werden. Das Bakterium Staphylococcus aureus ist einer dieser resistenten Erreger. „Einige Stämme dieses Bakteriums haben verschiedene Strategien entwickelt, damit ihnen Antibiotika nichts anhaben kann“, sagt Robin Köck vom Institut für Hygiene Universitätsklinikum Münster. „Oft besitzen sie sogar mehrere Mechanismen gegen unterschiedliche Antibiotika. Gegen diese sogenannten MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus)- Stämme sind die Waffen der Pharmaforschung inzwischen weitgehend stumpf.“

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Multiresistente Keime: gefährlich für alte und kranke Menschen

Das ist ein großes Problem, vor allem für Patienten in Krankenhäusern. Ihr Immunsystem ist häufig geschwächt. Bis zu 70 Prozent aller Menschen tragen MRSA-Keime auf der Haut oder in der Nasenschleimhaut, im Krankenhaus kann er aber schwere Infektionen wie Haut- und Weichgewebeinfektionen, Lungen- und Knochenentzündungen hervorrufen. Schätzungen des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) gehen davon aus, dass jährlich etwa 171.000 Krankenhausinfektionen durch MRSA in europäischen Ländern auftreten. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen den Staaten: Während in den skandinavischen Ländern der Anteil von MRSA unter den Staphylococcus aureus-Stämmen gering ist und etwa in Schweden bei ungefähr einem Prozent liegt, beträgt die MRSA-Rate in Deutschland durchschnittlich 18,4 Prozent. In den südeuropäischen Ländern, den USA sowie England und Irland liegen die Werte sogar bei 30 Prozent, in Portugal bei 50 Prozent.

Tiere stecken an

Eine alarmierende Beobachtung machten niederländische Mediziner: In den letzten Jahren traten immer wieder MRSA-Fälle auf, die sich die Ärzte nicht erklären konnten. Bis sie erkannten, dass Landwirte die resistenten Keime in die Krankenhäuser eingeschleppt hatten. Die Erreger wurden von Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Geflügel auf die Menschen übertragen. „MRSA aus dem Tierreservoir, das war ein ganz neuer Aspekt“, so Köck. „Die Übertragung von Bakterien zwischen Mensch und Tier wurde erst in den vergangenen Jahren beobachtet.“ Mittlerweile haben Forscher den MRSA-Erreger bei mehreren Nutztieren nachgewiesen: Er findet sich etwa in 70 Prozent der Schweine haltenden Betriebe in Deutschland. „Bei 80 Prozent dieser Betriebe hat sich der Erreger auch auf die Züchter übertragen“, berichtet Köck. „Die Staphylococcos aureus-Stämme unterscheiden sich genetisch von denen, die ausschließlich beim Menschen auftreten. Dennoch kann es zur Übertragungen auf direkt exponierte Personen wie Landwirte, Veterinäre oder Schlachthofpersonal kommen.“ Wie es die Bakterien allerdings schaffen, die Spezies-Barriere zwischen Mensch und Tier zu überwinden, ist allerdings nicht bekannt. Ebenfalls unklar ist, wie gefährlich die Tier-Erreger für den Menschen sind. „Es gibt zwar Einzelfallbeschreibungen von Tier-MRSA Infektionen bei Menschen aber wie krankmachend sie wirklich sind, darüber weiß man noch nicht viel“, so Köck.

Forschungsverbund MedVet-Staph

Mehr Informationen zum Konsortium finden Sie auf der Webseite des Verbundes.

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Diese und weitere Fragen rund um diese Erreger will Köck nun mit Forscherkollegen aus ganz Deutschland klären. Dies geschieht im Rahmen des bundesweiten Forschungsverbundes „MedVet-Staph“, den der Münster Wissenschaftler koordiniert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Konsortium über die nächsten drei Jahre mit rund 2,5 Millionen Euro im Rahmen des Förderschwerpunkts zoonotische Infektionskrankheiten. Davon gehen mehr als 800.000 Euro nach Münster - an Köck sowie seine Kollegen Karsten Becker vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Dag Harmsen aus der Parondontologie des Universitätsklinikums. Darüber hinaus sind aber auch Human- und Veterinärmediziner, Biologen und Agrarwissenschaftler anderen Einrichtungen in das Forschungsnetzwerk eingebunden: Neben der Freien Universität Berlin, der Universität des Saarlandes und der Universität Würzburg sind das Robert-Koch-Institut, das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Friedrich-Loeffler-Institut mit dabei.

Dr. Robin Köck, Prof. Karsten Becker und Prof. Dag Harmsen (v.l.) leiten die münsterschen Teilprojekte des Forschungsverbundes "MedVet Staph"Lightbox-Link
Dr. Robin Köck, Prof. Karsten Becker und Prof. Dag Harmsen (v.l.) leiten die münsterschen Teilprojekte des Forschungsverbundes "MedVet Staph"Quelle: WWU - FZ

Erreger in der Lebensmittelkette

„Zusammen möchten wir nun vor allem herausfinden, wie verbreitet MRSA aus dem Tiereservoir bei Patienten in Krankenhäusern sind und welche Faktoren die Übertragung zwischen Mensch und Tier ermöglichen“, so Köck. Möglicherweise spielen dabei bestimmte Strukturen auf der Oberfläche der Bakterien eine Rolle, vermuten die Forscher. Diese könnten entscheidend dafür sein, ob sich ein Erreger in einem Menschen, einem Tier oder beidem vermehren kann. Bei Tieren ist Staphylococcos aureus einer der Verursacher von Mastitis. So wird in der Medizin eine Entzündung der Milchdrüse bezeichnet, die vor allem bei Rindern, Schafen und Ziegen auftritt. Bei MRSA-positiv getesteten Schweinen wurden bisher keine Krankheiten festgestellt. Die Forscher werden daher auch der Frage nach der Verbreitung von MRSA durch den Eintrag in die Lebensmittelkette nachgehen. Denn bisher kann niemand sagen, welche Auswirkungen MRSA im Fleisch, der Milch oder anderen Tiererzeugnissen hat. „Unser Ziel ist es, die Ergebnissen des Forschungsverbundes so zu nutzen, dass wir Empfehlungen für die Prävention und Kontrolle von MRSA auch in Bezug auf die Lebensmittel geben zu können“, sagt Köck.

© biotechnologie.de/tk

 

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