Verdächtiges Bakterium in der Kuhmilch erkennen
03.08.2010 -
Der Erreger mit dem langen Namen Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (MAP) löst bei Rindern die gefürchtete Paratuberkulose aus. Seit längerem vermuten Forscher, dass MAP aber auch auf den Menschen übergehen kann und dort vielleicht die chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn unterstützt oder sogar auslöst. Was es mit MAP genau auf sich hat, untersucht der ZooMAP-Verbund. Sechs Arbeitsgruppen aus der Immunologie sowie der Tier- und Humanmedizin nehmen MAP unter die Lupe. In Gießen beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Vorkommen des Erregers in Milch. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gerade bis 2013 verlängert.
Die Paratuberkulose, auch “Johne’sche Krankheit” genannt, ist bei Rinderzüchtern weltweit gefürchtet. Die Infektionskrankheit ist unheilbar und führt zu verminderter Milchleistung und Abmagerung der Tiere. Paratuberkulose wird oft erst spät diagnostiziert, da infizierte Tiere lange Zeit keine Krankheitssymptome zeigen. Kälber im ersten Lebensjahr sind besonders anfällig. Auslöser der Krankheit ist das Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis, kurz MAP genannt.
MAP könnte Morbus Crohn mitverursachen
MAP ist aber nicht nur im Visier der Tierärzte, sondern beschäftigt zunehmend auch die Humanmedizin. Das Bakterium steht im dringenden Verdacht, auch im Menschen wirksam zu sein, also zur Gruppe der Zoonosen zu gehören, Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen überspringen. Dort soll es nach der Vermutung einiger Forscher an der Entstehung von Morbus Crohn beteiligt sein, oder zumindest dafür sorgen, dass die Entzündung im Darm nicht mehr abflaut.
ZooMAP |
Seit 2007 arbeiten mit Unterstützung des BMBF sechs Forschergruppen aus unterschiedlichen Disziplinen daran, den Paratuberkulose-Erreger MAP zu klassifizieren und seine Wirkung im Menschen zu bestimmen. zum Verbund: hier klicken |
In Deutschland gründete sich schon im Jahr 2007 ein Forschungsverbund, in dem Wissenschaftler aus der Immunologie, der Tier und der Humanmedizin zusammenarbeiten. Sechs Arbeitsgruppen befassen sich innerhalb des ZooMAP-Verbunds „Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis – von der Johne'schen Krankheit zum Morbus Crohn“ mit der Erfassung der unterschiedlichen Erscheinungsformen von MAP und ihrer krankheitserregenden Bedeutung, mit der Bedeutung von MAP beim Kolorektalkrebs des Menschen, mit der Verbesserung der MAP-Diagnostik, der molekularen Typisierung von MAP-Isolaten und schließlich der Entwicklung eines Mausmodells. Die Erkenntnisse sollen zur besseren Risikoabschätzung der noch ungeklärten und regional unterschiedlichen Bedeutung von MAP beim Morbus Crohn des Menschen beitragen.
Über die Milch gelangt MAP vielleicht in den Körper
Die Forscher um Michael Bülte und Elke Roeb an der Universität Gießen haben innerhalb von ZooMAP eine besondere Aufgabe. Sie beschäftigen sich mit dem Vorkommen von MAP in Milch. Das ist bedeutsam, weil der Konsum von Milch möglicherweise ein Weg ist, wie MAP in den menschlichen Körper kommt. In einer Verlängerung des Projekts bis 2013 hat das BMBF für diese Forschungsarbeiten jetzt 358.000 Euro bereitgestellt.
1998 wurde der Erreger der Paratuberkulose in Großbritannien zum ersten Mal in pasteurisierter Milch nachgewiesen. Seitdem suchen Forscher nach einer Methode, um den Gehalt an lebensfähigen Bakterien in Milch und Milchprodukten zu messen. Bei der Pasteurisierung werden viele Bakterien unschädlich gemacht, aber eben nicht alle. Bisher gibt es noch keine gängige Methode, um die toten von den lebenden Kulturen zu unterscheiden. MAP-Bakterien sind nämlich nicht ohne Weiteres zu kultivieren, weshalb die üblichen Rezepte nicht anwendbar sind.
Zoonosen.net |
Auf der Webseite finden sich Terminhinweise auf Kongresse und Veranstaltungen, den Förderschwerpunkt Zoonotische Infektionskrankheiten des BMBF sowie Nachrichten und Interviews zu aktuellen Themen. |
In Gießen wird an einem zuverlässigen Verfahren für den quantitativen MAP-Nachweis in Rohmilch (Tankmilchproben), hitzebehandelter Milch und Milchprodukten gearbeitet. Außerdem soll ein Anzüchtungsverfahren entwickelt werden, dass auch den Nachweis kleiner Mengen erlaubt. Die letzte Aufgabe schließlich ist eine Methode für die Unterscheidung von lebenden und toten MAP-Zellen mit Hilfe der Real Time-PCR. Dabei wird die Bakterien-DNA aus einer Probe mit Hilfe eines Enzyms vervielfältigt. Aus dem Ergebnis können die Forscher Rückschlüsse darauf ziehen, wie viele Bakterien in der Probe vorhanden waren. Alle neuen methodischen Ansätze werden auf ihre Patentwürdigkeit mit dem Ziel der späteren Kommerzialisierung geprüft.
Informationsplattform für Zoonosen
Mit mehreren Forschungsverbünden will das BMBF die in Deutschland vorhandenen Kompetenzen aus Human- und Veterinärmedizin zu zoonotischen Infektionskrankheiten bündeln. Die Arbeit der Verbünde konzentriert sich vor allem darauf, die Übertragung relevanter zoonotischer Erreger vom Tier auf den Menschen zu erforschen.
Um den Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse zwischen Veterinär- und Humanmedizinern zu erleichtern und zu intensivieren, hat das BMBF zudem im Internet die "Nationale Forschungsplattform für Zoonosen" eingerichtet. Die Plattform ist ein Informations- und Servicenetzwerk, um alle Forschungsinstitutionen zu bündeln, die aktiv im Bereich der zoonotischen Infektionskrankheiten in Deutschland arbeiten. Zudem dient die Plattform, die unter www.zoonosen.net erreichbar ist, als Informationsstelle für die Öffentlichkeit.