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Entschlüsselt: Wie Bakterien übel riechende Substanz herstellen

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Auch Bakterien der Gattung Streptomyces stellen Methylisoborneol her: Hier eine mit diesen Mikroorganismen bewachsene Agarplatte. Quelle: TU Braunschweig

16.11.2007  - 

Es riecht nach frischer Erde, mal gammelig und muffig, und kann schon bei geringsten Konzentrationen von nur zehn Nanogramm pro Liter erschnuppert werden: Methylisoborneol. Wissenschaftler um den Chemiker Stefan Schulz von der Technischen Universität Braunschweig haben nun gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und der Universität Saarland entschlüsselt, wie Bodenbakterien diesen unangenehmen Duftstoff herstellen. Wie die Forscher im Fachmagazin Angewandte Chemie (2007, 119, S. 8436-8439) berichten, kann mithilfe dieser Ergebnisse nun die Rolle der für diese Produktion verantwortlichen Gene genauer untersucht werden. Langfristig ist denkbar, gezielt in diesen Mechanismus einzugreifen und in den Bakterien zu hemmen.

Für den Menschen ist Methylisoborneol zwar nicht schädlich, aber fast jeder empfindet den Geruch dieser Substanz in Verbindung mit Trinkwasser als äußerst unangenehm und abschreckend. Selbst frisches Wasser gilt als ungenießbar, sobald das Methylisoborneol darin wahrgenommen wird. Versorgungsbetriebe entfernen dies daher bei der Trinkwasseraufbereitung mit hohem Aufwand. Auch in Fischen kann sich der flüchtige Stoff anreichern, die dann aufgrund des typischen "Schlammaromas" als zum Verspeisen geeignet sind. Entsprechend ist die Lebensmittelindustrie an Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet interessiert.

Auf der Suche nach dem Sinn der Düfte und Aromen

Stefan Schulz von der TU Braunschweig beschäftigt sich als Wissenschaflter in der chemischen Ökologie schon seit langem mit Naturstoffen, insbesondere mit Düften und Aromen. "Wir wollen genau wissen, warum Bakterien Gerüche produzieren", erläutert Schulz. "Wer denkt schon an Bakterien, wenn er einen guten Käse und ein Glas Rotwein genießt, wenn er den stinkenden Biomüll hinausträgt oder beim Spaziergang eben diesen erdigen Duft von Methylisoborneol in die Nase bekommt“, fragt Professor Schulz. All diese Gerüche und Aromen werden von Bakterien hergestellt und Forscher wie Schulz wollen herausfinden, welche Funktion sie in der Natur erfüllen, und wie sich die Geschmacks- und Geruchsrezeptoren im Menschen im Laufe der Evolution darauf eingestellt haben. Gleichzeitig sind solche Erkenntnisse wichtig für die Lebensmittelindustrie, insbesondere wenn es sich um unangenehme Duftsubstanzen wie Methylisoborneol handelt. Wie Schulz gemeinsam mit seinen Braunschweiger Kollegen vom HZI und dem Myxobakterien-Experten Rolf Müller von der Universität Saarbrücken im Fachmagazin Angewandte Chemie (2007, 119, S. 8436-8439) berichtet, konnte nun die Biosynthese des Gestank verursachenden Methylisoborneols bei den Myxobakterien Nannocystis exedens nachgewiesen werden. Mit diesem Wissen ist es den Forschern nun möglich, die Gene genauer zu erforschen, die bei der Produktion dieser Substanz eine Rolle spielen. Daraus ergibt sich wiederum langfristig die Möglichkeit, diesen Prozess in Bakterien gezielt zu hemmen.

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Erst kürzlich hat der auch an diesem Projekt beteiligte Forscher Rolf Müller von der Universität des Saarlandes das Genom eines anderen Myxobakteriums entschlüsseln können - vom Naturstoffproduzenten Sorangium cellulosum. Mehr Informationen

Penetranter Geruch als Warnsignal für giftige Stoffe

Warum eine Substanz, die für den Menschen eigentlich ungefährlich ist, so schlecht riecht, dafür hat Schulz eine ganz eigene Hypothese entwickelt. "Offensichtlich schreckt uns der Geruch in Verbindung mit allem, was wir essen und trinken möchten, so vehement ab, weil er ein drastisches Warnsignal aussendet. Aber welchen Sinn macht diese Warnung, wenn die Substanz an sich harmlos ist?" fragt Schulz. Seine Antwort: "Interessanterweise produzieren einige der Bakterien, die auch das Methylisoborneol herstellen, gleichzeitig für den Menschen hoch giftige Stoffe. Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt und in stehenden Gewässern vorkommend, können sehr gefährliche Toxine herstellen, die man aber nicht riechen kann. Der Mensch hat womöglich im Laufe der Evolution gelernt, den penetranten Geruch als Warnsignal für diese Gefahr zu deuten."

Langfristig konzentriert sich Schulz aber nicht nur auf Methylisoborneol. Seine Vision ist es, eine Kartographie aller von Bakterien produzierten Duftstoffe darzustellen und ihre Funktion im Zusammenspiel der Lebewesen zu erforschen.

 

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