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Erste Kopien von Biotech-Medikamenten drängen auf den Markt

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Die ersten Nachahmer-Versionen von biotechnologisch hergestellten Medikamenten haben in der EU eine Marktzulassung erhalten. Quelle: ratiopharm

26.06.2006  - 

Europa auf dem Vormarsch: Während die amerikanische Zulassungsbehörde FDA noch immer zögert, ein verbindliches Regelwerk für Nachahmer-Versionen von biotechnologisch hergestellten Medikamenten zu erstellen, hat die EU-Kommission nun den Damm gebrochen und zwei Biogenerika die Vermarktungserlaubnis erteilt: Omnitrope von Sandoz und Valtropin von Biopartners - beides menschliche Wachstumshormone, die bei Kleinwüchsigkeit eingesetzt werden sollen. Sie sind die ersten Biotech-Kopien, die auf der Basis der neuen Biosimilar-Richtlinien in Europa zugelassen wurden.

Anders als in den USA, wo es bislang noch keine verbindliche Regelungen für Nachahmerpräparate von biotechnologisch hergestellten Medikamenten gibt, hat die europäische Zulassungsbehörde EMEA (European Medicines Agency) ein umfangreiches Regelwerk  für die Zulassung erarbeitet, das seit Ende vergangenen Jahres in Kraft getreten ist. Die Inhalte wurden auf der Basis von Diskussionen mit Vertretern aus Industrie, Gesundheitswirtschaft und Wissenschaft erarbeitet. In Abgrenzung zu Nachahmer-Versionen von chemisch hergestellten Medikamenten spricht die EMEA bei den Biotech-Kopien nicht von Biogenerika, sondern von sogenannten Biosimilars. Dies soll zum Ausdruck bringen, dass die Nachahmer-Versionen von biotechnologisch hergestellten Medikamenten ihren Originalen nur ähnlich, aber nicht identisch sind. Dies ist schon aufgrund der Herstellung von Biotech-Medikamenten kaum möglich: Schließlich werden sie in lebenden Organismen hergestellt und bereits kleinste Abweichungen im Verfahren könnten zu schwer bemerkbaren, aber sicherheitsrelevanten Unterschieden führen. Anders als bei bisherigen Generika fordert die EMEA deshalb vor einer Zulassung von Biosimilars, dass bei veränderten Produktionsbedingungen erneute Prüfungen die therapeutische Vergleichbarkeit und Sicherheit in vollem Umfang nachweisen müssen. Die Generika-Hersteller können sich damit nicht wie bei Generika sonst üblich auf die klinischen Daten des Vorbild-Präparates berufen.

Trotz umfangreicher Regeln erste EU-Zulassungen erteilt

Davon lassen sich die Unternehmen aber offenbar nicht abschrecken, wie die EU-Zulassungen von Sandoz (Generika-Tochterunternehmen von Novartis) und der Schweizer Biopartners GmbH zeigen. Die beiden menschlichen Wachstumshormone Omnitrope und Valtropin sind erste Nachahmer-Versionen von Biotech-Medikamenten, mit denen Wachstumsstörungen bei Kindern behandelt werden. Sandoz’ Omnitrope enthält den gleichen Wirkstoff wie Pfizers Genotropin, das in den 80er Jahren zu den ersten biotechnologisch hergestellten Medikamenten gehörte, die auf den Markt kamen. Biopartners Valtropin hingegen ist eine Kopie des Eli Lilly Produkts Humatrope. Für beide Biosimilars hatte die europäische Zulassungsbehörde EMEA bereits Anfang des Jahres eine positive Empfehlung abgegeben. Im April erteilte die EU-Kommission nun für Omnitrope offziell die Zulassung, zwei Wochen später für Valtropin. Omnitrope wird in Deutschland jetzt zu einem um 25 Prozent niedrigeren Preis angeboten. Eine Markteinführung von Valtropin ist für Ende 2006 geplant.

Nächste EU-Zulassungen für EPO-Kopien erwartet

Der nächste Schritt im Markt der Biosimilars wird für Erythropoitin (EPO) erwartet – ein Mittel gegen Blutarmut, das gern auch von Sportprofis für Dopingzwecke mißbraucht wird. Das wichtigste europäische EPO-Patent der amerikanischen Biotech-Firma Amgen ist bereits ausgelaufen und Generika-Hersteller wittern bereits das große Geschäft, da EPO zu den Blockbustern unter den Biotech-Produkten gehört. So hat das Amgen-EPO-Produkt Aranesp im Jahr 2005 einen Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar in Europa erzielt. In ähnlichen Höhen belaufen sich die Auslandsumsätze des EPO-Produkts Eprex von Johnson & Johnson. An diesem Kuchen wollen Generika-Hersteller auch teilhaben, allen voran deutsche Konzerne wie der Generika-Hersteller Stada. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, noch im Juni einen Zulassungsantrag für eine EPO-Kopie bei der EMEA einzureichen und auch die Schweizer Biopartners GmbH arbeitet an einem EPO-Biosimilar. Anders als das humane Wachstumshormon ist EPO jedoch ein weitaus kompliziertes Molekül. Die Herstellung eines EPO-Nachfolge-Produktes ist daher aufwändiger und teurer. Die EMEA verlangt mindestens zwei klinische Studien, in denen das nachgeahmte EPO für ein Jahr mit einem Referenzprodukt wie Eprex verglichen wird. Immunogenitätstest könnten ebenfalls ein Jahr der Prüfung andauern.

Aber auch andere Medikamente, die etwa auf den Botenstoffen Interferon alpha und beta oder dem Wachstumsfaktor G-CSF basieren, sind bereits in der Pipeline der Generika-Unternehmen. Das Europa-Patent für G-CSF ist nur noch bis August dieses Jahres gültig, die ersten Patente für Interferone laufen 2007 aus. Neben Sandoz, Biopartners und Stada gehören Teva aus Israel und das deutsche Unternehmen Ratiopharm (über seine Unternehmenstochter Biogenerix) zu weiteren Kandidaten, die demnächst in den Ring des Biosimilar-Marktes steigen werden.

FDA ebnet Biosimilars immer noch nicht den Weg

Anders als die EU lassen sich die Amerikaner noch Zeit. Zwar hat die amerikanische Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA)  nach langem Rechtsstreit für Sandoz’ Omnitrope kürzlich ebenfalls eine Marktzulassung erteilt. Allerdings weist die Behörde ausdrücklich darauf hin, dass dieser Schritt keinesfalls grundsätzlich den Weg für Biosimilars ebne, da dafür ein neues Gesetz erforderlich sei. Omnitrope wird aus diesem Grund der Gruppe der „Follow-on protein products“ (FOPP) zugeordnet, von denen die FDA bereits mehrere andere zugelassen hat. Mit einer Biogenerika-Regelung für den US-Markt rechnen Experten nicht vor 2009. Amerikanischen Biotech-Konzernen wie Amgen, Johnson & Johnson oder Biogen Idec ist das nur recht. Da sie einen Großteil der Original-Patente für Biotech-Medikamente halten, haben sie vorerst wenig Interesse an einer Billig-Konkurrenz durch Generika.

 

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Biosimilar-Guideline der Europäischen Zulassungsbehörde EMEA

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