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MicroRNAs: Winzige Molekülschnipsel mit großem Einfluss

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Um der Rolle von microRNAs bei der Eiweißproduktion auf die Spur zu kommen, nutzen Forscher unter anderem spezielle Biochips. Quelle: biotechnologie.de

01.08.2008  - 

Vor noch gar nicht langer Zeit waren microRNAs für Wissenschaftler noch völlig unbekannt. Erst neueste Technologen der Genomforschung haben es möglich gemacht, diese winzigen Molekülschnipsel überhaupt aufzuspüren. Inzwischen ist klar: Sie haben einen erheblichen Einfluss darauf, welche Eiweiße in einer Zelle hergestellt werden und welche nicht. Wie genau diese Regulation durch microRNAs erfolgt, war bislang allerdings noch unklar. Berliner Forscher um Nikolaus Rajewsky und Matthias Selbach vom Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC) haben nun etwas Licht ins Dunkel gebracht: Wie sie im Fachmagazin Nature (2008, 30. Juli Online-Vorabpublikation) berichten, kann eine einzige microRNA offenbar hunderte Eiweiße steuern.

Eiweiße sind die wichtigsten Baustoffe aller Lebewesen: Aus ihnen bestehen der Körper, die Organe, alle Gewebe und Zellen sowie die molekularen Maschinen in diesen Zellen. Die Baupläne für die Eiweiße sind wiederum auf den Genen abgespeichert. Wann diese Baupläne dann auch tatsächlich abgelesen und zur Produktion von Eiweißen genutzt werden, unterliegt einem komplizierten Regulationsprozess. Dieser ist auch notwendig, denn nur so ist sichergestellt, dass die Zellen eines Organismus – die alle die gleichen Gene besitzen – auch unterschiedliche Aufgaben übernehmen können.

Nikolaus Rajewsky, Bioinformatik-Professor an der New York University, kommt im Sommer ans Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Lightbox-Link

Nikolaus Rajewsky ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein theoretischer Physiker zum Revoluzzer wird und die Biologie auf den Kopf stellt. Seit 2006 ist er der Bioinformatiker am MDC und stürzt sich in die Welt der RNA-Forschung.

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Bedeutung der microRNAs wird langsam klarer

Erst seit einigen Jahren ist bekannt, dass winzige Moleküleschnipsel – die microRNAs - bei dieser Genregulation eine wichtige Rolle spielen. Beim Weltkongress der Genetik, der Mitte Juli in Berlin stattfand, waren sie eines der Topthemen (mehr...). Der enorme Wissenssprung der letzten Jahre wurde vor allem durch neue Technologien ermöglicht, durch die Wissenschaftler die microRNAs überhaupt erst aufspüren konnten. Heute ist klar: MicroRNAs bestimmen zu einem großen Teil mit, welche Eiweiße in einer Zelle produziert werden. Schleichen sich hierbei Fehler ein, dann können wiederum Krankheiten entstehen. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden microRNAs auch für Mediziner immer interessanter.

Weltweit sind Forscher nun dabei Methoden zu entwickeln, mit denen sich microRNAs aufspüren und ihre Aktivität messen lassen. Nikolaus Rajewsky vom Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin gehört in Deutschland zu jenen, die sich dieser Arbeit im Besonderen verschrieben haben. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat der Bioinformatiker erst jüngst  einen Ansatz entwickelt, mit dem Forscher bekannte und unbekannte aktive microRNAs in Gewebeproben entdecken können (mehr...).

Mehr Informationen
zur Arbeit von Prof. Rajewsky am MDC: hier klicken

Mit neuer Methode Einfluss von microRNAs gemessen

Nun hat sich der Wissenschaftler der Frage gewidmet, welche Eiweiße eigentlich genau durch die bisher bekannten microRNAs reguliert werden. Zusammen mit Matthias Selbach - ebenalls am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin - konnte er dabei herausfinden, dass eine einzige microRNA offenbar hunderte von Eiweißen steuern kann. Wie die Forscher im Fachmagazin Nature (2008, 30. Juli, Online-Vorabveröffentlichung) berichten, haben sie einen Weg gefunden, diesen Einfluss zu messen. Dazu  beluden sie die Bausteine der Eiweiße, die Aminosäuren, mit stabilen, also nicht-radioaktiven Isotopen, und gaben sie zusammen mit microRNAs in Zellkulturen. Die Zellen bauten die markierten Aminosäuren in ihre eigenen Eiweiße ein. Dank der Markierung konnten die Wissenschaftler im Anschluss die Produktion der Eiweiße exakt mit einem Massenspektrometer verfolgen. Durch computergestützte Analyse der Daten in Zusammenarbeit mit Raya Khanin von der Universität Glasgow (Großbritannien) konnte so der direkte Effekt einer einzelnen microRNA auf viele tausend Eiweiße untersucht werden.

Gerhard Schratt ist Juniogruppenleiter an der Universität Heidelberg und will die Rolle von microRNas entschlüsseln.Lightbox-Link

Gerhard Schratt will der Rolle der microRNAs im Gehirn auf die Spur kommen und dadurch komplexe Vorgänge wie Lernen oder Langzeitgedächtnis besser verstehen.

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Kann Schicksal einer Zelle verändern

Wie die MDC-Forscher jetzt feststellten, geschieht die Regulierung der Eiweißproduktion sehr behutsam. „MicroRNAs drehen an vielen Schaltern, aber immer nur ein bißchen“, erläutert Selbach. „Dadurch ist das System biologisch sehr robust und sehr flexibel. Grundsätzlich kann eine einzige microRNA auf diese Weise das Schicksal einer Zelle komplett verändern. In Krebszellen sind beispielsweise andere microRNAs aktiv als in gesunden Zellen.“

Die MDC-Forscher haben außerdem untersucht, was geschieht, wenn die Menge einer bestimmten microRNA verringert oder erhöht wird. Dabei konnten sie beobachten, dass fast alle Eiweiße entgegengesetzt reguliert wurden. „Offenbar kann eine einzige microRNA die Produktion von fast allen Eiweißen reversibel steuern“ erklärt Nikolaus Rajewsky. Da microRNAs als aussichtsreiche Kandidaten für Diagnostik und Therapie von Krankheiten des Menschen gelten, hoffen die Forscher, dass ihre Erkenntnisse künftig in dieser Hinsicht nützlich sein werden.

 

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