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Die größten Entdeckungen 2008

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Aus der befruchteten Eizelle eines Zebrafischs entstehen innerhalb des ersten Tages Tausende von weiteren Zellen, die sich schließlich zum schattenhaften Umriss des Embryokörpers formen. Quelle: Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL)

21.01.2009  - 

Die Fachmagazine Nature und Science wählen jedes Jahr die Veröffentlichungen aus, die ihnen in den vergangenen zwölf Monaten besonders bedeutend erschienen. Unter der Nominierten für 2008 befinden sich auch zahlreiche Entdeckungen aus den Lebenswissenschaften. Science hält die Reprogrammierung erwachsener Hautzellen zu Stammzellen gar für den „Durchbruch des Jahres“. Deutsche Forscher sind in den Bestenlisten beider Magazine vertreten – für die bahnbrechenden Beobachtungen an einem unruhigen Eiweiß ebenso wie für die Aufnahme der ersten 24 Stunden eines Zebrafisch-Embryos, bei der 16 000 Zellen ein atemberaubendes Lebensballett aufführen.


 

Während sich Science für einen Jahressieger und neun weitere "Runners Up"-Kandidaten entschieden hat, wählte die Nature-Redaktion gut ein Dutzend eigene sowie ein weiteres Dutzend Fremdpublikationen aus, die es für die herausragendsten Ergebnisse des Jahres 2008 hält. Ein Großteil dieser Ergebnisse stammt aus den Lebenswissenschaften, darunter auch einige deutsche Forschungsprojekte.

Dieser Film zeigt in zwei unterschiedlichen Perspektiven, wie sich 16.000 Zellen eines Zebrafisch-Embryos in den ersten 24 Stunden zu einem Organismus zusammenfügen.Quelle: youtube.de

Wie ein Zebrafisch ensteht

Die wissenschaftliche Bestleistung 2008, die auch Nicht-Biologen umgehend in ihren Bann zieht, geht auf das Konto der Forscher um Philipp Keller vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg. Mit einem neuartigen Mikroskop gelang es ihnen Anfang Oktober, einen Zebrafisch-Embryo in den ersten 24 Stunden seines Lebens zu beobachten. Die Aufnahmen fügten sie zu mehreren Filmen zusammen, die im Zeitraffer zeigen, wie aus einer befruchteten Eizelle durch unentwegte Teilung schließlich 16 000 Körperzellen entstanden sind.

Mit der Zeit beginnen sie sich wie auf ein unsichtbares Kommando hin zu formieren und bilden Zellströme, die sich an vorgegebenen Stellen verdichten, bis nach und nach Kopf, Rückenmark und Schwanz eines Fischembryos zu erkennen sind. Aus Tausenden von Einzelzellen entsteht ein höheres Lebewesen – so deutlich wie hier war das noch nie zu sehen. Aus diesem Grund wählte die Science-Redaktion das Forschungsprojekt der Entwicklungsbiologen als einen 'Runners-Up' des Jahres 2008.

Dieser Film ist eine kondensierte Fassung von Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven der ersten 24 Stunden im Leben eines Zebrafisch-Embryos.Quelle: youtube.de

Eine Stadt durch das Weltraumteleskop

„Stellen Sie sich vor, Sie beobachten die Einwohner einer Stadt einen Tag lang mit einem Weltraumteleskop. Das ist ungefähr so, als wenn sie Zehntausende Zellen beobachten, aus denen ein Wirbeltier-Embryo besteht – nur dass sich die Zellen dreidimensional bewegen“, sagt Keller. Die einzigartigen Aufnahmen haben den Heidelbergern zum siebten Platz der Science-Bestenliste 2008 verholfen.

Die Aufmerksamkeit durch die Veröffentlichung in Science (Vol. 322, Nr. 5904, Seiten 1065 - 1069) und die Aufnahme in die Hitliste hilft ihnen vielleicht auch dabei, ihre nächsten Ziele zu verwirklichen. Die Heidelberger Wissenschaftler hoffen, dass auch andere Entwicklungsbiologen ihr Bild- und Filmmaterial von Embryos auf der eigens eingerichteten Internetseite einstellen: www.embl-heidelberg.de/digitalembryo

Digitaler Embryo

Philipp Keller und seine Mitarbeiter vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie haben eine Internetseite für ihren digitalen Embyro eingerichtet. Dort, so hoffen die Forscher, werden demnächst auch andere Embryoforscher weitere Aufnahmen hochladen - und so ein YouTube der Entwicklungsbiologie schaffen. 

Zum digitalen Embryo: hier klicken

Die soll sich, das wünschen sich die Forscher, zu einer Art YouTube der Entwicklungsbiologie entwickeln - mit kostenlos abrufbarem Filmmaterial aus den Labors der ganzen Welt.

Verwandlungskünstler unter den Eiweißen 

Auf dem Gebiet der Proteomforschung wurden im Jahr 2008 große Fortschritte gemacht – da sind sich sowohl Nature als auch Science einig. Nature hat die Beschreibung des sehr vielgestaltigen Ubiquitins durch Göttinger Molekularbiologen auf ihre Liste der wichtigsten Veröffentlichungen aus dem Jahr 2008 aufgenommen, die nicht in Nature erschienen sind (sondern in Science2008, Vol. 320, Nr. 5882, S. 1471-1475). Science schließt sich hier selbstverständlich an, erwähnt aber zusätzlich die vollständige  Erfassung aller Eiweiße der Hefe durch Münchner Forscher (die wiederum in Nature erschienen ist: Online-Veröffentlichung, 28. September 2008).

Seit langem schon diskutieren Molekularbiologen darüber, wie sich Eiweiße an ihre Zielmoleküle binden. Rätselhaft war vor allem, wie es einige Eiweiße schaffen, in ganz verschiedene Schlösser zu passen - je nachdem, welches Molekül sich gerade anbietet. Ubiquitin ist dabei ein besonderer Verwandlungskünstler unter den Eiweißen. In der Zelle ist es für den Abbau von ausgedienten Eiweißen zuständig. Dabei bindet es an ganz verschiedenen Partner - bereits 21 sind beobachtet worden. Bert de Groot, Christian Griesinger und Helmut Grubmüller vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen konnten mit einer neuen Technik das Ubiquitin nun über einen längeren Zeitraum bei seiner Arbeit beobachten.

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Wochenrückblick: Verwandlungskünstler im Visier von Strukturbiologen

Sie stellten dabei fest, dass das Protein - entgegen der Lehrbuchmeinung - seine Form innerhalb von Mikrosekunden ändert und dadurch ständig neue Formen annimmt. Damit hält das Ubiquitin alle Passformen bereit und sich selbst alle Möglichkeiten offen – bis ein passender Bindungspartner aufkreuzt.

Alle Eiweiße der Bäckerhefe

Am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried wiederum identifizierte eine Arbeitsgruppe um Matthias Mann insgesamt 4399 verschiedene Eiweiße der Bäckerhefe. Zum ersten Mal ist damit das sogenannte Proteom eines Organismus komplett entschlüsselt. Dafür setzten die Forscher eine spezielle Massenspektrometrie ein, die sogenannte SILAC-Technik (Stable Isotope Labeling by Amino Acid by Cell Culture).

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News: Alle Eiweiße der Hefe im Visier

Hefezellen unter dem ElektronenmikroskopLightbox-Link
So sehen Hefezellen unter dem Elektronenmikroskop aus.Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie

Damit lassen sich nicht nur alle Eiweiße ermitteln, die sich gerade in einer Hefezelle befinden, sondern auch ihre exakte Menge. Nicht alle der Eiweiße sind dabei gleichzeitig aktiv. Offenbar verändert sich das Protein-Set der Hefe im Laufe ihres Lebenszyklus. "Wir haben bewiesen, dass es mit unserem Forschungsansatz möglich ist, dass gesamte Proteom eines Organismus aufzuklären. Jetzt müssen wir die Methoden verfeinern und unsere Analysen ausdehnen, um weitere Proteome zu entschlüsseln", sagt Matthias Mann.

Für Proteomiker ist die Hefe besonders interessant, weil ihre Zellen in zwei Formen vorkommen: als Körperzellen und als Sperma. Beide Zellarten (diploid und haploid) besitzen identische Gene, benötigen jedoch für ihre unterschiedliche Lebensweise und Funktion ein völlig unterschiedliches Eiweiß-Set. Im Vergleich konnten die Wissenschaftler nun jene Eiweiße aufspüren, die bei der Fortpflanzung eine besondere Rolle spielen. Ein solcher Vergleich hilft auch beim Menschen weiter: So weisen Leber- und Muskelzellen eines Menschen ebenfalls eine gleiche genetische Zusammensetzung auf, obwohl sie völlig unterschiedliche Funktionen im Körper ausüben.

 

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