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Immatics erhält 54 Millionen Euro für Krebsimpfstoffe

Krebszellen tragen auf ihrer Oberfläche ganz bestimmte Strukturen. Immatics will mit theraputischen Impfstoffen dem Immunsystem beibringen, diese zu erkennen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Krebszellen tragen auf ihrer Oberfläche ganz bestimmte Strukturen. Immatics will mit theraputischen Impfstoffen dem Immunsystem beibringen, diese zu erkennen. Quelle: Immatics

24.09.2010  - 

Ein Impfstoff gegen Krebs, darauf hoffen viele Patienten, und daran wird in den Labors mit Hochdruck gearbeitet. Auch in Deutschland gibt es einige Unternehmen, die mit Methoden der medizinischen Biotechnologie an solchen therapeutischen Vakzinen forschen. Jetzt macht Immatics Biotechnologies GmbH von sich reden. Das Unternehmen mit Standorten in Tübingen und München hat in den vergangenen Jahren ein Portfolio an  diversen Impfstoffkandidaten aufgebaut. Für die teure Weiterentwicklung der aussichtsreichsten Versionen haben jetzt Investoren rund 54 Millionen Euro bereitgestellt. Nach Agennix erhält damit ein weiteres deutsches Biotechunternehmen eine aufsehenerregend große Summe (mehr...). Zum ersten Mal geben engagieren sich bei Immatics drei große Wagniskapitalgeber der deutschen Biotechnologiebranche gemeinsam in einem Unternehmen: die MIG Fonds, Dietmar Hopp sowie die Brüder Andreas und Thomas Strüngmann. 



 

Therapeutische Impfstoffe gewinnen in der Medizin immer mehr an Bedeutung. Sie unterscheiden sich von den bekannteren protektiven Impfstoffen nur im Zeitpunkt der Anwendung. Während protektive Impfstoffe, zum Beispiel die bekannte jährliche Grippeimpfung, im Voraus gegeben werden müssen, werden therapeutische Impfstoffe eingesetzt, wenn die Erkrankung schon ausgebrochen ist.

Im Hauptquartier von Immatics in Tübingen arbeiten derzeit 55 Menschen und entwickeln Krebsimpfstoffe. Mit dem neuen Kapital wird diese Zahl wohl ansteigen.Lightbox-Link
Im Hauptquartier von Immatics in Tübingen arbeiten derzeit 55 Menschen und entwickeln Krebsimpfstoffe. Mit dem neuen Kapital wird diese Zahl wohl ansteigen.Quelle: Immatics

Das Immunsystem gegen Krebs trainieren

Gleich ist das Grundprinzip. In beiden Fällen nutzen die Ärzte das Immunsystem des Patienten, um die Erreger zu bekämpfen. Auch gegen Krebs kann sich der Körper wehren. Im Normalfall erkennen die Abwehrzellen Tumorzellen, die sich unkontrolliert teilen, ohne Probleme. Vermutlich hat jeder schon solche Krebszellen im Körper gehabt, die von Zellen des Immunsystems identifiziert und dann schnell unschädlich gemacht wurden. Bösartige Geschwulste entstehen erst aus Krebszellen, die es geschafft haben, sich vor dem Immunsystem als harmlos zu tarnen, und das, obwohl sie auf ihrer Oberfläche ganz charakteristische Proteine aufweisen, an denen sie zu erkennen sind - sogenannte Tumorantigene.

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Diese Besonderheit machen sich therapeutische Impfstoffe zu nutze, um das Immunsystem gezielt zu trainieren. Ein erster therapeutischer Krebsimpfstoff wurde bereits in den USA zugelassen, gegen Prostatakrebs. Auch Impfstoffe gegen Nierenkrebs, nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) sowie das Non-Hodgkin-Lymphom sind schon in der dritten und letzten Phase der klinischen Erprobung und könnten in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. Auch protektive Impftstoffe gegen Krebs gibt es. Besonders bekannt sind HPV-Impfstoffe, die Frauen gegen Gebärmutterhalskrebs schützen sollen und in Deutschland seit 2006 zugelassen sind. Die HPV-Impfstoffe basieren auf der Forschungsarbeit des deutschen Mediziners Harald zur Hausen, der dafür 2008 mit dem Nobelpreis geehrt wurde (mehr...).

Kleine Eiweißstücke trainieren die Abwehrzellen

In Deutschland arbeiten mehrere Unternehmen an therapeutischen Krebsimpfstoffen. Sie verfolgen unterschiedliche Strategien, um das Immunsystem auf die mutierten Zellen aufmerksam zu machen. Als Preisträger der ersten Runde der GO-Bio-Gründerinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung konnte der Mainzer Immunologie-Professor Ugur Sahin im Jahr 2006 damit beginnen, seine Idee eines RNA-basierten Krebsimpfstoffs für den Markt zu entwickeln (mehr..). Bei Immatics in Tübingen setzt man dagegen auf die direkte Verabreichung von Tumorantigenen. Diese kleinen Eiweiße, sogenanne Peptide, werden von sogenannten Antigen-repräsentierenden Zellen des Immunsystems aufbereitet und dann spezialisierten Killerzellen als Ziel präsentiert. Die derart vorbereiteten Killerzellen können dann wiederum gezielt auf die Krebszellen zusteuern und diese entsorgen. Derzeit hat das Unternehmen 55 Mitarbeiter in Tübingen und zehn in der Niederlassung München.

MIG Fonds

MIG steht für "Made in Germany". Mit einer Beteiligung an einem von mittlerweile 11 Fonds können sich auch Kleinanleger an jungen innovativen Unternehmen beteiligen- Ein bedeutendes Investitionsfeld der MIG Fonds ist auch die Biotechnologie.

www.mig-fonds.de

Immatics Hauptkandidat IMA901 besteht nicht nur aus einem, sondern aus einem Cocktail von insgesamt zehn Peptiden, die auf der Oberfläche von Tumorzellen bei Nierenkrebs besonders häufig vorkommen. Bisher konnte Immatics in klinischen Studien schon zeigen, dass der Impfstoff die Überlebensrate von Nierenkrebs-Patienten erhöht. In einer vor kurzem abgeschlossenen Phase-II-Studie mit 68 Patienten, bei denen eine Therapie mit herkömmlichen Medikamenten wirkungslos verlaufen war, sorgte  IMA901 in Verbindung mit einer Chemotherapie für eine Überlebensrate von 68%.

Die guten Ergebnisse bei IMA901 waren wohl nicht ganz unbedeutend dafür, dass sich nun eine ganze Reihe von bekannten Biotech-Investoren dazu entschlossen haben, Immatics Geld für die weitere Forschung zur Verfügung zu stellen. Insgesamt hat Immatics bisher über 100 Millionen Euro an Wagniskapital eingeholt. Die 54 Millionen Euro schwere aktuelle Finanzierungsrunde der Serie C - also die dritte seit der Gründung im Jahr 2000 - bringt mit den MIG Fonds, der Dievini Hopp Biotech Holding und der AT Impf AG der Brüder Andreas und Thomas Strüngmann erstmals die größten privaten Geldgeber der deutschen Biotech-Branche zusammen.

MIG Fonds, Strüngmann Brüder und Dietmar Hopp

Andreas und Thomas Strüngmann

Die beiden Brüder wurden als Miteigentümer des Pharmaunternehmens Hexal bei dessen Verkauf zu Milliardären. Sie investieren über diverse Beteiligungsgesellschaften wie die AT Impf AG in Firmen aus dem Gesundheitsbereich und der roten Biotechnologie, unter anderem in 4SC, Aicuris, Amega, Ganymed, BioNTech, Glycotope MediGene und nun eben auch Immatics.

Die MIG mit Sitz in München ist eine Beteiligungsgesellschaft, die über unterschiedlich ausgerichtete Einzelfonds in Hightech-Unternehmen investiert, darunter auch den Lebenswissenschaften. Im Gegensatz zu anderen Fonds können sich bei MIG auch Kleinanleger ab einer Einlage von 5000 Euro beteiligen. Seit dem Jahr 2000 hat MIG insgesamt elf Fonds aufgelegt, die sich zusammengenommen an einer ganzen Reihe deutscher Biotech-Unternehmen beteiligen. Hinter dem zweiten Großinvestor, der AT Impf AG, stehen Thomas und Andreas Strüngmann. Die beiden Brüder setzen das Geld aus dem Verkauf des von ihnen aufgebauten Generikaproduzenten Hexal unter anderem dafür ein, um sich an vielversprechenden Biotechnologieunternehmen zu beteiligen.

Den größten Anteil an Immatics hält aber der Gründer des Softwarekonzerns SAP, Dietmar Hopp. Der Milliardär gehört seit langem zu den aktivsten privaten Wagniskapitalgebern in der Biotechnologiebranche, vor kurzem erst hat er angekündigt, sich weiter mit Millionen bei Agennix zu engagieren (mehr...). Hopps Dievini Hopp Biotech Holding ist seit 2007 Gesellschafter von Immatics. Noch länger ist bei Immatics ein weiterer Investor dabei, Wellington Partners. Die von Rolf-Christoph Dienst 1991 in München gegründete, europäisch ausgerichtete Beteiligungsgesellschaft hält den Tübingern seit der ersten Finanzierungsrunde im Jahr 2004 die Treue.

Weitere Krebsimpfstoffe in der Vorbereitung

Dietmar Hopp

Dietmar Hopp ist als Mitgründer des Softwarekonzerns SAP zum Milliardär geworden. Sein Vermögen investiert er seit Jahren auch in Biotechnologieunternehmen. Die Dievini Hopp Biotech Holding ist unter anderem an Agennix, Wilex, Cytonet, Apogenix und CureVac beteiligt.

www.dievini.com

„Jetzt, da die Finanzierung gesichert ist, können wir uns ganz auf die weitere klinische Entwicklung unserer Krebsimpfstoff-Programme konzentrieren“, sagte Immatics-Geschäftsführer Paul Higham. Die Größenordnung der Investition zeige, dass die Geldgeber sowohl dem Konzept der therapeutischen Krebsimpfstoffe als auch dem Unternehmen Immatics noch viel zutrauen. Das frische Kapital will Immatics vorrangig dafür verwenden, den Hoffnungsträger IMA901 durch die klinische Prüfung der Phase III zu bringen. Die letzte Stufe der klinsichen Prüfung ist zugleich die schwierigste. Hier muss die Wirksamkeit des Medikaments  nachgewiesen werden. Ein Großteil der Kandidaten besteht diesen Test nicht. Immatics will in diesem Jahr noch eine Phase III-Studie mit rund 300 Patienten starten, in der eine Kombination von IMA901 mit zwei bekannten Krebsmedikamenten getestet wird. Erste Ergebnisse erwartet Higham im Jahr 2013.

Gleichzeitig will immatics das Potenzial von zwei weiteren Krebsimpfstoff-Kandidaten austesten. IMA910 ist ein Gemisch aus 13 Peptiden und zunächst zur Behandlung von Darmkrebs vorgesehen. Es wird derzeit in einer Phase II-Studie mit 90 Patienten getestet. Erste Daten sollen 2011 vorliegen. „Bereits Ende 2011 könnte IMA910 an einen Partner auslizenziert werden“, sagt Higham. Eine weiteres Projekt zielt auf die Behandlung von Patienten ab, die an Glioblastom leiden, einer aggressiven Art eines Gehirntumors. Immatics kooperiert hier kostensparend mit zwei öffentlichen Partnern, dem britischen Forschungsfonds Cancer Research UK und dem amerikanischen National Cancer Institute. Noch im September soll der erste Patient mit Hirntumor in die Phase I aufgenommen werden. Ende 2012 könnten die entsprechenden Daten vorliegen. In Südostasien werden zudem klinische Studien mit dem Stoff IMA941 vorbereitet, die Patienten mit Magenkrebs helfen sollen – unter anderem mit einer von Immatics entwickelten Analyse-Plattform („XPRESIDENT“), mit deren Hilfe sich spezifische tumor-spezifische Peptide zuverlässiger als bisher finden lassen sollen.

 

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