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Antibiotika-Kombipräparat: So schützt sich der Bienenwolf gegen Infektionen

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Ein Bienenwolf beim Schlüpfen. Die Jenaer Forscher haben die Verteilung der Antibiotika auf dem Kokon farblich markiert. Quelle: Johannes Kroiß, Martin Kaltenpoth / MPI chemische Ökologie

17.03.2010  - 

Grabwespen der Gattung Philanthus, die so genannten Bienenwölfe, halten sich auf dem Kokon ihrer Larven nützliche Bakterien. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben nun in Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg und dem Jenaer Hans-Knöll-Institut herausgefunden, dass diese Bakterien der Gattung Streptomyces einen Cocktail aus neun verschiedenen Antibiotika produzieren und damit eindringende Schädlinge abwehren. Mit der antibakteriellen Kokonbeschichtung machen sich Bienenwölfe seit Millionen von Jahren ein Prinzip zu Nutze, das in der Medizin als Kombinationsprophylaxe bekannt ist. Über die Erkenntnisse berichten die Forscher im Fachblatt Nature Chemical Biology (Online-Vorabveröffentlichung, 28. Februar 2010).



 

Der Bienenwolf ist kein angenehmer Zeitgenosse. Er ernährt sich ausschließlich von Honigbienen. Nachdem die Wespenart mit einem Schnüffeltest die Beute eindeutig identifiziert hat, wird die Biene gepackt und gestochen. Das schnell wirkende Gift macht sie bewegungsunfähig. Die gelähmten aber lebenden Tiere werden dann auf dem Luftweg umgehend in den Erdbau verfrachtet. Dort dienen sie als Nahrung für die Larven, die den ganzen Winter daran knabbern. Männliche Tiere verbrauchen dabei zwei bis drei Bienen, Weibchen verspeisen bis zu sechs. In der anschließenden Verpuppungsphase sind die Larven außerordentlich anfällig gegen Schimmel und Bakterien, die in der feuchten Erde und auf den toten Bienen besonders gut gedeihen. Doch die Larven der Bienenwölfe wissen sich zu wehren. Sie treffen eine ganze Reihe an Vorkehrungen. Zum einen schwebt der Kokon in der Erdhöhle berührungsfrei auf einem dünnen Seidenstiel. Zum anderen rekrutiert der Bienenwolf Bakterien zu seinem Schutz.

Der Bienenwolf identifizert seine Opfer mit den Augen und dem Geruchssinn.Lightbox-Link
Der Bienenwolf identifizert seine Opfer mit den Augen und dem Geruchssinn.Quelle: Joaquim Alves Gaspar/Wikipedia.de

Symbiose mit Bakterien erhöht Überlebenswahrscheinlichkeit der Larve

Martin Kaltenpoth und Kollegen an der Universität Würzburg haben bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass die Wölfe eine spezifische Symbiose mit Mikroorganismen der Gattung Streptomyces eingegangen sind. Weibliche Bienenwölfe züchten diese Bakterien in speziellen Drüsen ihrer Antennen und schmieren sie an die Decke ihrer Brutzellen. Die Bienenwolflarven wiederum nehmen die Bakterien auf, spinnen sie in die Seide ihres Kokons ein und erhöhen damit die Überlebenswahrscheinlichkeit der Larven. Bisher war allerdings unklar, wie dieser Schutz zustande kommt.

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Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie um Aleš Svatoš und Martin Kaltenpoth haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Regensburg und des Jenaer Leibiz-Instituts für Naturstoffforschung (Hans-Knöll-Institut) herausgefunden, dass die symbiotischen Bakterien insgesamt neun verschiedene Antibiotika produzieren. Dabei haben die Forscher die Substanzen direkt auf dem Bienenwolfkokon, also in der natürlichen Umgebung, nachgewiesen. Das ist eine Premiere. Bei anderen Arbeiten über Schutzsymbiosen konnten Antibiotika erst identifiziert werden, nachdem sie in einem Nährmedium nachgezüchtet wurden. Mithilfe einer neuen bildgebenden Massenspektrometrie-Technik (LDI-imaging) konnten die Forscher zeigen, dass die Antibiotika beim Bienenwolf hauptsächlich auf der Außenseite des Kokons vorhanden sind. Dadurch wird das Risiko potenzieller Nebenwirkungen auf die Larve verringert.

Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

Das Institut wurde 1996 auf dem Beutenberg Campus der Universität Jena gegründet. Neben den fünf Direktoren, die den wissenschaftlichen Abteilungen vorstehen, arbeiten am Institut zur Zeit über 70 Wissenschaftler sowie 50 Doktoranden und Diplomanden.

zur Forschungsgruppe Insektensymbiosen: hier klicken

zur Forschungsgruppe Massenspektrometrie: hier klicken

Kombipräparat verbreitert das Wirkungsspektrum

In zahlreichen Biotests mit verschiedenen krankheitsauslösenden Pilzen und Bakterien stellten die Wissenschaftler fest, dass die Bienenwölfe sich somit das Prinzip eines Kombinationspräparats zu Nutze machen: "Durch die kombinierte Behandlung mit Streptochlorin und acht verschiedenen Piericidinen, die wir aus den Kokons isoliert haben, wird ein sehr breites Spektrum an Mikroorganismen bekämpft," erläutert Johannes Kroiß, Erstautor der Studie. "Das wäre mit den Einzelsubstanzen so nicht möglich. Bienenwölfe haben also mit Hilfe ihrer Symbionten die Kombinationsprophylaxe, die wir aus der Humanmedizin kennen, schon vor Millionen von Jahren evolviert."

Mit ihrer Arbeit betreten die Forscher Neuland: "Erstaunlicherweise weiß man über die ökologische Bedeutung von Antibiotika in ihrer natürlichen Umgebung erst sehr wenig. Mit Hilfe der bildgebenden Massenspektrometrie können wir aber jetzt die natürliche Rolle von antibiotischen Substanzen in der Umwelt besser verstehen", erklärt Aleš Svatoš, Leiter der Abteilung Massenspektrometrie am Max-Planck-institut für chemische Ökologie in Jena.

Gerade für die Erforschung der symbiotischen Beziehung von Bakterien mit vielen Tierarten kann diese Technik wertvolle Erkenntnisse liefern. "Wir vermuten, dass Schutz-Symbiosen wie die zwischen Bienenwölfen und Streptomyceten im Tierreich viel weiter verbreitet sind als bislang angenommen", so Martin Kaltenpoth, der seit Januar eine Max-Planck-Forschungsgruppe über Insekten-Bakterien-Symbiosen leitet. "Die Untersuchung der Substanzen, die dabei eine Rolle spielen, trägt nicht nur wesentlich zum Verständnis der Evolution solcher Symbiosen bei, sondern könnte auch zur Entdeckung interessanter neuer Wirkstoffe für die Humanmedizin führen." 

 

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