Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Schmarotzer-Gene in Pilz gefunden

Von Ustilago maydis befallener Maiskolben mit charakteristischen "Gallen" . <ic:message key='Bild vergrößern' />
Von Ustilago maydis befallener Maiskolben mit charakteristischen "Gallen" . Quelle: Michael Bölker / Philipps-Universität Marburg

22.11.2006  - 

Wenn Ustilago maydis eine Maispflanze befällt, ist dies leicht zu erkennen: Die eigentlich wohlgeformten, gelben Körner wuchern und bilden monströse Gallen mit blau-schwarzen Brandsporen. Bauern ist diese als Maisbeulenbrand bezeichnete Pflanzeninfektion gut bekannt, aber ein Gegenmittel gegen den lästigen Pilz gibt es bisher nicht. Nun hat ein aus 80 Forschern bestehendes internationales Team das Genom des Pilzes eingehend analysiert und bestimmte Abschnitte entdeckt, mit deren Hilfe der Pilz seine Parasiten-Strategie zum Erfolg führt. Wie die Forscher um Jörg Kamper und Regine Kahmann des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg im Fachmagazin Nature (Vol. 444, S. 97-101) berichten, sind sie damit womöglich einem völlig neuen Weg der Pflanzeninfektion auf die Spur gekommen: Anders als andere Erreger verschafft sich der Pilz mit speziellen Eiweißen Einlass in die Pflanze und sorgt so offenbar dafür, dass ihn die Abwehrposten nicht als Feind erkennen.

In Mexiko gelten die Gallen von Ustilago maydis zwar als Spezialität, in den übrigen Ländern gilt der Pilz aber als Auslöser des Maisbeulenbrandes und ist den Bauern ein echtes Ärgernis: Der Ertrag der Ernte sinkt, der Mais kann höchstens noch als Viehfutter verwendet werden. Der Pilz nutzt dabei eine scheinbar harmlose Strategie: Anders als viele andere Mikroorganismen, bringt er die befallene Pflanze nicht um, sondern vermehrt sich als Parasit in ihren Blättern, Blüten und Kolben. Solche sogenannten biotrophen Pilze schaffen es, dass die Pflanze auf sie nicht mit Abwehr reagiert und sie auf diese Weise von der lebenden Pflanze als Nährstofflieferant profitieren können. Wie dieses Zusammenspiel zustande kommt war bisher jedoch ebenso unbekannt wie die molekularen Prozesse hinter der Entstehung der großen Wucherungen, in denen Ustilago maydis von der Pflanze ernährt wird.

Neue Strategie beim Überfall auf die Wirtspflanze

Nun ist ein internationales Team um Jörg Kämper (Koordination) und Regine Kahmann (Initiatorin) ein gutes Stück weitergekommen, um die Schmarotzer-Strategie des Pilzes besser zu verstehen. Auf der Basis von drei vorliegenden Sequenzierungen analysierten sie alle 7000 Gene des Pilzes und stießen auf einige Überraschungen. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature berichten, fanden sie nur wenige der Gene, die bei anderen pilzlichen Pflanzenerregern dafür sorgen, dass spezielle Toxine oder Enzyme gebildet werden, die Zellwände abbauen und den Wirt schädigen. Mithilfe einer umfassenden Genaktivitätsanalyse fanden die Forscher hingegen zwölf Gencluster, die Ustilago maydis offenbar für seine Strategie braucht. Sie alle sind am Prozess der Pflanzeninfektion beteiligt und in Experimenten stellten sich vier davon sogar als unerlässlich für den Erfolg heraus:Die Aktivität dieser Gene nimmt zu, sobald der Pilz eine Pflanze infiziert.  In all diesen Genclustern sind die Baupläne von Eiweißen gespeichert, die der Pilz nach außen absondert.  Ihre genaue Rolle im komplexen Ablauf der Pflanzeninfektion ist allerdings noch unklar, da in keinem anderen Organismus bisher ähnliche Eiweiße entdeckt wurden. Die Forscher vermuten nun, dass sie eine Schlüsselposition einnehmen und ein wesentlicher Grund dafür sind, dass die Infektionsstrategie von Ustilago maydis so erfolgreich ist. „Mit den Eiweißen gelingt es dem Pilz offensichtlich, die Wirtpflanze von seiner Harmlosigkeit zu überzeugen“, erklärt Regine Kahmann, Direktorin vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie im Marburg und zugleich Professorin für Genetik am Fachbereich Biologie der Philipps-Universität. Mit einem biochemischen Deckmäntelchen getarnt könne sich der Erreger an der Abwehr der Pflanze vorbeischmuggeln und sich ungestört ausbreiten.

Die Forscher vermuten nun, dass es sich bei den nach außen abgesonderten Eiweißen um einen wesentlichen Bestandteil einer völlig neuen Strategie der Pflanzeninfektion handelt, die womöglich für alle biotrophen Pilze gilt. Weitere Analysen sollen diese Frage nun in den kommenden Jahren beantworten helfen und damit vor allem für die Entwicklung von Gegenmitteln genutzt werden. Schließlich hat Ustilago maydis Verwandte wie beispielsweise einige Arten der Rostpilze, die der Landwirtschaft als Krankheitserreger noch erheblich mehr Probleme bereiten.

Gendatenbank vom Maisbeulenbranderreger

Im Rahmen des Projektes ist zudem eine umfangreiche Datenbank aufgebaut worden, in der alle Gene des Maisbrandpilzes mit funktionellen Beschreibungen erfasst sind. Diese Arbeit wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Max-Planck-Gesellschaft finanziell unterstützt. Das Ergebnis ist nun auf der Webseite des Münchner Informationszentrums für Proteinsequenzen (Munich Information Center for Protein Sequences (MIPS)) unter http://mips.gsf.de/genre/proj/ustilago öffentlich zugänglich und kann die weiteren Analysen zu Ustilago maydis unterstützen.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit