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Molekulare Schere als Werkzeug im Kampf gegen Aids

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Reife HIV-Partikel unter dem Elektronenmikroskop Quelle: Robert-Koch-Institut, Berlin

02.07.2007  - 

Schon seit Jahrzehnten suchen Wissenschaftler nach einer effektiven Möglichkeit, den Aids-Erreger zu bekämpfen – bislang können sie den Auslöser der tödlichen Immunschwächekrankheit aber allenfalls in Schach halten, jedoch längst nicht komplett zerstören. Jetzt haben Forscher um Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie in Hamburg zusammen mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie in Dresden einen vielversprechenden Ansatz gefunden, mit dem sich die Immunschwächekrankheit Aids womöglich heilen lässt. Wie sie im Fachmagazin Science (2007, Vol. 316, S. 1912-1915) berichten, gelang es ihnen erstmals, das Erbgut des Aids-Erregers aus infizierten Zellen zu entfernen.

Bislang können Menschen, die an der Immunschwächekrankheit Aids erkrankt sind, nicht geheilt werden. Bestehende Medikamente richten sich lediglich gegen die Vermehrung des Aids auslösenden HI-Virus (HIV) und können die Krankheit bestenfalls in Schach halten. HIV zählt zu den Retroviren, bei denen die Erbinformation nicht als DNA, sondern als RNA vorliegt. Sobald das Virus in eine Wirtszelle eingedrungen ist, stellt es eine Kopie seines Erbguts her und baut diese fest in das Erbgut der Zelle ein. Auf diese Weise machen sich die Viren den Zellapparat zunutze und lassen immer neue Viren herstellen.

Dieser kurze Beitrag auf dem Nachrichtensender n-tv erläutert die Ergebnisse des deutschen Forscherteams.Quelle: youtube.com

Bisher keine Strategie zur Heilung von Aids in Sicht

Bisherige therapeutische Strategien zielen darauf ab, diese Vermehrung zu unterdrücken und setzen an den unterschiedlichsten Stufen im Vermehrungszyklus an. Entweder sie wollen das Eindringen des Virus in die Zelle verhindern, oder das Ablesen des Viruserbguts blockieren, oder aber sie stören den Aufbau neuer Viren. Betroffene müssen Medikamente heutzutage dauerhaft einnehmen, um einen permanent hohen Wirkspiegel zu erreichen. Dabei treten immer wieder Resistenzen auf, denn die anpassungsfreudigen Viren lernen nach einiger Zeit, den Medikamenten zu widerstehen. Um solche Resistenzen zu vermeiden, werden in der Regel mehrere Substanzen miteinander kombiniert.

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Wie wurde Aids entdeckt?

Anfang der 80er Jahre rätselte der US-Forscher Michael Gottlieb über eine extrem seltene Lungenkrankheit bei fünf Homosexuellen. Darüber schreibt er im wöchtlichen Bulletin der amerikanischen Gesundheitsbehörde. Als der kurze Artikel erschienen ist, sind die jungen Männer schon tot. Gottlieb wusste damals noch nichts über die Immunschwäche-krankheit, heute gilt sein Beitrag als erster wissenschaftlicher Aufsatz zum Thema. 
Zum Themendossier Aids

Jetzt haben Wissenschaftler um Joachim Hauber am Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie in Hamburg gemeinsam mit Kollegen um Frank Buchholz vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie in Dresden einen völlig neuen Ansatz verwirklicht: Sie haben einen Weg gefunden, das Erbgut von HI-Viren in den betroffenen Zellen komplett zu entfernen. Wie die Forscher im Fachmagazin Science (2007, Vol. 316, S. 1912-1915) berichten, ist ihnen das mit einer molekularen Schere gelungen, dem Enzym Rekombinase. Dieses molekulare Werkzeug ist in der Lage, Abschnitte im Erbgut zielgenau zu erkennen und sie regelrecht herauszuschneiden. Um diese Schere für HIV-infizierte Zellen zu nutzen, haben die Wissenschaftler die Rekombinase so verändert, dass sie das Erbgut von HI-Viren erkennt und aus der DNA der betroffen Zellen herausschneidet. Natürliche Rekombinasen eignen sich jedoch nicht, um die Gene des Virus aus dem menschlichen Erbgut herauszuschneiden. „Sie funktionieren normalerweise nur bei den für sie angepassten Basenabfolgen“, erklärt Buchholz.

In jahrelanger Arbeit passgenaues Enzym geschneidert

Mehr als zwei Jahre hat es gedauert, bis die Dresdner Forscher eine maßgeschneiderte Rekombinase gezüchtet hatten. Die Arbeit sei dabei mit der eines Pflanzenzüchters zu vergleichen, sagt Buchholz. Schritt für Schritt verbesserten die Wissenschaftler mithilfe von gentechnischen Verfahren das Designer-Molekül. Als Ausgangsbasis nahmen sie ein Enzym namens Cre, das eine Gensequenz erkennt, die dem Erbgut von HI-Viren entfernt ähnlich ist. Erst nach 126 Entwicklungsstufen war die Schere so passgenau auf das HI-Virus abgerichtet, dass es auch wirklich keine anderen Erbgutbereiche zerschneidet: Es zielt dabei auf relativ konstant vorhandene Stellen im HIV-Genom, die den Viren als Anker im Zellgenom dienen, den long terminal repeats (LTR). 

Die neue Methode unterbricht den Teufelskreis: Aus einer infizierten wird eine therapierte Zelle.Lightbox-Link
Die neue Methode unterbricht den Teufelskreis: Aus einer infizierten wird eine therapierte Zelle.Quelle: Buchholz/Hauber

Das so designte Enzym bezeichnen die Forscher als Tre. In Zellkulturen hat ihr Verfahren geklappt, nun müssen sie testen, ob es auch im lebenden Organismus ohne allzu große Nebenwirkungen funktioniert. Derzeit bereitet Hauber umfangreiche Versuche mit Mäusen vor, in denen das nur in Form einer Gentherapie zu verwirklichende Verfahren getestet werden soll. Falls diese Studien positiv verlaufen, könnte möglicherweise in zehn Jahren eine Rekombinase-Therapie für den Menschen zur Verfügung stehen, schätzt Hauber.

 

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