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Koalition plant steuerliche Förderung von forschenden Biotech-Firmen

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Im Sommer wollen die Koalitionsfraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur steuerlichen Forschungsförderung vorlegen. Quelle: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann

01.04.2010  - 

Noch in diesem Jahr könnte ein lang gehegter Wunsch der Biotechnologie-Branche in Erfüllung gehen. Sowohl in der CDU/CSU als auch in der FDP-Fraktion arbeiten Fachgruppen derzeit an Konzepten, die Forschung in Unternehmen über Steuererleichterungen zu fördern. Damit würde eine Abmachung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Aus den Reihen der Union sind schon erste Einzelheiten an die Öffentlichkeit gesickert. Demnach würden sich die Steuerentlastungen auf bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr belaufen. Die Biotechnologie-Branche reagierte zunächst skeptisch.


 

Jetzt soll alles ganz schnell gehen. „Wir brauchen den Einstieg noch in diesem Jahr“, sagt Albrecht Rupprecht, forschungspolitischer Sprecher der Union. Einige Beobachter dürfte die plötzliche Dringlichkeit überraschen. Denn neu ist die Idee nicht. 21 der 31 OECD-Mitgliedsstaaten belohnen Unternehmen, die forschen und entwickeln, schon mit Steuergutschriften. Und auch in Deutschland ruft der Industrieverband BIO Deutschland seit Jahren lautstark nach entsprechenden Vergünstigungen. „Gerade für den Spitzentechnologiebereich wie die Biotechnologie, in dem vornehmlich innovative kleine und mittlere Unternehmen (KMU) an der Entwicklung und Erforschung neuartiger Produkte arbeiten, müssen die Rahmenbedingungen dringend verbessert werden", sagte BIO Deutschland-Geschäftsführerin Viola Bronsema noch Ende Februar anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Gutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung. Die Kommission sprach sich in dem Papier wiederholt für eine steuerliche Förderung der Forschung aus. Außerdem empfahlen die Experten der Bundesregierung, besonders KMUs zu fördern.

EFI-Gutachten

Die Expertenkommission Forschung und Innovation berät seit 2006 die Bundesregierung. Alle zwei Jahre erstellen die Sachverständigen ein Gutachten.

Gutachten 2010 als pdf: hier klicken

Jeden sechsten Forschungseuro von den Steuern absetzen

In der CDU scheint der Vorschlag nun auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Einen besonderen  Fokus auf KMU beinhaltet nämlich auch das Konzept für einen Gesetzentwurf, das gerade von einer Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ausgearbeitet wird. Noch ist es zwar nicht dem Koalitionspartner FDP abgestimmt, dennoch sind erste Details inzwischen an die Öffentlichkeit gelangt. Nach Angaben des stellvertretenden Fraktionschefs Michael Meister sollen KMUs noch mehr als die für andere Unternehmen angepeilten 15 Prozent ihrer Forschungskosten von der Steuerschuld abziehen dürfen. Ein weiteres Detail ist besonders für Biotech-Startups interessant, die wegen der langen Entwicklungszeiten oft in den ersten Jahren keinen Gewinn machen und deshalb auch keine Steuern zahlen. Sie würden nach den Unionsplänen eine Gutschrift erhalten, die sie mit späteren Gewinnen verrechnen können. Insgesamt sollen forschende Unternehmen mit diesem Instrument mit maximal 1,5 bis 2 Milliarden Euro pro Jahr gefördert werden, schätzen die Finanzexperten der CDU. Einen Haken, an dem sich gerade Biotech-Firmen verfangen dürften, gibt es allerdings: Ein Unternehmen soll immer nur eine Art der Förderung erhalten dürfen. Wer also eine Projektförderung von Bundesforschungsministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium oder anderen Ressorts erhält, soll entsprechend geringere Steuergutschrift. Damit soll eine Reduzierung von Projektfördermittel-Budgets, die zuvor von einigen Experten als Finanzierungsmöglichkeit einer steuerlichen F&E-Förderung angedacht war, entfallen.

Aber auch eine Verrechnung, wie sie das Konzept nun vorsieht, wird in der Biotech-Branche jedoch skeptisch bewertet. "Die BMBF-Projektförderung ist die einzige, von der Biotech-Unternehmen wirklich bevorzugt profitieren", kommentierte Jan Schmidt-Brand, Sprecher der Arbeitsgruppe Steuern und Finanzen des Industrieverbands BIO Deutschland, den Vorschlag. Viele Firmen würden die steuerliche Förderung aus seiner Sicht deshalb gar nicht erreichen.

Bei den Biotech-Firmen kommt nicht viel an

Außerdem wollen CDU und CSU die Gutschriften direkt an die Personalkosten koppeln. Das bedeutet, dass nur die Forschung zählt, die auch tatsächlich in den eigenen Räumen mit den eigenen Mitarbeitern stattgefunden hat. Da allerdings viele Biotech-Firmen einen Teil der komplexen Forschungsaktivitäten wie zum Beispiel umfangreiche klinische Studien ausgelagert haben, kommen sie für eine Gutschrift nicht in Frage. "Dieses Modell löst keines unserer Probleme", bilanziert Schmid-Brandt, der im Hauptberuf der Heidelberg Pharma AG vorsteht. Zudem gebe es noch ein ganz grundsätzliches Problem, so Schmid-Brandt: Verteilt auf sämtliche forschende Unternehmen in Deutschland, kommt von den zwei Milliarden Euro bei einer einzelnen Biotech-Firma  - von denen es in Deutschland rund 500 gibt - nicht mehr viel an. Sein Fazit: Trotz aller gegenteiliger Beteuerungen werde bei den großen Unternehmen doch wieder das meiste hängenbleiben. Bei biotechnologisch aktiven Großkonzernen wie BASF oder Boehringer bewegen sich die Forschungsbudgets im dreistelligen Millionen- bis hinauf in den Milliardenbereich. Das Budget für Steuergutschriften wäre damit schnell ausgeschöpft, so die Befürchtung der Biotechnologie-Unternehmer.

Doch noch ist nicht klar, wie eine genaue Umsetzung erfolgen wird. Derzeit befindet sich der Gesetzentwurf in einer frühen Phase der Verhandlungen. So muss das Konzept von CDU und CSU noch einige Koalitionstreffen überstehen. Die FDP arbeitet mit Hochdruck an eigenen Vorschlägen. Sie weichen zum Teil erheblich von der Unionslinie ab. Wie aus einem Beschluss der Bildungs- und Forschungspolitiker der FDP im Bundestag hervorgeht, wollen die Liberalen beispielsweise nicht nur die Forschung im eigenen Haus, sondern auch Aufträge an andere Unternehmen und Hochschulen berücksichtigen. Bis die Koalition im Sommer einen gemeinsamen Gesetzentwurf präsentiert, besteht noch Redebedarf. Der größte Frage lautet: Woher soll das Geld kommen? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jedenfalls wehrt sich gegen eine zusätzliche Belastung des Haushalts. Er will die Forschungsförderung in die geplante Struktursteuerreform integrieren, die Gesamterleichterungen von 19 Milliarden Euro bringen soll. In diesem Fall könnte es wohl noch bis 2011 dauern, bis Deutschland eine steuerliche Forschungsförderung eingeführt hat.

 

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