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Wie die Blätter Dampf ablassen

Mikroskopisch kleine Ventile an der Blattunterseite regeln bei Pflanzen den Gas- und Wasseraustausch. Die Schließzellen arbeiten wie winzige Schwimmreifen. Sie werden durch ein Stresshormon und Ionenströme reguliert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Mikroskopisch kleine Ventile an der Blattunterseite regeln bei Pflanzen den Gas- und Wasseraustausch. Die Schließzellen arbeiten wie winzige Schwimmreifen. Sie werden durch ein Stresshormon und Ionenströme reguliert. Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg

15.04.2010  - 

Ein fortwährender Wasserstrom in ihren Gefäßen ist für eine Pflanze überlebenswichtig. Damit er nicht abreißt, müssen alle Pflanzen Wasser kontrolliert über ihre Blätter verdunsten lassen. Noch dazu entsteht bei der Photosynthese Wasser als Abfallprodukt. Über verschließbare Spaltöffnungen an der Blattunterseite gelangt der Nebel nach außen. Wie die Ventile funktionieren, haben nun Forscher der Universität Würzburg im Detail aufgeklärt. Wie sie im Fachjournal PNAS (12. April 2010, Online-Vorabveröffentlichung) berichten, sind sie einem Anionen-Kanal und weiteren Komponenten einer Signalkette in den Blattzellen auf die Spur gekommen. Bei ihren Experimenten leisteten ihnen Froscheier wertvolle Dienste.

Die Unterseite von Blättern ist in regelmäßigen Abständen mit Spaltöffnungen (Stomata) übersät. Sie sind als steuerbare Ventile für den Wasseraustausch zuständig. Dabei sind die paarweise angeordneten Schließzellen die Wächter über die Wasserdampfabgabe. Die Zellen funktionieren wie ein kreisrunder Schwimmreifen: Sind sie prall mit Wasser gefüllt, öffnet sich der Spalt. Sind sie weitgehend leer, legen sich die Zellen eng zusammen und die Öffnung wird verschlossen. Die Pflanze behält den Wasserdampf im Inneren und ist so vor dem Austrocknen geschützt.

Stresshormone und Calcium steuern den Wasseraustausch

Wie die Öffnungsmechanik der Spaltöffnungen funktioniert, haben Pflanzenforscher schon recht gut verstanden. Sie interessieren sich vielmehr für die genauen Kommunikationsschritte und Signale, mit denen die Pflanze die Schließzellen steuert und in Bewegung setzt. Dieses Wissen ist auch wichtig, um langfristig neue Nutzpflanzen zu züchten, die mit anhaltender Trockenheit zurechtkommen.

Wie dieser Prozess auf molekularer Ebene abläuft, untersuchen Dietmar Geiger und Rainer Hedrich von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg schon seit vielen Jahren. "Bei Trockenheit bilden Pflanzen ein so genanntes Trockenstresshormon, das die Schließzellpaare über eine Reaktionskette, an der auch Calcium beteiligt ist, dazu bringt, zu erschlaffen", erklärt Geiger.

In vorangegangenen Studien haben die Forscher bereits bestimmte Ionenkanäle aufgespürt, die diesen Prozess in den Schließzellen fein abstimmen (mehr...).  Völlig unklar war aber bislang, welche Enzyme dafür sorgen, dass sich dieser Kanal öffnet, damit Anionen hindurchströmen können. Die Forscher hatten dazu 34 Enzyme als mögliche Kandidaten auf ihrer Liste eingekreist.

Kanalforschung im Krallenfrosch-Ei

Für ihre Experimente griffen die Wissenschaftler auf einen Trick zurück, den Rainer Hedrich vor gut zehn Jahren etabliert hat, um Ionenkanäle außerhalb von Pflanzenzellen untersuchen zu können. Dazu verwenden die Forscher tierische Zellen: Die großen Eier des Krallenfroschs. Sie sind ausgezeichnete Protein-Fabriken. Spritzt man den genetischen Bauplan für einen Ionenkanal in diese Eier hinein, so produzieren sie die passenden Eiweiße und bauen sie sogar in ihre Zellmembran ein. Die Würzburger Biophysiker verwendeten für ihre Suche nach dem richtigen Enzym noch einen weiteren Trick: "Wir haben das Gen für den Schließzell-Anionenkanal an eine Hälfte des Gens für das Gelb-Fluoreszierende-Protein gekoppelt. Die andere Hälfte knüpften wir dann nacheinander an jedes der 34 in Frage kommenden Enzymgene", erklärt Dietmar Geiger. Das in zwei Hälften aufgeteilte Gelb-Fluoreszierende-Protein fungierte als molekulare Laterne: Im Experiment leuchtete sie nur dann auf, wenn das relevante Enzym an den Ionen-Kanal auch wirklich andockt.

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Tatsächlich gelang es den beiden Wissenschaftlern mit diesem Ansatz, mit dem Ionenkanal als Köder, das dazugehörige Calcium-abhängige Enzym, eine so genannte Kinase, zu identifizieren. Über den gleichen Ansatz haben die Würzburger Kanalforscher dann auch noch das Enzym ermittelt, das den Kanal wieder abschaltet - eine Proteinphosphatase.
Münchner Forscher lieferten fehlendes Detail

Somit konnten wichtige Regulatoren für den calcium-abhängigen Anionenkanal dingfest gemacht werden. Weiter rätselhaft blieben für die Forscher aber die vorgelagerten Schritte: Wie spüren die Enzyme, dass in der Pflanze das Trockenstresshormon ausgeschüttet wird ? Dazu kooperierten die Würzburger Pflanzenphysiologen mit Erwin Grill von der Technischen Universität München. Die Forscher hatten kürzlich ein Protein identifiziert, das die Phosphatase inaktiviert, sobald es das Wasserstress-Hormon gebunden hat (mehr...).

Mit diesem Wissen lässt  sich nach Ansicht der Wissenschaftler die Signalkette schließen. Dietmar Geiger: "In Gegenwart des Stresshormons wird ein Rezeptor stimuliert, der die Phosphatase hemmt. Die Kinase überträgt energiereiches Phosphat auf den Anionenkanal und schaltet ihn somit an. Der Ausstrom von Anionen zieht einen Kalium- und Wasserfluss nach sich, dabei lassen die Schließzellen Druck ab, und die Pflanze überlebt mit fest geschlossenen Spaltöffnungen die Trockenperiode". In weiteren Studien wollen die Forscher nun klären, wie die wichtigen Calcium-Ionen überhaupt in die Zelle gelangen.

 

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