Wochenrückblick KW 42

25.10.2010

Europäischer Forschungsrat: 28 deutsche Biowissenschaftler erhalten Millionenförderung

28 Biowissenschaftler an deutschen Forschungseinrichtungen erhalten jeweils eine millionenschwere Förderung durch den Europäischen Forschungsrat (ERC).

Der ERC hat mittlerweile die komplette Liste der Nachwuchsforscher veröffentlicht, die sich über einen „Starting Grant“ in Höhe von durchschnittlich einer Million Euro für die kommenden fünf Jahre freuen dürfen.

Insgesamt 580 Millionen Euro standen dem ERC in der dritten Ausschreibungsrunde zur Verfügung, damit war das Budget um 40 Prozent höher als bei der vergangenen Runde.  427 der mehr als 2800 eingereichten Anträge (Erfolgsquote: 15 Prozent) erhielten nun eine Förderzusage. Biowissenschaftler gehörten auch diesmal zur erfolgreichsten Disziplin. Deutlich angestiegen ist die Zahl der Zusagen für Antragsteller an deutschen Forschungsinstituten. Hatten letztes Jahr in der Kategorie „Life Sciences“ im Jahr 2009 14 deutsche Arbeitsgruppenleiter den „Starting Grant“ ergattert, so ist die Zahl nun auf beachtliche 28 angewachsen. In der Kategorie „Physical Sciences and Engineering“ bearbeiten vier der ausgezeichneten Nachwuchsforscher ebenfalls Themen mit Bezug zu den Biowissenschaften. Einige der nun erfolgreichen Forscher hat biotechnologie.de bereits im Porträt vorgestellt. Dazu zählen Gerhard Martin Schratt (mehr...), Hendrik Dietz (mehr...) und Wilfried Weber (mehr...).

Der ERC ist eine 2007 von der Europäischen Kommission eingerichtete Institution zur Finanzierung von grundlagenorientierter Forschung. Der Europäische Forschungsrat fördert mit den ERC-Starting Grants Grundlagenforschungsprojekte von herausragenden Nachwuchswissenschaftlern (ab zwei und bis neun Jahre nach der Promotion). Dabei werden besonders innovative und riskante Forschungsvorhaben unterstützt, die auf internationalen Kooperationen aufbauen. Für ein Projekt können maximal 1,5 Millionen Euro beantragt werden. Ende Juli ist die vierte Ausschreibungsrunde gestartet (mehr...). Nachwuchsforscher in den Biowissenschaften müssen bis 9. November 2010 ihre Anträge einreichen.

ForschungseinrichtungAnzahl der ERC-Starting Grants 2010 in den Life Sciences
Universitäten 14
Helmholtz-Gemeinschaft7
Max-Planck-Gesellschaft4
Fraunhofer-Gesellschaft1
EMBL2

Quelle: ERC 2010, komplette Liste als PDF (Download)

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Zehn neue Risiko-Gene für Schuppenflechte identifiziert

In drei Studien zu den Ursachen der Schuppenflechte haben Wissenschaftler aus Deutschland, Kanada, den USA und China insgesamt zehn neue Risiko-Gene für die entzündlichen Hauterkrankung Psoriasis entdeckt.

In der deutschen Psoriasis-Studie mit mehr als 14 500 Studienteilnehmern wurde in einem Gen namens TRAF3IP2 eine Genvariante gefunden, die die Wahrscheinlichkeit für Psoriasis erhöht. Das Team um André Franke und Michael Weichenthal vom Exzellenzcluster Entzündungsforschung an der Christian-Albrechts-Universität Kiel berichtet im Fachjournal Nature Genetics (17. Oktober 2010, Online-Vorabveröffentlichung) über die Ergebnisse. Von der Schuppenflechte Psoriasis sind derzeit rund zwei Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Ausgelöst durch Allergene gerät das Immunsystem außer Tritt, es schüttet übermäßig viele Entzündungsbotenstoffe aus, was zu juckenden Hautausschlägen führt. Die eigentliche Ursache der entzündlichen Hauterkrankung war bislang unklar, neben Störungen der Barrierefunktion der Haut oder einem geschwächten Immunsystem haben Forscher auch zunehmend genetische Faktoren für die Hauterkrankung im Visier.

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News: Rheuma-Übeltäter dingfest gemacht

In der aktuellen Studie haben die Forscher aus Kiel nun insgesamt 2,3 Millionen Genvariationen, sogenannte SNPs, im Genom der Patienten und der gesunden Probanden durchmustert.  Dabei ist den Humangenetikern ein bisher unbekannter Genvariante aufgefallen, die eine Mutation verursacht in einem Protein verursacht, die vermehrt bei Psoriasis-Patienten und seltener bei Gesunden zu finden ist. Die Mutation erhöht im statistischen Durchschnitt die Anfälligkeit für Psoriasis und Psoriasis-Arthritis. Zudem wurden in Kooperation mit einer US-amerikanischen (Nature Genetics, 17. Oktober 2010) und einer chinesischen Forschergruppe (Nature Genetics, 17. Oktober 2010) neun weitere Gene entdeckt, die das Risiko für Psoriasis erhöhen. "Die neu gewonnenen Erkenntnisse helfen uns, die Krankheit besser zu verstehen, und sie geben Pharmafirmen die Möglichkeit, bereits jetzt gezielter Therapien und Medikamente zu entwickeln", sagt Professor André Franke vom Institut für Klinische Molekularbiologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

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Stress-Kopie eines Eiweißes schützt Cyanobakterien vor zuviel Licht

Mit einer Extra-Kopie eines Photosynthese-Proteins schützen sich Cyanobakterien vor zuviel Sonnenlicht.

Das haben Biochemiker von der Ruhr-Universität Bochum herausgefunden. Wie die Forscher um Marc Nowaczyk im Journal of Biological Chemistry (2010, Bd. 285, S.29851) schreiben, tauschen die Mikroben bei einem Zuviel an Licht eines der Schlüsselproteine der Photosynthese gegen eine „Stress-Kopie“ aus, um ihren Photosyntheseapparat zu schonen.

Cyanobakterien produzieren Extra-Kopien eines Photosynthese-Proteins, wenn sie zuviel Sonnenlicht abbekommen.Lightbox-Link
Cyanobakterien produzieren Extra-Kopien eines Photosynthese-Proteins, wenn sie zuviel Sonnenlicht abbekommen.
Dadurch stellen sie diesen Prozess so um, dass er nicht mehr auf den maximalen Energiegewinn aus dem Sonnenlicht abzielt. Stattdessen wird ein Teil der Energie in Form von unschädlicher Wärme abgeführt. Lässt der Lichtstress wieder nach, schalten die Algen einfach auf die Produktion des normalen Proteins zurück, das eine maximale Ausbeute an Energie ermöglicht.

Bei der Photosynthese wandeln die Cyanobakterien die Energie des Sonnenlichts in energiereiche chemische Verbindungen um. Doch ein zuviel an Licht überfordert besonders das Photosystem II, dem ersten Protein-Komplex in der Elektronen-Transportkette: Es werden vermehrt Sauerstoffradikale gebildet, die extrem schädlich für die Zelle sind. Gerade im Photosystem II haben die Bochumer Forscher nun den äußert effizienten Reparaturmechanismus aufgespürt: „Hauptschädigungsort im Komplex ist das zentrale D1-Protein, das gezielt abgebaut und kontinuierlich durch eine neue Kopie ersetzt wird“, erläutert Marc Nowaczyk. „Dieser Reparaturzyklus sorgt dafür, dass der photosynthetische Elektronentransport trotz Lichtstress aufrecht erhalten werden kann.“

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News: Sonnenschutz von Algen: Uraltes Eiweiß entdeckt

News: Sicherheitsventil schützt Pflanzen vor Sonnenbrand

Förderbeispiel: Cyanobakterien als Treibstoff-Fabriken

Cyanobakterien haben darüber hinaus eine Strategie entwickelt, die schon vor einer Schädigung des Proteins ansetzt: Sie besitzen eine Genfamilie, die Baupläne für verschiedene D1-Protein-Versionen vorgibt. Bereits in früheren Studien konnte durch Genaktivitätsanalysen gezeigt werden, dass eine dieser Kopien nur unter Lichtstress gebildet wird. „Durch modernste massenspektrometrische Verfahren konnten wir diesen Effekt nun erstmals auch direkt auf Proteinebene belegen “, so Nowaczyk. Die alternative „Stress“-Kopie des D1-Proteins bewirkt, dass der Komplex insgesamt einen größeren Anteil des empfangenen Lichts in harmlose Wärmestrahlung umwandeln kann. Somit wird auf Kosten der Effizienz einer Schädigung vorgebeugt. Ändern sich die Lichtbedingungen erneut, wird wieder die „normale“ D1-Kopie gebildet und der Komplex nutzt das eingestrahlte Licht wieder äußerst effizient für die Photosynthese. „Gerade diese molekulare Variabilität ist die Grundlage für die erfolgreiche Besiedelung verschiedenster Lebensräume mit unterschiedlichsten Lebensbedingungen“, folgern die Forscher.

EurotransBio: Sechste Ausschreibungsrunde gestartet

Junge Biotech-Unternehmen können sich wieder gemeinsam mit europäischen Partnern um eine Förderung ihrer Forschungs- und Entwicklungsprojekte durch die Initiative EurotransBio bewerben.

Nach den erfolgreichen fünf Vorgängerrunden wurde am 1. Oktober die sechste Ausschreibungsrunde gestartet. Dafür stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) diesmal bis zu fünf Millionen Euro zur Verfügung. Der europäische Forschungsraum ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine Möglichkeit, Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Verbund mit anderen Partnern anzugehen. Ziel von EurotransBio ist es, solche Kooperationen über die Grenzen einzelner Länder hinweg zu ermöglichen und die mittelständisch geprägte europäische Biotech-Szene im globalen Wettbewerb zu stärken.

2004 hat Deutschland gemeinsam mit fünf weiteren Ländern erstmals die ERA-NET-Initiative EurotransBio (ETB) ins Leben gerufen. Inzwischen sind neben Deutschland Finnland, Belgien, Niederlande, Spanien, Italien, Israel und Österreich dabei. In den ersten fünf Ausschreibungsrunden wurden 99 Forschungsprojekte transnationaler Konsortien mit einem Gesamtvolumen von 174 Millionen Euro zur Förderung ausgewählt.

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Förderbeispiel: Impfstofftechnologie: Mit Crossbeta auf Verstärker verzichten lernen

Unterstützt werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die dem Bereich der modernen Biotechnologie zuzuordnen sind und eine entscheidende Rolle für die antragstellenden Firmen bei der Positionierung am Markt spielen. Die Verbünde müssen aus mindestens zwei kleinen und mittleren Unternehmen bestehen, die aus unterschiedlichen Partnerländern des EurotransBio-Konsortiums kommen. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen können sich ebenfalls an den Verbundprojekten beteiligen. Projektskizzen können noch bis zum 01. Februar 2011 eingereicht werden. Ansprechpartner für deutsche Verbundkoordinatoren ist der Projektträger Jülich, Geschäftsbereich Bio  (Ansprechpartner: Nicolas Tinois, n.tinois@fz-juelich.de). 

Mehr Infos beim ERA-NET: www.eurotransbio.eu
Mehr Infos beim Projektträger: www.fz-juelich.de/ptj/eurotrans-bio

Verletzte Nervenzellen: Mit Medikamenten gegen den Zelltod

Göttinger Wissenschaftler haben einen neuen Weg gefunden, mit dem sich die Zerstörung von Nervenzellen nach Verletzungen verlangsamen lässt.   

Wie die Forscher vom DFG-Forschungszentrum „Molekularphysiologie des Gehirns“ im Fachmagazin PNAS (2010, Bd. 107, S.6064) schreiben, haben sie bei Ratten einen verstärkten Kalziumionen-Strom als molekularen Auslöser für die zusätzliche Nervenzellschädigung nach einer Verletzung ausgemacht. Nach Ansicht der Biomediziner um Paul Lingor bietet ihre Entdeckung die Möglichkeit, eine fortschreitende Nervenzellschädigung mit Hilfe von Medikamenten zu verlangsamen.

An Sehnerven (hier beim Zebrafisch) haben die Göttinger Forscher untersucht, wieso das Gewebe nach Verletzungen zugrunde geht.Lightbox-Link
An Sehnerven von Ratten (hier beim Zebrafisch) haben die Göttinger Forscher untersucht, wieso das Gewebe nach Verletzungen zugrunde geht.

Verletzungen des Nervensystems, beispielsweise des Rückenmarks, führen in vielen Fällen zu einem schweren Funktionsverlust. Die Ursache dafür liegt im Detail: Oft sind Nervenzellfortsätze, die sogenannten Axone, so stark geschädigt, dass die Erregungsleitung im Rückenmark nicht mehr funktionieren kann. Es ist bekannt, dass in den ersten fünf Stunden nach einer Verwundung des Rückenmarks auch viele an die Verletzungsstelle angrenzende Nervenfasern zerstört werden.

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Förderbeispiel: Neue Gleise für nachwachsende Nerven

News: Forscher erzeugen Stammzellen per RNA-Trick

Ein rascher Anstieg der Kalzium-Konzentration innerhalb der Nervenfasern des verletzten Bereichs wird dafür verantwortlich gemacht. Diese Axone wären aber später unabdingbar für die Wiederherstellung der verletzungsbedingten Funktionsverluste. Lingor und sein Team haben den Sehnerv von Ratten als Modellsystem verwendet, um diese verletzungsbedingten Kalzium-Einströme in die Zelle genauer zu studieren. Sie konnten zeigen, dass in Folge des Kalzium-Einstroms Signale ausgesandt werden, die die Axone sich selbst verdauen lässt. Dieser Prozess der Autophagie führt schließlich zum Absterben dieser Nervenzellfortsätze. Die Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, wie man diese Abbauprozesse über eine Modulation des Kalzium-Spiegels stoppen kann. „Durch die Verwendung von Kalziumkanalblockern konnten wir den Einstrom von Kalzium-Ionen in die Nervenfasern verhindern und so deren frühe Zerstörung unmittelbar nach der Verletzung bremsen,“ sagt Lingor. „Entscheidend ist jedoch, dass diese potenzielle Therapiemethode rasch nach erfolgter Verletzung ansetzen muss. Nur so gelingt es, viele Nervenfortsätze zu retten und Patienten mit einer Rückenmarksverletzung zu helfen,“ so Lingor weiter.

Schwäbische Clusterinitiative will Biomediziner und Ingenieure zusammenbringen

Die schwäbische Clusterinitiative ELSA will künftig die regionalen Kompetenzen aus den Lebenswissenschaften sowie den ingenieursgetrieben Bereichen stärker miteinander verzahnen.

Mit der Projektidee  "Clusterinitiative Engineering - Life Sciences - Automation" ist das regionale Biotech-Netzwerk BioRegion STERN siegreich aus dem Wettbewerb zur Stärkung regionaler Cluster in Baden-Württemberg (RCWII) hervorgegangen. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium hat den Preis zum zweiten Mal vergeben. Nun wird es die interdisziplinäre Clusterinitiative in den nächsten zwei Jahren mit bis zu 200.000 Euro fördern.

Roboter werden im Biotech-Labor der Zukunft viele lästige Aufgaben wie zum Beispiel die Vermehrung der Zellkulturen übernehmen. Lightbox-Link
Roboter und Automaten werden im Biotech-Labor der Zukunft viele lästige Aufgaben wie zum Beispiel die Vermehrung der Zellkulturen übernehmen. Quelle: Fraunhofer IPA
Im Rahmen von ELSA sollen die bestehenden regionalen Netzwerke aus der Life Science-Branche mit denen aus den technologie- und ingenieurgetriebenen Bereichen, also der Automatisierungstechnik, dem Maschinenbau und der Automobilzulieferung, verknüpft werden. Beide Branchen haben in den Regionen Stuttgart und Neckar-Alb bereits profilierte Cluster gebildet. Gemeinsam mit dem Kompetenznetzwerk Mechatronik BW e.V. aus Göppingen, dem Kompetenzwerk Medical Valley Hechingen und dem Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, IPA, wird BioRegio STERN die Anbahnung von Kooperationen der Branchen strategisch initiieren und fördern.

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Förderung: Auftakt zum Strategieprozess: Ideen zur Biotechnologie der Zukunft gefragt

News: Lübeck: Zelltechnologen haben industrielle Anwendungen im Blick

Berührungspunkte sind heute schon vielfältig: Um geeignete Produktkandidaten für den Pharmamarkt entwickeln zu können, kommen häufig Hochdurchsatzverfahren mit Komponenten aus der Automatisierungstechnik zum Einsatz. Auch im Bereich der Zellkulturen besteht ein großer Bedarf an Automatisierung, um geeignete Wirkstoffkandidaten oder Kosmetika zu testen. Auch bei der Fertigung biotechnologischer und medizintechnischer Produkte ist Automatisierung gefragt. In der Regenerativen Medizin sollen zellbasierte Therapien und Produkte gezielt für den einzelnen Patienten entwickelt und hergestellt werden. Damit diese künftig als Standardprodukte in der medizinischen Versorgung eingesetzt werden können, müssen sie für alle Patienten in ausreichenden Mengen und gleich bleibender Qualität zur Verfügung stehen. Kleine Chargen oder gar echte Einzelfertigung wie sie derzeit bei vielen kleinen Biotech-Start-ups Standard sind, kommen daher für viele Unternehmen, die sich langfristig erfolgreich im Markt etablieren wollen, nicht mehr infrage. Zudem müssen Qualitätsstandards eingehalten werden, was vor allem durch den Einsatz automatisierter Verfahren gewährleistet wird.