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Europa will Umgang mit "Klonfleisch" regeln

Das Klonen von Tieren erfolgt über den Somatischen Zellkerntransfer. Eine Technik, die noch immer vergleichsweise aufwändig und teuer ist. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Klonen von Tieren erfolgt über den Somatischen Zellkerntransfer. Eine Technik, die noch immer vergleichsweise aufwändig und teuer ist.

24.06.2009  - 

Nach Europäischem Recht soll der Verkauf von Fleisch und Milch geklonter Tiere zukünftig strenger geregelt werden. In einer Abstimmung über die EU-Verordnung für  neuartige Lebensmittel (Novel Food Verordnung) am 22.Juni 2009 haben sich  24 der 27 Agrarminister aus den EU-Mitgliesländern dafür ausgesprochen, Produkte von geklonten Tieren gesondert zu regeln und unter Beschränkungen zuzulassen. Der Vorschlag „stellt eine deutliche Verschärfung zum gegenwärtig geltenden Recht dar“, sagte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). „Nicht nur Lebensmittel von geklonten Tieren selbst, sondern auch die ihrer Nachkommen können, wenn überhaupt, nur nach einem strengen Zulassungsverfahren in Verkehr gebracht werden.“

Bis zur Geburt von des Schafes Dolly vor zwölf Jahren galt es als unmöglich, ein erwachsenes Säugetier zu klonen - also eine exakte genetische Kopie künstlich im Labor zu züchten. Die Wissenschaftler um Ian Wilmut vom schottischen Roslin Institute in Edinburgh hatten bereits 1995 zwei Schafe geklont – Megan und Morag – und zwar aus embryonalen Zellen, die sie in zuvor entkernte Eizellen einpflanzten. Dieses Verfahren des Zellkerntransfers war bereits 1952 an Fröschen geglückt und ging auf Experimente des deutschen Forschers Hans Spemann zurück, die er 1938 an der Universität Freiburg durchgeführt hatte. Megan und Morag waren noch mithilfe eines Embryos geklont worden, der aus sogenannten totipotenten Zellen bestand – also Zellen, die sich prinzipiell in jede beliebige Zelle differenzieren können. Dolly hingegen wurde im Jahr 1997 aus der Euterzelle eines erwachsenen Schafes entwickelt. 

Klonen

Das Klonen ist immer ein heiß diskutiertes Thema. biotechnologie.de informiert in einem Dossier, wohin die Reise gehen kann. In Folge 9 von biotechnologie.tv wird erklärt, was Klonen überhaupt ist.  

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1997: Klonen als wissenschaftlicher Durchbruch

Damit konnten die schottischen Wissenschaftler erstmals ein bis dahin gültiges biologisches Dogma widerlegen: Bis dato waren Forscher davon ausgegangen, dass sich eine ausdifferenzierte, also vollständig spezialisierte Säugetierzelle nicht mehr in ihrem Zellschicksal verändern lässt – und eine Euterzelle also nichts anderes sein oder werden kann als eine Euterzelle. Dolly zeigte hingegen, dass dem nicht so war. Der daraufhin einbrechende Mediensturm überraschte dabei sowohl die Forscher als auch das Fachjournal Nature, in dem dieser wissenschaftliche Durchbruch damals veröffentlicht wurde.

Für die heutige wissenschaftliche Grundlagenforschung ist das Klonen eine wichtige Technik, um zu verstehen, wie Zellen altern und wie sie umprogrammiert werden können. Für viele Forscher ist das Klonen deshalb eine von vielen Techniken und Methoden, die sie im Labor verwenden. Eine große Bedeutung hat das Klonen inzwischen in der Tierforschung – also in der gezielten Züchtung landwirtschaftlicher Nutztiere oder wertvoller Zuchttiere. Das Klonen dient damit in Kombination mit den gängigen Standard-Fortpflanzungstechnologien in Zuchtbetrieben der Weiterentwicklung eines Züchtungsprozesses, bei dem zunächst durch künstliche Besamungen und Befruchtungen und mit Hilfe der Gendiagnostik gezielt Tiere mit den gewünschten Eigenschaften für die Weiterzucht ausgewählt werden. Durch das Klonen können dann diese ausgewählten Tiere vermehrt werden, ohne Gefahr zu laufen, dass sich die gewünschten, selektierten genetischen Merkmale wieder auskreuzen. Nach Angaben der International Dairy Foods Association gibt es in den USA etwa 150 geklonte Rinder (von  9 Millionen Rindern im ganzen Land), bei denen es sich zumeist um „Schau-Tiere“ handelt, die auf Messen gezeigt werden. Insgesamt gibt das US-Landwirtschaftsministerium die Zahl der geklonten Tiere in den USA auf 600 an.

Kennzeichnung

Eine Kennzeichnung von "Klonfleisch" ist leicht gefordert. Doch geht das überhaupt? Bislang ist nur klar: beim Klonen entstehen genetisch identische Kopien, also lassen sie sich auf genetischer Ebene eben nicht unterscheiden. Dies ist auch eine der größten Hürden für eine offizielle Kennzeichnung von Lebensmitteln von geklonten Tieren.

Klonen ist teures Geschäft

Da das Klonen im Moment noch ein sehr aufwändiger Prozess ist, kostet er zwischen 15.000 bis 25.000 Dollar pro Tier. Diese Kosten sind zudem ein Grund dafür, dass Experten den Verzehr von Klonfleisch derzeit schlicht für unrealistisch halten - es ist einfach zu teuer, einmal geklonte Tiere zu schlachten. "In den nächsten fünf Jahren wird sich da nichts tun", so die Einschätzung von Hubertus Pellengahr vom Einzelhandelsverband HDE in der Süddeutschen zeitung.

Aus gesundheitlicher Sicht haben bisherige Studien zudem ergeben, dass das Fleisch von gesunden, geklonten Tieren  und ihrer Nachkommen - nur diese kämen sowieso für die Lebensmittelproduktion in Frage - keine Gefahr darstellt. Dies stellte sowohl die amerikanische Zulassungsbehörde FDA im Jahr 2007 als auch die Europäische Lebensmittelaufsichtsbehörde (European Food Safety Agency, (EFSA) im Jahr 2008 klar.

Bislang war der rechtliche Umgang mit dem Fleisch von geklonten Tieren hierzulande allerdings nur rudimentär gereglt. Während er in den USA prinzipiell möglich ist, gab es dazu in der EU keine klare Ja- oder Nein-Aussage. Normalerweise müssen Lebensmittel in Europa nicht zugelassen werden, es sei denn sie fallen unter die Novel Food Verordnung (Nr.258/97: PDF-Download). Dann besteht eine Genehmigungspflicht. Neben besonderen Tierarten wie Fledermäusen und Ameisen gilt dies bislang auch für Fleisch und Milch von geklonten Tieren, allerdings nicht für ihre Nachkommen. Allerdings gibt es bisher auch noch keine derartigen Produkte auf dem Markt.

Da diese Verordnung noch aus dem Jahr 1997 stammt und damit auf neue Verfahren wie Klonen nicht explizit eingeht, hatte die EU-Kommission Anfang 2008 eine Neufassung vorgeschlagen: Sollte jemals jemand um die Zulassung von „Klonfleisch“ ansuchen, reiche es nicht, dass die EFSA dessen Harmlosigkeit bestätigt. Es müsse zusätzlich die „European Group on Ethics in Science and New Technologies“ befragt werden, eine Gruppe von 15 Experten, welche die EU-Kommission in Fragen der Ethik und Wissenschaft berät. Zugleich müsse das Fleisch gekennzeichnet werden (zum Vorschlag: PDF-Download).  

Nun haben sich die EU-Agrarminister noch auf eine Verschärfung dieses Vorschlags geeinigt: Nicht nur das Fleisch der geklonten Tiere, sondern auch das ihrer Nachkommen soll künftig ein entsprechendes Zulassungsverfahren durchlaufen. Verbraucherschutzministerin Aigner betonte allerdings die Notwendigkeit, Lebensmittel von geklonten Tieren und deren Nachkommen in einer eigenständigen Regelung zu erfassen. Die Novel Food Verordnung sei nicht der geeignete Rechtsrahmen, um alle diese Fragestellungen angemessen zu würdigen. „Ich sehe den Einsatz von Klonen in der Lebensmittelproduktion äußerst kritisch“, sagte sie. Vor allem Aspekte der Ethik, des Tierschutzes und der Tiergesundheit seien dabei zu beachten. „Dies haben wir zusammen mit weiteren 23 EU-Mitgliedstaaten auch gegenüber der Kommission deutlich gemacht." Mit ihrem Beschluss wollen die Agrarminister nun sicherstellen, dass solche Lebensmittel nicht ohne vorherige Zulassung in den Verkehr gebracht werden, solange es noch keine eigenständige Regelung gibt. 

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Damit aus dem Vorschlag tatsächlich ein Gesetz wird, muss jedoch noch das EU-Parlament zustimmen und festlegen, wie das Gesetz im Detail aussehen soll. Bei den Abgeordneten regt sich jedoch bereits erheblicher Widerstand.„ Fleisch von geklonten Tieren ist nicht in jedem Fall gesundheitsschädlich, aber Risiken können eben auch nicht ausgeschlossen werden“, sagte der EP-Abgeordnete Peter Liese (CDU). „Insbesondere ist aber das Klonen Tierquälerei. Die Europäische Kommission muss dringend einen geeigneten Vorschlag vorlegen, der nicht nur die Lebensmittelsicherheitsaspekte, sondern auch die ethischen Aspekte umfasst.“

Wann eine Abstimmung im EU-Parlament stattfinden wird, ist noch unklar, zumal gerade erst ein neues Parlament gewählt wurde. Darüber hinaus ist nicht sicher, ob sich für das Gesetz überhaupt eine Mehrheit findet. Erst im September 2008 hatten die Parlamentarier in einer ersten Lesung des Kommissions-Vorschlages ein klares Verbot von Klonfleisch gefordert. Aufgrund des nun anders lautende Beschlusses der Agrarminister müsste demnach ein Vermittlungsausschuss einberufen werden. Dafür ist in der zweiten Lesung die absolute Mehrheit der Stimmen notwendig. Ein Termin für die zweite Lesung steht noch nicht fest. Können sich EU-Agrarminister und Abgeordnete im Vermittlungsverfahren nicht einigen, wäre die Kommission mit ihrem Gesetzesentwurf gescheitert.  

 

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