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Arteriosklerose: Therapie wirkt anders als gedacht

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Die Arteriosklerose-Einlagerungen in der Arterienwand behindern den Fluss von roten Blutkörperchen (rot), Leukozythen (weiß), anderen Blutbestandteilen (gelb) und Thrombozythen (blau). Quelle: Sunbeam Vision OHG/Wikimedia Commons

16.02.2011  - 

Einer der ältesten Wirkstoffe zur Behandlung von Arteriosklerose ist die Nikotinsäure. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben nun herausgefunden, dass diese Therapie ganz anders wirkt als vermutet.  Wie die Forscher um Stefan Offermanns im Fachmagazin Journal of Clinical Investigation (2011, Online-Vorabpublikation) berichten, hemmt die Nikotinsäure offenbar Entzündungsprozesse an den betroffenen Arterien. Bislang war man davon ausgegangen, dass Nikotinsäure vor allem den Cholesterinspiegel senkt.

Arteriosklerose und ihre Folgeerkrankungen sind die häufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Die auch als Arterienverkalkung bekannte Volkskrankheit verläuft chronisch, indem sich Fettsäuren, Kollagene, Zucker und Kalk in den Hauptschlagadern (Arterien) einlagern. Die Blutgefäße verdicken und verengen sich, als Folge kommt es zu Durchblutungsstörungen wie Angina Pectoris, Ischämie und Thrombose. Lösen sich die Blutgerinnsel, drohen Schlaganfall und Herzinfarkt.

Gutes und böses Cholesterin

Die Ursache der Arteriosklerose ist zu viel Cholesterin im Blut, messbar in den Lipoproteinen, den Transportvehikeln des wasserunlöslichen Cholesterins. Lipoproteine niederer Dichte (Low Density Lipoprotein – LDL) reichern Blutfette in den Gefäßen an und werden deshalb volkstümlich auch als „böses Cholesterin“ bezeichnet.

Hauptschlagader einer Maus mit arteriosklerotischen Veränderungen (rot).Lightbox-Link
Hauptschlagader einer Maus mit arteriosklerotischen Veränderungen (rot).Quelle: Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung
Für den Abtransport zuständig sind die Lipoproteine höherer Dichte (High Density Protein – HDL), welche die Fettsäuren aus den Gefäßen heraussschaffen und damit das Image des „guten Cholesterins“ haben. Die Behandlungsmethoden für Arteriosklerose zielten deshalb bisher darauf ab, die Konzentration des anreichernden „bösen“ LDL-Cholesterins zu senken und die Konzentration des „guten“ Cholesterins HDL im Blut zu erhöhen.

Einer der ältesten Wirkstoffe gegen Arteriosklerose ist die Nikotinsäure, die bei Patienten dafür sorgt, dass sich der Cholesterinspiegel senkt. Deshalb wurde auch angenommen, dass hierin die Ursache für den Rückgang der Gefäßentzündungen liegt.  Ein Team um Stefan Offermanns vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim hat sich die Wirkung der Nikotinsäure nun bei Mäusen etwas genauer angesehen und festgestellt, dass bei ihnen zwar die Entzündung zurückgeht - aber ohne dass sich der Cholesterinspiegel ändert. Wie die Forscher berichten, (Journal of Clinical Investigation, 7. Februar 2011), spielt dabei offenbar ein bestimmter Rezeptor (GPR109A) eine Rolle, der auch in verschiedenen Immunzellen vorkommt.  „Das spricht dafür, dass Nikotinsäure den anti-arteriosklerotischen Effekt zwar über seinen Rezeptor ausübt, dies jedoch nicht auf einer Veränderung der Blutfettwerte beruht“, so Max-Planck-Direktor Stefan Offermanns.

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Mithilfe von gentechnisch veränderten Mäusen untersuchten die Forscher in ihren Experimenten die unterschiedlichen Wirkungsweisen des Rezeptors. Sitzt er auf bestimmten Immunzellen, den Fresszellen, so werden diese daran gehindert, in die Gefäßwand einzudringen. Auf diese Weise wird die chronische Entzündung offenbar aufgehalten. Bei Immunzellen in der Gefäßwand hingegen sorgt der Rezeptor dafür, dass die entzündliche Reaktion dieser Zellen herabgesetzt wird, und sie eingelagertes Cholesterin schneller entfernen können.

Bereits 2009 hatten Jenaer Forscher entdeckt, dass die Entzündungen der Gefäßwände nicht nur auf die erhöhten Einlagerungen zurück zu führen sind, sondern auch auf altersabhängige autoaggressive Immunprozesse in den Gefäßwänden (mehr...). Die aktuellen Erkenntnisse der Forscher aus Bad Nauheim  zeigen nun, dass  die klassische Behandlungsmethode nicht nur anders wirkt als bisher angenommen, sondern auch, dass es weitere Behandlungsmöglichkeiten gibt: zum  Beispiel anti-entzündliche Maßnahmen. Und womöglich sind diese nicht nur ein gutes Mittel gegen Arteriosklerose, sondern auch zur Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen. Die Wirkung der Nikotinsäure auf bestimmte Immunzellen eröffnet „neue Möglichkeiten zur Behandlung weiterer Erkrankungen, die mit einer überschießenden Immunreaktion oder chronischen Entzündung einhergehen,“ hofft MPI-Direktor Offermanns.

 

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