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Niedriger Blutdruck dank Biotech-Hautzellen

Setzt man in Zellen der menschlichen Haut - hier die untere Dermis - zwei zusätzliche Gene ein, dann werden sie zu Blutdrucksenkern, die im Körper eingebaut sind. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Setzt man in Zellen der menschlichen Haut - hier die untere Dermis - zwei zusätzliche Gene ein, dann werden sie zu Blutdrucksenkern, die im Körper eingebaut sind.

13.01.2010  - 

Mit der Transplantation von Hautzellen, denen zuvor zusätzliche Gene eingepflanzt worden waren, haben amerikanische und deutsche Wissenschaftler den Blutdruck von Mäusen gesenkt. Das berichten die Forscher um Jean-Philippe Therrien von den National Health Institutes in Bethesda und Wolfgang Pfützner von der Philipps-Universität Marburg im Fachblatt "Proceeedings of the National Academy of Sciences" (Online-Vorabveröffentlichung, 11. Januar 2010). Die genetisch veränderten Zellen geben das natürliche Hormon ANP ab und senken damiot offenbar dauerhaft den Blutdruck, selbst wenn die Tiere sich von außergewöhnliche salzigem Futter ernähren. Das Experiment zeige, so die Forscher, dass der Einsatz therapeutischer Eiweiße über Hauttransplantate grundsätzlich möglich sei.

Ein ganzer Zweig der Medizin beschäftigt sich damit, den besten Weg zu finden, um therapeutische Wirkstoffe in den Körper zu bringen. Die klassische Tablette ist dabei nicht der Weisheit letzte Schluss der "Drug Delivery"-Disziplin. Besonders bei biologisch wirksamen Substanzen ist dieser Weg versperrt, da sich Eiweiße normalerweise nicht trocknen und pressen lassen. Sie müssen, wie zum Beispiel das Hormon Insulin, in flüssiger Form mittels einer Spritze verabreicht werden. Da viele biologische Wirkstoffe von biotechnologisch veränderten Zellen produziert werden, ist die Idee verlockend, therapeutische Eiweiße direkt vor Ort im Körper produzieren lassen. Das ist der Königsweg der "Drug Delivery", der nicht nur dem Patienten das tägliche Einnahmeritual erleichtern würde, sondern auch von medizinischer Seite aus sinnvoll wäre. Nicht nur die Dosierung, sondern auch die Überwachung der Wirkstoffkonzentration im Körper könnten mit entsprechend veränderten Zellen effizienter gestaltet werden.

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ANP kommt natürlich im Menschen vor

Amerikanische und deutschen Wissenschaftlern scheint es nun erstmals gelungen zu sein, therapeutisch wirksame Eiweiße über diesen direkten Weg zu verabreichen. Forscher um Jean-Philippe Therrien von den National Health Institutes in Bethesda und Wolfgang Pfützner von der Klinik für Dermatologie und Allergologie des der Philipps-Universität in Marburg setzten in Mäuse ein Transplantat aus gentechnisch veränderten Zellen ein, die ein Hormon produzierten und damit den Blutdruck der Versuchstiere dauerhaft senkten. Die Forscher versahen zunächst menschliche Hautzellen, die sie einem Probanden entnommen hatten, mit zwei zusätzlichen Genen. Das erste Gen trug die Bauanleitung für das Atrial-Natriuretische Peptid (ANP), ein Hormon, das auch natürlich im Menschen vorkommt und den Blutdruck senkt. Tatsächlich zeigten Mäuse, denen ein Transplantat dieser veränderten Hautzellen eingepflanzt wurde, einen signifikant niedrigeren Blutdruck. Der Effekt hielt auch dann an, als die Wissenschaftler die Tiere mit einer extrem salzhaltigen Diät versorgten. Zuviel Salz in der Ernährung ist eine der Hauptursachen für Bluthochdruck.

10 mal 20 Zentimeter großes Transplantat notwendig

Das zweite Gen sorgte dafür, dass die Wissenschaftler die Menge des produzierten ANPs in dem Verbund aus Hautzellen von außen regulieren konnten. Das eingesetzte Gen sorgt dafür, dass den Zellen der Giftstoff Colchicin nichts mehr ausmacht. Cremten die Wissenschaftler das Transplantat nun mit Colchicin ein, überlebten diese Behandlung nur jene Zellen, die mit dem Zusatzgen ausgerüstet waren. Da diese Zellen auch diejenigen waren, die ANP produzierten, erhöhte sich die Konzentration an ANP-Zellen in der Zellkultur: Das Transplantat wurde wirksamer. Diese Methode hatte Pfützner 2002 zum ersten Mal entwickelt. Für die aktuellen Versuche kombinierte er das Modell mit dem ANP-Gen. Die modifizierung funktionierte. Tatsächlich erhöhte sich nach einer Colchicin-Behandlung der ANP-Gehalt und der Blutdruck sank noch stärker. Wird kein Colchicin mehr aufgetragen, können sich auch nicht veränderte Hautzellen vermehren und der Blutdruck steigt wieder.

Falls diese Methode einmal für den Menschen zur Verfügung steht, könnten sich Patienten mit Bluthochdruck die ständige Einnahme entsprechender Mittel sparen, hoffen die Forscher. Pfützner könnte sich einen Einsatz beim Menschen durchaus vorstellen. "Zunächst aber müssen noch weitere Tests an anderen Tieren vorgenommen werden." Wird der Ansatz weiterverfolgt, muss vor allem die richtige Größe des Transplantats bestimmt werden. Nach vorläufigen Berechnungen wäre beim Menschen ein etwa 10 mal 20 Zentimeter großes Transplantat nötig, um genügend ANP für eine dauerhafte Blutdrucksenkung zu erreichen. "Das kann aber noch stark variiewren", sagt Pfützner. Der Forscher glaubt zudem, dass die Anreicherung der ANP-Zellen noch verbessert werden kann.

Vor der Anwendung beim Menschen muss zudem ein zweites Problem überwunden werden. Bisher schleusten die Forscher die zusätzlichen Gene mit Hilfe von Retroviren ein. Aufgrund der möglichen genverändernden Wirkung ist diese Transportmethode allerdings beim Menschen umstritten. Trotzdem sei das Experiment ein großer Schritt in der Anwendung von therapeutischen Eiweißen, so die Wissenschaftler in der Veröffentlichung. Erstmals sei bewiesen, dass das Prinzip grundsätzlich funktioniere.

 

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