Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Lars Steinsträßer: Mit den Immunwaffen der Evolution

Lars Steinsträßer ist an der Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte der Ruhr-Universität Bochum tätig. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Lars Steinsträßer ist an der Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte der Ruhr-Universität Bochum tätig. Quelle: L. Steinsträßer

01.02.2010  - 

Lars Steinsträßer bedient sich eines in der Evolution schon lange bewähren Systems, um die Wundheilung zu fördern und Krebs zu bekämpfen: Host Defense Peptide sind Eiweiße, die vom Immunsystem eingesetzt werden, um eingedrungenen Bakterien, Pilzen und Viren den Garaus zu machen. Sie können aber noch mehr. In der Petrischale wirken sie sogar gegen bestimmte Tumorzellen. Steinsträßer, Inhaber der Heisenberg-Professur an der Ruhr-Universität Bochum und Träger des Langenberg-Preises 2009, ist ein Experte auf dem Gebiet. In  Bochum will er die Immuneiweiße einsetzen, um chronische Wunden und vielleicht einmal Krebs zu heilen. Ich möchte „meine Grundlagenforschung zügig ans Patientenbett bringen,“ erklärt der 39- Jährige.

Seit 2001 ist Steinsträßer im Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum bei Hans-Ulrich Steinau tätig und leitet die Arbeitsgruppe für Molekulare Onkologie und Wundheilung. „Aufgrund der zunehmenden Resistenz von Antibiotika ist es dringend nötig, alternative Behandlungsmethoden bei chronischen Wunden zu erforschen, die aufgrund von Verbrennungen sowie als Komplikation bei Implantationen oder Verletzungen auftreten“, erläutert der Arzt. Aus seiner Sicht sind Wundinfektionen das größte Problem, mit dem Mediziner derzeit zu kämpfen haben. Das will er ändern. Steinsträßer setzt dabei auf einen neuen und innovativen Ansatz, bei dem die sogenannten Host Defense Peptide eine wichtige Rolle spielen.

In diesem Gewebeschnitt der Haut sind die antimikrobiellen Peptide LL-37 blau angefärbt. Sie helfen bei der Abwehr von Eindringlingen wie Viren, Pilzen oder Bakterien.Lightbox-Link
In diesem Gewebeschnitt der Haut sind die antimikrobiellen Peptide LL-37 blau angefärbt. Sie helfen bei der Abwehr von Eindringlingen wie Viren, Pilzen oder Bakterien.Quelle: L. Steinsträßer

Neue Angriffsziele für die Peptide des angeborenen Immunsystems

Host Defense Peptide sind altbewährte Eiwieße, die der angeborenen Immunantwort angehören und seit Jahrmillionen gute und schnelle Arbeit in der Abwehr von krankheitsauslösenden Bakterien, Pilzen oder Viren leisten. „Host Defense Proteine kommen nicht nur bei Säugetieren vor – selbst Pflanzen, Insekten und Reptilien nutzen diese schützenden Peptide erfolgreich im Überlebenskampf gegen Keime aller Art,“ erklärt Steinsträßer, der  im November 2009 auf eine Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Ruhr-Universität Bochum berufen wurde. Seit 2006 finanziert die DFG ausgesuchten Forschern für fünf Jahre eine Professorenstelle, die dann von der Hochschule übernommen wird.

Mit der Förderung will der Forscher die Peptide weiter als therapeutisches Werkzeug entwickeln. "Wir möchten diese natürlich vorkommenden Helfer sowie synthetisch hergestellte Designerpeptide dazu nutzen, die Wundheilung zu fördern", so der Forscher. Darüber hinaus will er sich die tumorzerstörende Wirkung der Eiweißmoleküle zunutze machen. „Momentan testen wir dieses Potenzial an bösartigen Sarkomen aus,“ erläutert der in Verden an der Aller geborene Mediziner. Sarkome sind eine insgesamt eher seltene Art von Tumorerkrankungen, die ihren Ursprung im Stützgewebe haben. „In Vorversuchen haben wir bereits gute Ergebnisse erzielt und werden deshalb die Forschung auf diesem Gebiet gezielt vorantreiben.“

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

Menschen: Veit Hornung - Wie Feinde vom Immunsystem erkannt werden

News: Chronobiologie - So tickt das Immunsystem

News: RNA-Interferenz ermöglicht neue Strategie gegen Grippe

Erste Bekanntschaft mit plastischer Chirurgie in den USA

Eigentlich wollte Lars Steinsträßer Herzchirurg werden. „Doch eines Tages schwärmte mir ein Bekannter von dem großen operativen Spektrum der Plastischen Chirurgie vor, beginnend von dem Anlegen abstehender Ohren, über die Tumorchirurgie bis hin zur Wiederherstellung von Brandopfern,“ erinnert sich Steinsträßer. Das Gespräch war Anlass genug, als junger Medizinstudent nach Pittsburgh, Amerika, zu gehen und dort erste Bekanntschaft mit der Plastischen Chirurgie zu machen. „Dort sah ich viele schwere Missbildungen bei kleinen Kindern. Es war schön zu sehen, wie mein dortiger Betreuer Wolfgang Losken den Kindern durch seine chirurgischen Eingriffe zu einem gesellschaftlich akzeptierten Aussehen verhalf,“ erinnert sich der Mediziner. Diese Erlebnisse ebneten ihm schließlich den Weg zur Plastischen Chirurgie. Von 1999 bis 2001 war Steinsträßer Stipendiat von General Motors und arbeitete an der University of Michigan, einem der größten Forschungszentren für Brandopfer in den USA. Steinsträßer: „Dort, in Ann Arbor, erforschte ich erstmalig die Rolle des angeborenen Immunsystems bei Verbrennungen.“

Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie und Gentherapie

Lars Steinsträßer gründete im Jahr 2001 an der  Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinik für Plastische Chirurgie die Arbeitsgruppe für "Molekulare Wundheilung und Gentherapie" in Bochum.

zur Arbeitsgruppe: hier klicken

Mit 30 Jahren kam Lars Steinsträßer wieder zurück nach Deutschland und ist seitdem im Universitätsklinikum der Ruhr-Universität im Bergmannsheil tätig. Neben seiner Arbeit als Forscher und als Plastischer Chirurg koordiniert er ein zehnköpfiges Team an Wissenschaftlern, betreut momentan 25 medizinische Doktorarbeiten und ist in der Lehre tätig. Zwischenzeitlich wurde Steinsträßer erster Internationaler Stipendiat der American Association of Plastic Surgery und konnte sechs Monate lang  Kliniken seiner Wahl in den USA besuchen. Und das ist noch lange nicht alles, denn Lars Steinsträßer scheint es an Elan nicht zu fehlen. Seit 2004 ist der Professor Europavertreter für die forschenden amerikanischen Plastischen Chirurgen. „Letztes Jahr rief ich den ersten European Plastic Surgery Research Council (EPSRC) ins Leben und organisierte meinen ersten Kongress – ganz ohne Glimmer und Gloria in überteuerten Hotels mit fantastischen Preisen: Ich mietete ein vertäutes Frachtschiff und die weltbesten Plastischen Chirurgen folgten meiner Einladung, und zwar kostenlos,“ freut sich Steinsträßer. Dabei hatten auch Studenten und Chirurgen aus finanzschwächeren EU-Ländern die Gelegenheit, die Top-Elite der Plastischen Chirurgie kennenzulernen. Den Ausgleich zu seinem anstrengenden Beruf findet Steinsträßer bei der Familie: „Ich bin glücklich verheiratet und habe zwei kleine Kinder – darüber bin ich sehr froh.“


Autorin: Andrea van Bergen

 

Menschen

Forscherprofile

Sie möchten noch mehr Persönlichkeiten aus der biotechnologischen Forschung in Deutschland kennenlernen? In der Rubrik Menschen haben wir bereits eine ganze Reihe von Wissenschaftlern und Unternehmern porträtiert.


Zur Rubrik Menschen

Förderbeispiele

glowing cells in a test tube

Sie möchten erfahren, in welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder fließen? Unter der Rubrik Förderbeispiele stellen wir regelmäßig öffentlich geförderte Forschungsvorhaben inhaltlich vor.


Zur Rubrik Erfindergeist

Nachwuchsförderung

Collage aus Broschüren-Deckblatt

Wege in die Biotechnologie: In den vergangenen 25 Jahren hat das BMBF mehr als 200 junge Wissenschaftler darin unterstützt, in die Biotechnologie zu gehen. Eine neue Broschüre verschafft nun Einblicke in den Verlauf dieser Karrieren: Was ist aus den einstigen Nachwuchsforschern geworden? Wie sind sie beruflich vorangekommen? Woran arbeiten sie heute? Die Broschüre kann kostenlos im Bestellservice geordert oder als PDF heruntergeladen werden.


Zur Rubrik Publikationen