Wochenrückblick KW 20

25.05.2010

Protein wirkt als Dünger für nachwachsende Hirnzellen

 Münchneer Stammzellforscher haben nach eigenen Angaben einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Behandlung von Alzheimer und Schlaganfällen geschafft.

Dem Team um Leibniz-Preisträgerin Magdalena Götz vom Helmholtz Zentrum und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) gelang es, Stützzellen des Gehirns in zwei verschiedene Klassen von funktionsfähigen Nervenzellen (Neuronen) umzuwandeln.

Nervenzellen (grün) werden nach Expression des Transkriptionsfaktors Neurogenin2 aus Gliazellen gebildet. Die Kerne aller Zellen sind in blau dargestellt. Lightbox-Link
Nervenzellen (grün) werden nach Expression des Transkriptionsfaktors Neurogenin2 aus Gliazellen gebildet. Die Kerne aller Zellen sind in blau dargestellt. Quelle: Helmholtz Zentrum München

Die Forscher berichten in der Fachzeitschrift PLoS Biology (18. Mai 2010, Online-Veröffentlichung) über die Ergebnisse ihrer Arbeit. Die Stammzell-Neurobiologen beschäftigen sich mit Gliazellen im Gehirn. Die wichtigsten sind die sogenannten Astroglia, benannt nach ihrer sternförmigen Gestalt. Während Forscher früher vermuteten, diese Zellen würden lediglich ein Stützskelett und die Nährstoffversorgung für die Neuronen bilden, kristallisierte sich in den letzten Jahren heraus, dass sie auch wichtige andere Funktionen besitzten: Sie verwandeln sich bei Bedarf in Nervenzellen. Genau diese Verwandlung haben die Forscher um Götz nun im Labor künstlich ausgelöst: Die Wissenschaftler schleusten mithilfe von Viren in die Hirnzellen von Mäusen einzelne Steuer-Proteine ein, die das Ablesen der Erbsubstanz regulieren - sogenannte Transkriptionsfaktoren. Der Faktor Neurogin 2 regte die Bildung von erregenden Neuronen an, der Faktor Dlx2 wandelte die Stützzellen (Astroglia-Zellen) in hemmende Neuronen um.

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News: Nachschub bei Alzheimer: Gehirn bildet neue Nervenzellen

Förderung: Drei Biowissenschaftler mit Leibniz-Preis der DFG ausgezeichnet

 Das Verfahren funktionierte nicht nur mit Hirnzellen sehr junger Tiere, sondern auch mit denen erwachsener, so Magdalena Götz. Sie leitet das Institut für Stammzellforschung am Helmholtz Zentrum und ist Inhaberin des Lehrstuhls für Physiologische Genomik an der LMU.

„Mit der aktuellen Untersuchung ist es uns gelungen, die neu geschaffenen Neuronen so weitreichend umzuprogrammieren, dass sie nun auch funktionierende Synapsen ausbilden können“, erläutert Co-Autor Benedikt Berninger. „Unsere Ergebnisse nähren die Hoffnung, dass die Barriere, die die eng verwandten Zellen Astroglia und Neurone trennt, nicht unüberwindbar ist.“ Die Resultate ihrer Arbeit seien ein wichtiger Schritt auf dem Weg, neue Nervenzellen zu gewinnen und dadurch Therapien für Erkrankungen wie Alzheimer zu finden, teilten die Forscher mit. Doch noch sei unklar, ob sich die Ergebnisse ohne weiteres von der Maus auf den Menschen übertragen lassen.

DFG fördert acht neue Sonderforschungsbereiche in den Biowissenschaften

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zum 1. Juli 2010 zwölf weitere Sonderforschungsbereiche (SFB) ein, allein acht davon im Gebiet der Lebenswissenschaften. Dies beschloss jetzt der zuständige Bewilligungsausschuss auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn. Die neuen SFB werden mit insgesamt 112 Millionen Euro zunächst vier Jahre lang gefördert:

Die acht SFB aus den Lebenswissenschaften im Einzelnen:  

  • Der SFB/TRR 84 „Angeborene Immunität der Lunge: Mechanismen des Pathogenangriffs und der Wirtsabwehr in der Pneumonie“ will molekulare Abläufe von Entzündungen und Abwehrreaktionen erforschen und so Wege für neue Therapiestrategien abseits der bekannten Antibiotika ebnen. (Sprecherhochschule: HU und FU Berlin als Trägerinnen der Charité – Universitätsmedizin Berlin)
  • Die genauen Mechanismen der Sinneswahrnehmung bei Wirbeltieren sind der Untersuchungsgegenstand des SFB 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“. Mit einer systemorientierten neurowissenschaftlichen Strategie sollen wesentliche Aspekte der sensorischen Verarbeitung erforscht werden. (Sprecherhochschule: Ruhr-Universität Bochum)
  • Ein umfassendes materialwissenschaftliches Konzept für neuartige Implantate ist das langfristige Ziel des SFB/TRR 79 „Werkstoffe für die Geweberegeneration im systemisch erkrankten Knochen“. Mit ihm soll die lokale Bildung eines stabilen Knochenersatzes bei Osteoporose und Krebserkrankungen ermöglicht werden. (Justus-Liebig-Universität Gießen)
  • Um das Verständnis der molekularen Funktion des Chromatins geht es dem deutsch-niederländischen SFB/TRR 81 „Chromatin Changes in Differentiation and Malignancies“. Er setzt sich zum Ziel, die Rolle von Chromatin-Veränderungen bei normalen Zellveränderungen und bei der Entwicklung von bösartigen Tumoren zu untersuchen. (Justus-Liebig-Universität Gießen)
  • Der SFB 860 „Integrative Strukturbiologie dynamischer makromolekularer Komplexe“ will die Dynamik von makromolekularen  Komplexen auf Grundlage ihrer dreidimensionalen Strukturen, der Veränderungen der Zusammensetzung und Konformation, der Interaktion mit anderen biologischen Großmolekülen sowie den Veränderungen bezüglich der räumlichen und zeitlichen Lokalisierung in der Zelle untersuchen. (Georg-August-Universität Göttingen)
  • Der SFB 900 „Chronische Infektionen: Mikrobielle Persistenz und ihre Kontrolle“ widmet sich der Frage, auf welche Weise bestimmte Bakterien und Viren ihr langfristiges Überleben auf dem Wirt bewerkstelligen. Langfristig sollen damit neue therapeutische Angriffspunkte gefunden werden. (Medizinische Hochschule Hannover)
  • Die Entschlüsselung molekularer Steuerungsmechanismen von Selbsterneuerung und Differenzierung adulter Stammzellen ist das übergeordnete Ziel des SFB 873 „Maintenance and Differentiation of Stem Cells in Development und Disease“. Hierfür werden die Kontrollmechanismen der Selbsterneuerung in verschiedenen Modellsystemen untersucht.(Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)
  • Der SFB 877 „Proteolyse als regulatorisches Ereignis in der Pathophysiologie“ beschäftigt sich mit Signalwegen im Zellinneren und zwischen Zellen, die durch die irreversible Spaltung von Proteinen ausgelöst werden. Die Erforschung dieser Spaltungsvorgänge soll weiter aufklären, wie diese Vorgänge an der Entstehung von Krankheiten und Entzündungen beteiligt sind, um mit diesen Kenntnissen neue Therapien zu entwickeln. (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)

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Epigenetische Schalter lähmen Lernvermögen im Alter

Göttinger Neurowissenschaftler haben in Gehirnzellen von Mäusen entdeckt, warum das Lernvermögen mit zunehmenden Alter immer weiter abnimmt.

Wie die Forscher um André Fischer(zu seinem Profil: hier klicken) vom European Neuroscience Institut im Fachjournal Science (Mai 2010, Bd. 328. S. 753 ) berichten, werden bestimmte Gene im Erbgut von Nervenzellen bei älteren Mäusen zunehmend dichter verpackt, so dass sie nicht mehr abgelesen werden können. Die Forscher haben besonders die Epigenetik von Nervenzellen aus dem Hippocampus untersucht.  Diese Hirnregion ist für Lernprozesse wesentlich. Zudem ist der Hippocampus die Hirnregion, die bei der Alzheimerdemenz als erste geschädigt wird. Während bei jungen Mäuse nach dem  Absolvieren von Lernaufgaben über 1.500 hippocampale Gene angeschaltet waren, lag die Zahl bei den alternden Mäusen von 16 Monaten bei nahezu "Null". Dabei haben die Forscher besonders Veränderungen der sogenannten Histonproteine beobachtet. Um diese Eiweiße ist das Erbmolekül DNA wie bei einer Kabeltrommel gewickelt. Je dichter diese Verpackung, umso weniger Gene können abgelesen werden.

Mit Hilfe eines modernen Sequenzierverfahrens gelang den Forschern nun der Blick auf Veränderungen an den Histonen und mögliche Unterschiede bei jungen und alternden Mäusen. Hier fanden sie den "Schalter", der die Lern-Gene in der alternden Maus abschaltet: "Das Histonprotein 4, das normalerweise über eine Acetyl-Gruppe an Position 12 verfügt, ist dereguliert. "Diese eine Veränderung hat bewirkt, dass keine Lern-Gene mehr aktiviert werden können. .

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Menschen: André Fischer-Hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge

News: Weltweites 1000-Epigenome-Konsortium formiert sich

Förderbeispiel: Darmkrebs erkennen, bevor er entsteht

Unsere Forschungsergebnisse zeigen erstmals, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen epigenetischen Mechanismen und dem Verlust an Lernfähigkeit im Alter gibt", sagt Dr. André Fischer, der 2007 mit dem begehrten European Young Investigator Award ausgezeichnet wurde. Den Forschern zufolge eröffnen die neuen  Erkenntnisse einen Weg für Behandlungsmöglichkeiten von neurodegenerativen Erkrankungen wie die Alzheimer-Demenz. "Wenn wir einen solchen Schalter wie H4K12 kennen, können wir uns gezielt auf die Suche nach Substanzen machen, um ihn wieder anzuschalten”, so Fischer. In früheren Studien haben die Forscher dafür bereits Erkenntnisse gewonnen. Danach lässt sich die Histonacytelierung auf künstliche Weise durch die Gabe von so genannten HDAC-Inhibitoren erreichen.

Viele Arbeiten weltweit haben bestätigt, dass die Veränderung der  Histonacetylierung, z.B. durch HDAC Inhibitoren, eine gute Strategie zur Behandlung von Altersdemenz oder Alzheimer darstellt. "Um Patienten zu behandeln, fehlen uns noch spezifische, sehr gezielt einsetzbare Wirkstoffe. Die derzeitigen HDAC-Inhibitoren sind unspezifisch und wirken nur grob in die richtige Richtung. Sie sind aber nicht geeignet, um die Acetylierung an nur einer bestimmten Position zu erreichen", so Fischer

Neues Verfahren für personalisierte Immuntherapie gegen Krebs

Heidelberger Krebsforscher haben eine neues Verfahren entwickelt, mit dem die Entwicklung von maßgeschneiderten Impfstoffen gegen Krebs verbessert werden kann.

Wie die Forscher im Journal of Clinical Investigations (Mai 2010, Online-Vorabveröffentlichung) berichten, hilft die neue Methode zu bestimmen, gegen welchen typischen Merkmale der Krebszellen sich die körpereigene Immunabwehr eines Patienten richtet.

Rasterelektronische Aufnahme von Immunzellen. Neuartige Therapien nutzen sie für die Krebsbekämpfung.Lightbox-Link
Rasterelektronische Aufnahme von Immunzellen. Neuartige Therapien nutzen sie für die Krebsbekämpfung.Quelle: DKFZ Heidelberg

Wissenschaftler entwickeln immer ausgefeiltere Methoden, um das körpereigene Abwehrsystem beim Kampf gegen den Krebs zu unterstützen. Doch Patienten, die an der gleichen Krebsart leiden, haben unterschiedliche Repertoires an Abwehrzellen. Daher setzen Ärzte bei Immuntherapien auf personalisierte Ansätze: Dem Patienten werden Abwehrzellen entnommen und in der Kulturschale mit ihren als Antigen bezeichneten Tumorproteinen gegen den Krebs aktiviert. Anschließend werden die aktivierten Zellen dem Patienten wieder gespritzt, um den Kampf gegen Tumorzellen effektiver aufnehmen zu können.
Dazu müssen die Ärzte erst einmal wissen, gegen welche Proteinmerkmale des Tumors die Abwehrzellen des einzelnen Patienten gerichtet sind. Um das herauszufinden, erprobten die Arbeitsgruppen von Christel Herold-Mende von der Universitätsklinik Heidelberg und Philipp Beckhove aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) die neue Methode:

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Durch die Kombination zweier chromatographischer Verfahren trennten die Forscher zunächst das gesamte Proteingemisch aus einer Tumorgewebeprobe in Einzelkomponenten auf. Anschließend wurden die einzelnen Proteinbestandteile in der Kulturschale daraufhin untersucht, ob sie aus dem Blut gewonnene Abwehrzellen des Patienten aktivieren können.
Mit dem neuen Verfahren identifizierten die Heidelberger Wissenschaftler in einem bösartigen Hirntumor mehrere Proteine, die bisher noch nicht als Tumorantigene bekannt waren, als mögliche Ziele einer Immunantwort gegen den Krebs. Überraschend für die Forscher war, dass zwei der neu entdeckten Antigene nicht nur von den Hirntumorzellen selbst gebildet werden, sondern auch vom Gewebe, das den Tumor umgibt und das mit den Krebszellen in enger Wechselwirkung steht (das Stroma). „Der Tumor ist von seiner Umgebung abhängig. Treffen wir das Stroma, geht auch der Krebs zugrunde – ein ganz neuer Ansatz in der Krebstherapie“, sagt Philipp Beckhove.
Christel Herold-Mende sieht zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für das neue Protein-Trennverfahren. Es ist schneller und kostengünstiger als bereits verfügbare Methoden und isoliert im selben Testdurchgang auch die Antigene des Tumor-Stromas. Wichtig für den klinischen Einsatz ist auch, dass es Tumorantigene für die verschiedenen Klassen von Immunzellen zutage fördert.

Springende Gene schalten Ratten-Erbanlagen stabil aus

Berliner Molekularbiologen haben einen Weg gefunden, mit dem sich Gene von Ratten gezielt ausschalten lassen.

Die Knockout-Technik, mit der sich Gene gezielt ausschalten lassen, um deren Funktion untersuchen zu können, beherrschten Forscher bisher nur bei Mäusen. Das Rattenerbgut erwies sich für diesen Ansatz lange als harte Nuss für die Molekularbiologen. Nun haben Berliner Forscher vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC) mit Hilfe von „springenden Genen“ eine neue Methode entwickelt, die auch die Erzeugung von „Knock-out“-Ratten ermöglicht. Die Forscher beschreiben ihre Technik im Fachblatt Nature Methods (16. Mai 2010, Online-Vorabveröffentlichung).

Ratten gehören in der Forschung zu den wichtigsten Versuchstieren. Sie sind für die Erforschung einiger Erkrankungen des Menschen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, besser geeignet als Mäuse. Zum einen sind sie größer, zum anderen lassen sich bestimmte physiologische Fragestellungen besser an ihnen untersuchen.

Mit dem Transposon Dornröschen haben es Forscher geschafft, auch in Ratten einzelne Gene gezielt außer Funktion zu setzen.Lightbox-Link
Mit dem Transposon Dornröschen haben es Forscher geschafft, auch in Ratten einzelne Gene gezielt außer Funktion zu setzen.Quelle: Transposagenbio/ Wikimedia
Hinzu kommt, dass fast jedes getestete Medikament während der Entwicklungsphase auch an Ratten untersucht wird. Doch eine der wichtigsten Methoden der modernen Forschung funktionierte bisher bei ihnen nicht: das Gene-Targeting. Seit den achtziger Jahren nutzen Forscher diese Methode, um bestimmte Gene in Mäusen gezielt auszuschalten und die Veränderungen im Genom so zu verankern, das sie von Generation zu Generation weitervererbt werden. Solche Knock-out-Mäuse dienen als Modell für die Entwicklungsbiologie sowie für Erkrankungen wie beispielsweise Krebs oder neurodegenerative Leiden. Forscher können auf diese Weise die Funktion einzelner Gene und die Ursachen von Krankheiten identifizieren.  

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Wochenrückblick: Hüpfendes Gen zum Molekül des Jahres 2009 gekürt

News: Springende Gene als molekulares Werkzeug

Doch das Rattengenom auf ähnliche Weise zu verändern erwies sich bisher als zu schwierig.

Jetzt haben Zsuzsanna Izsvák und Zoltán Ivics vom Max-Delbrück- Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch zusammen mit F. Kent Hamra von der Southwestern University im texanischen Dallas nach einer alternativen Methode gesucht, um doch noch Knock-out-Ratten zu entwickeln. Dazu nutzten sie das springende Gen namens „Dornröschen“. Springende Gene oder Transposons haben die Eigenschaft, sich spontan und an einen zufälligen Ort in ein Genom einzuschleusen. Beim Hineinhüpfen in das Erbgut verändern sie oft die ursprüngliche Abfolge der Nukleotide eines Gens, so dass dieses oft nicht mehr funktionsfähig ist. Das von den Forschern benutzte Transposon „Dornröschen“ bringt sich  nur ein einziges Mal in ein Genom ein, was für die Forscher sehr wichtig ist.  Die Wissenschaftler fügten das Transposon in das Erbgut von Spermienvorläuferzellen von Ratten ein und implantierten diese veränderten Vorläuferzellen dann anderen männlichen Ratten, wo sie sich zu Samenzellen entwickelten. Die Nachkommen dieser Ratten wiesen tatsächlich den gewünschten „Knock-out“ auf.
„Mit der Transposon-Mutagenese steht eine alternative und erfolgreiche Technologie zu Verfügung, um Knock-out-Ratten für die medizinische Forschung zu erhalten“, sagt Ivics. „Wir können nun endlich systematisch genetische Studien im Ratten-Modell durchführen“, so Ivics.

Verwandtschaftsanalyse offenbart krankmachende Strategien von Pneumokokken

Mikrobiologen der TU Kaiserslautern haben herausgefunden, wie sich das Erbgut von gefährlichen Pneumokokken von harmlosen Verwandten unterscheidet.

Dazu haben die Forscher von der Arbeitsgruppe Mikrobiologie um Regine Hakenbeck das Genom der Mikrobe namens Streptococcus mitis  B6 komplett entschlüsselt.

So sehen Streptococcen unter dem Rasterelektronenmikroskop aus. Manche Arten gehören zu gefährlichen Krankheitserregern, andere sind harmlose Mitbewohner des Menschen.Lightbox-Link
So sehen Streptococcen unter dem Rasterelektronenmikroskop aus. Manche Arten gehören zu gefährlichen Krankheitserregern, andere sind harmlose Mitbewohner des Menschen.
Die Forscher berichten im Fachmagazin PLoS ONE (Online-Veröffentlichung, 2010) von ihren Analysen. Die Kaiserslauterer Forscher beschäftigen sich mit der Bakteriengruppe der Streptokokken. Es gibt mehrere Arten von Streptokokken. Einige sind für den Menschen harmlos, andere aber, wie die Pneumokokken, lösen gefährliche Krankheiten aus, etwa Lungen- oder Hirnhautentzündung. Zu den Hauptübeltätern zählt Streptococcus pneumonia.

Bei ihren Analysen haben die Wissenschaftler um Regine Hakenbeck zunächst das Genom des harmlosen Erregers Streptococcus mitis entschlüsselt, einem der nächsten Verwandten von Pneumokokken. Die Erbinformation haben sie dann mit der der gefährlichen Pneumokokken verglichen. Es zeigte sich, dass sich die beiden Erreger genetisch sehr ähnlich sind und sich nur in wenigen Merkmalen unterscheiden. Diese wenigen Gene aber haben es in sich, denn sie führen zur Bildung bestimmter Eiweiße, die auf der Oberfläche von Pneumokokken vorkommen. Diese Eiweiße machen die  Bakterien zu Krankheitserregern. Sie haben spezielle Zuckerstrukturen, die es Pneumokokken ermöglichen, sich in menschlichen Zellen zu vermehren und zu überleben. Die Zucker umhüllen die Bakterien mit einer Kapsel und schützen sie so vor Angriffen des Immunsystems.

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Förderbeispiel: Neue Wirtsorganismen für die Biotechnologie

Wochenrückblick: Fünf neue Gene für Lungenfunktion aufgespürt

Das Genom von S. mitis liefert reichlich Hinweise für die Bedeutung des Gentransfers zwischen den Bakterien. Die Eigenschaft, Gene aufzunehmen und in das eigene Genom einzubauen sind wichtig, um etwa die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verstehen.  Die neue Studie bringt auch neue Erkenntnisse zur Evolution der Streptokokken. Krankheitskeime waren nicht immer gefährlich. Wissenschaftler sind sich einig, dass Bakterien erst im Laufe ihrer Entwicklung die krankmachenden Gene erworben haben. Das brachte ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren harmlosen Verwandten. So vermehren sie sich viel stärker, indem sie menschliche Zellen infizieren und überleben auch besser, da sie vom Immunsystem nicht erkannt werden.

Die Studie ist Teil des Verbundprojekts „Pathogenomics and PathoGenoMik-Plus“ , das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Ziel dieses Verbunds ist es, pathogenetische Aktivitäten der Bakterien besser erklären zu können.