Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Medica 2010: Von Hydrogelen zu Biomarkern

Die Medica in der Messe Düsseldorf zieht jedes Jahr mehr als 100.000 Besucher aus aller Welt an. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Medica in der Messe Düsseldorf zieht jedes Jahr mehr als 100.000 Besucher aus aller Welt an. Quelle: Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann

23.11.2010  - 

Die Medica ist unter den Gesundheitsmessen ein Gigant. In diesem Jahr hatte die jährliche Medizintechnik-Schau mehr als 4.400 Aussteller aus 64 Nationen versammelt, 137.000 Besucher strömten durch die 17 Hallen der Messe Düsseldorf. Auch wenn Hightech-Instrumente und OP-Technik dominierten: die medizinische Biotechnologie hatte bei der Riesenmesse vom 17. bis 20. November ebenfalls ihren festen Platz. In drei Hallen präsentierten viele Spezialisten für Labordiagnostik ihre neuesten Produkte. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) war mit einem Vortragsforum zu innovativen Forschungsansätzen für die Medizin vor Ort.



Hochmoderne Technik im OP-Saal, lebensrettende Kleingeräte mit elegantem Design sowie verbesserte Hygienemethoden standen in diesem Jahr im Mittelpunkt der weltgrößten Medizinfachmesse in Düsseldorf. Viel Potenzial räumen die Hersteller offensichtlich sogenannten Hybrid-Verfahren in OP-Sälen ein, bei denen gleichzeitig operiert und diagnostiziert wird. So lassen sich auf Endoskope Ultraschallköpfe stecken, mit denen die Ärzte beim Eingriff auch einen Blick auf die umgebenden Organe werfen können. 

Medica

1968 wurde die Medica als regionale Messe für Ärztebedarf gegründet. Mittlerweile ist sie der wichtigste Treffpunkt der Medizinbranche. Die Medica findet jährlich in Düsseldorf statt.

www.medica.de

Bereits im Vorfeld der Medica hatte die deutsche Medizintechnik-Industrie mit einem Umsatz von 20 Milliarden Euro ein Plus von zehn Prozent für 2010 im Vergleich zum Vorjahr vermeldet. Das wichtige Auslandsgeschäft der rund 1150 deutschen Medizintechnik-Unternehmen hat demnach wieder spürbar angezogen. Insbesondere die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen außerhalb der westlichen Industrieländer sorgte für gute Stimmung bei der Medica. Beflügelt vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufwind zogen die Medica-Veranstalter eine positive Bilanz. „Gerade die deutsche Industrie ist euphorisch, wenn es um Exportmöglichkeiten geht. Da brummt das Geschäft“, sagte Joachim Schäfer, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf.

Innovative Therapien und bessere Biomarker 

Die Biotechnologie war auf der Medica immer dann ein Thema, wenn es um Labordiagnostik ging. Aber auch bei der Entwicklung von innovativen Therapien und bei der Suche nach besseren Diagnose-Methoden für Erkrankungen sind oft molekularbiologische Techniken gefragt. Um solche Verfahren ging es unter anderem auf dem „Medica Vision Forum“, das vom BMBF gemeinsam mit der Medica in Halle 3 veranstaltet wurde. An allen drei Messetagen berichteten hier BMBF-geförderte Forscher über ihre abgeschlossenen oder laufenden Projekte, die sich mit innovativen Therapie- und Diagnostikansätzen, mit Medizintechnik sowie modernen Operationsverfahren beschäftigen.

Um Alzheimer drehte es sich zum Beispiel am 18. November, als Osama Sabri, Professor am Universitätsklinikum Leipzig, ein neues bildgebendes Verfahren zur Früherkennung dieser neurodegenerativen Erkrankung vorstellte. „Unser Ziel ist es, einen Marker zu entwickeln, der auch in der klinischen Routine bei der frühen Alzheimer-Demenz eingesetzt werden kann“, so Sabri. Der Grundstoff des neuen Markers für die Positronen-Emissions-Tomografie (PET), bei der die Stoffwechselaktivität gemessen wird, stammt aus dem Sekret des Pfeilgiftfrosches. Er hat eine nikotinähnliche Struktur und ist nach der Radiosynthese nicht mehr toxisch. Die Hoffnung der Forscher: Die Aufnahmezeit von bisher sieben Stunden stark verkürzen zu können.

Das Medica Vision Forum wurde von BMBF und Medica in Halle 3 veranstaltet.Lightbox-Link
Das Medica Vision Forum wurde von BMBF und Medica in Halle 3 veranstaltet.Quelle: Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann

Wie das Phänomen des programmierten Zelltods für innovative Krebstherapien genutzt werden kann, erläuterte am 19. November zum Beispiel Simone Fulda von der Universität Frankfurt. Ihr Team hat die Wirkung des Naturstoffs Betulinsäure auf das Wachstum von Krebszellen genauer untersucht. Der aus Birkenrinde gewonnene Wirkstoff blockiert die Arbeit der Mitochondrien, den Kraftwerken in der Zelle, und treibt die Zellen dadurch in die Apoptose. „Das Besondere daran ist, dass Betulinsäure den programmierten Zelltod über einen neuen Signalweg auslöst. Dadurch können wir auch Tumoren zerstören, die schon gegen herkömmliche Wirkstoffe resistent geworden sind“, so Simone Fulda. Im Rahmen des Verbundprojekts ApoCanBA versucht Fulda nun, neue Betulinsäure-Arzneien für die Antikrebs-Therapie zu entwickeln.

Krebszellen mit Nano-Hydrogel aus dem Blut gefischt

Ein neues Verfahren in der Krebsdiagnostik stellte wiederum Burkard Brandt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf vor. Unter dem Dach des Projekts MetaCell versucht sein Team, mit einer Kombination aus Nanotechnologie und Biochemie einzelne Tumorzellen im Blut nachzuweisen. Treten solche entartete Zellen etwa nach einer Krebsoperation weiterhin im Blut auf, so gilt es rechtzeitig gegenzusteuern, damit der Tumor nicht streut. Um gezielt Tumorzellen aus dem Blut herauszufischen, verwenden die Hamburger Forscher ein neuartiges Nano-Hydrogel. „Das Gel besteht aus bürstenartigen Polymeren, auf denen Krebszellen wie Golfbälle auf einem Rasen hängenbleiben“, so Erk Gedig von der Düsseldorfer Firma Xantec, die Industriepartner im MetaCell-Projekt ist. Schon eine einzelne Krebszelle genügt den Forschern, um weitere Analysen zu starten. „Wir prüfen derzeit, ob sich auch das komplette Erbgut einer einzigen Krebszelle dann sequenzieren lässt, um so Informationen über die Eigenschaften der Zelle zu bekommen“, sagt Projektleiter Burkard Brandt. 2009 gehörte das Vorhaben zu den Gewinnerprojekten des BMBF-Innovationswettbewerbs Medizintechnik, dessen diesjährige Sieger kürzlich gekürt wurden (mehr…).

Mehr auf biotechnologie.de

Wochenrückblick: Neun Millionen Euro für innovative Medizintechnik-Projekte

News: Biomedica in Aachen - Wege zu maßgeschneiderten Therapien

Vielversprechende Depressions-Biomarker

Marcus Ising vom Münchener Max-Planck-Institut für Psychiatrie konnte im Forum Fortschritte vermelden, die sein Team bei der Suche nach genetischen Biomarkern für die Diagnose einer schweren Depression gemacht hat. Offenbar haben die Max-Planck-Forscher bereits drei Gene aufgespürt, die sich in Tests als sehr zuverlässige molekulare Indikatoren  für den Verlauf einer Depression erwiesen haben. Derzeit werden die Biomarker für einen Routineeinsatz in Klinik und Praxis eingehend geprüft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kam zur Eröffnung nach Düsseldorf. Lightbox-Link
Bundeskanzlerin Angela Merkel kam zur Eröffnung nach Düsseldorf. Quelle: Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann

Um Biomarker ging es auch bei einem Forum auf der Dachterrasse des Gemeinschaftsstandes von Nordrhein-Westfalen. Dort hatte der Biotechnologie-Cluster BIO.NRW zu einer Vortragsserie geladen. Wie Helmut Meyer vom Proteinforschungszentrum (PURE) der Ruhr-Universität Bochum berichtete, hat sein Team inzwischen mithilfe einer speziellen Technik eine Reihe von vielversprechenden Biomarkern für Bauchspeicheldrüsenkrebs identifiziert. Cristian Strassert von der Universität Münster wiederum stellte ein Projekt vor, bei dem es darum geht, mithilfe von lichtempfindlichen Nanokristallen selbst antibiotikaresistente Mikroben gezielt abzutöten. „Unsere Methode tötet schnell und Mikroben können keine Resistenzen dagegen entwickeln“, sagte Strassert. Antibiotika-Resistenz war auch ein Thema beim Medica Kongress am 19. November, wo Experten über Leitlinien im Umgang mit der Gabe von Antibiotika und der Gefahr von multiresistenten Bakterienstämmen in Krankenhäusern diskutierten.

Kunststoff-Schaum nach Krebsoperation

Mit dem Thema regenerative Medizin war das Helmholtz-Zentrum Geesthacht in Düsseldorf präsent. Die Forscher stellten zum Beispiel einen Kunststoff-Schaum vor, der nach der Entfernung eines Tumors die dann vorhandene Hohlstelle im Körper ausfüllen soll. „Dieser Schaum übernimmt zunächst die mechanische Funktion, den Hohlraum zu befüllen. Nach und nach wachsen Zellen in diesem Schaum hinein, er löst sich auf und der Schaum wird schließlich durch körpereigenes Gewebe ersetzt“, erläutert Biomaterial-Experte Andreas Lendlein das Prinzip.

Nach vier Messetagen mit rund 137.000 Besuchern – zu denen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler gehörten – zeigte sich die Messe Düsseldorf zufrieden. „Wir wollten in diesem Jahr bewusst eine Verzahnung der wissenschaftlichen Themen in den Foren und dem Kongress mit den Ausstellern der Messe herstellen. Das ist sehr gut angenommen worden“, bilanzierte Horst Giesen, Direktor der Medica. Auch die Internationalität der Aussteller und der Besucher sei gestiegen. Für ihn ein positives Zeichen. „Die ganze Welt ist nach wie vor in Düsseldorf“, so Giesen. Dies soll auch im nächsten Jahr noch weiter forciert werden, wenn die Messe vom 16. bis 19. November 2011 stattfinden wird.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit