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Biomarker: microRNA zeigt Bösartigkeit von Lungenkrebs

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Erinnert ein wenig an ein Gemälde von Gustav Klimt: Nicht-kleinzelliger Lungentumor unter dem Mikroskop. Quelle: DKFZ

04.10.2010  - 

Ein Krebstumor ist besonders dann gefährlich, wenn er Metastasen bildet und sich damit in weiteren Geweben ausbreitet. Die Neigung des Tumors, Metastasen auszubilden, kann sich von Fall zu Fall unterscheiden. Äußerlich ist das für den Arzt jedoch nicht zu erkennen. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Universitätsmedizin Mannheim haben das Problem nun zumindest bei Lungenkrebs gelöst. Offenbar ist die Häufigkeit von bestimmten microRNAs in den Zellen des Tumors ein möglicher Indikator für die Metastasengefahr, berichten die Forscher im Fachblatt Molecular Cancer Research (September 2010, Ausg. 8, S. 1207).



 

Wenn eine Zelle im Körper entartet und sich unkontrolliert teilt, ist das ein Problem. Es bildet sich ein Tumor, der anderes Gewebe verdrängt und oft wichtige Vitalfunktionen beeinträchtigt. Doch nach wie vor ist die Entartung begrenzt und kann deshalb in vielen Fällen operativ entfernt werden. Wird alles Tumorgewebe erfolgreich wegoperiert, ist eine vollständige Heilung möglich. Viel schwieriger für den behandelnden Arzt und viel gefährlicher für den Patienten wird es, wenn der Tumor Metastasen bildet. Über Lymph- oder Blutbahnen wandern Tumorzellen dann in andere Gewebe ein und wachsen dort zu Satellitentumoren heran.

Damit Krebszellen auf Wanderschaft gehen können, müssen sie sich innerlich verändern. Die Aktivität mehrerer Gene wird umprogrammiert und dadurch die Produktion von Proteinen, welche die Zellen im Gewebeverband verankern, gedrosselt. Dagegen steigt die Menge an Oberflächenmarkern, die der Krebszelle Beweglichkeit verleihen. Wenn sich diese Vorgänge nachweisen lassen würden, wäre ein Indikator für die Gefährlichkeit von Tumoren gefunden.

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Ultrakurze RNA-Moleküle

Ein Kandidat für einen derartigen Biomarker sind microRNAs. Diese ultrakurzen RNA-Moleküle, die aus nur etwa 23 Bausteinen bestehen, sind den Molekularbiologen noch gar nicht so lange bekannt. 1993 wurden sie zum ersten Mal beschrieben, 2001 erhielten sie ihren heutigen Namen. Ihre große Bedeutung für die Genregulation wurde erst in den vergangenen Jahren deutlich. Demnach sind microRNAs in der Lage, sich an ihre Verwandten, die Boten-RNAs, zu heften. Boten-RNAs transportieren die Bauanleitung für Proteine vom DNA-Strang zum den Proteinfabriken, den Ribosomen. Indem sich die microRNAs an die Boten-RNAs anheften, werden diese nutzlos. Der Auftrag zur Herstellung des betreffenden Proteins ist storniert. Auch in Krebszellen funktioniert dieser Mechanismus. Nicht immer zum Guten, vermuten die Krebsforscher. „Wir glauben, dass die microRNAs auch eine wichtige Rolle bei der Metastasierung spielen und die Zellen zu bösartigem Wachstum programmieren“, sagt Heike Allgayer. Die erfahrene Expertin für zelluläre Vorgänge leitet eine Klinische Kooperationseinheit des Deutschen Krebsforschungszentrums und der Universitätsmedizin Mannheim. 2009 schon fand sie einen Indikator, mit dem der Therapieerfolg eines Krebs-Antikörpers des Darmstädter Unternehmens Merck beim Einsatz von Lungenkrebs angezeigt werden kann (mehr...).

In verschiedenen Zelllinien von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs untersuchten sie und ihr Team nun in einer internationalen Kooperation mit Forschern in Turin einen besonders verdächtigen Kandidaten, genannt miR-200c, auf seine Rolle beim bösartigen Wachstum. Dazu beobachteten sie Tumorzellen, die in Petrischalen heranwachsen. Ihre Vermutung bestätigte sich. Je weniger miR-200c eine Zellkolonie bildet, desto beweglicher ist sie und desto weiter wandert sie in umgebendes Gewebe ein – die Forscher bezeichnen dies als Invasionsfähigkeit. Wurden die Krebszellen experimentell mit zusätzlicher miR-200c ausgestattet, so stieg die Menge der gewebeverankernden Moleküle auf ihrer Oberfläche, und die Invasionsfähigkeit ging zurück. Im Tierexperiment bildeten diese Zellen weniger Metastasen aus.

Tumorzellen mit miR-200c lassen sich besser abtöten

Eine gefürchtete Eigenschaft von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs ist die Resistenz gegen Chemotherapie sowie gegen zielgerichtete Krebsmedikamente. Auch dabei scheint ein Mangel an miR-200c eine Rolle zu spielen: Nachdem therapieresistente Lungenkrebs-Zelllinien experimentell mit miR-200c ausgestattet wurden, ließen sie sich durch das Chemotherapeutikum Cisplatin abtöten und reagierten auf Cetuximab, ein Antikörper-Medikament, das Wachstumssignale abblockt. Allgayers Team entdeckte darüber hinaus, wie es in den Krebszellen zum Verlust von miR-200c kommt: In den hochaggressiven Zellen sind die miR-200c-Gene durch chemische Markierungen mit Methylgruppen abgeschaltet. Medikamente, die diese Markierung rückgängig machen, kurbelten die Produktion von miR-200c wieder an.

Dass miR-200c nicht nur in der Kulturschale eine Rolle spielt, erkannten die Wissenschaftler, als sie die Tumorzellen von 69 Lungenkrebspatienten untersuchten: Sie bestimmten die miR-200c-Mengen und stellten die Werte den Krankheitsdaten der Krebspatienten gegenüber. Je niedriger der miR-200c-Spiegel in den Krebszellen war, desto häufiger war der Krebs bereits metastasiert. „Unsere Ergebnisse zeigen ganz klar einen Zusammenhang zwischen dem Verlust von miR-200c und dem Übergang zu aggressivem, invasivem Wachstum, Metastasenbildung und Chemoresistenz“, fasst Heike Allgayer zusammen. „Daher wollen wir nun prüfen, ob sich die miR-200c-Produktion in Krebszellen zur Vorhersage von Metastasen und damit als Prognosefaktor für den Verlauf einer Lungenkrebserkrankung eignet. Möglicherweise lässt sich auch die Wirksamkeit bestimmter Medikamente anhand des miR-200c-Spiegels besser voraussagen.“

 

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