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Mit Stammzelltherapie Achillessehnen von Ratten regeneriert

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Stammzelltherapie auf der Spur: Dr. Gerhard Gross und Dr. Andrea Hoffmann von der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig. Quelle: GBF/Gramann

17.05.2006  - 

Sehnen- und Bänderverletzungen sind im Sport schon fast nicht mehr wegzudenken. Wer sie heilen will, steht jedoch noch immer vor einer großen Herausforderung. Meist wird eigenes oder fremdes Sehnen-Gewebe transplantiert, auch künstlicher Gewebe-Ersatz wird mitunter eingesetzt. Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig haben nun einen neuen Ansatz entdeckt, wie sich Sehnenverletzungen mittels Stammzellen therapieren lassen. Wie sie im Fachmagazin Journal of Clinical Investigation (Vol. 116, S. 940-952) berichten, hat dies zumindest bei geschädigten Achillessehnen von Ratten funktioniert.

Dabei hatten die Braunschweiger Wissenschaftler um Dr. Gerhard Gross und Dr. Andrea Hoffmann zunächst gar nicht unbedingt Sehnen im Blick. Ihr eigentliches Interesse lag darin, die grundsätzlichen Mechanismen von mesenchymalen Stammzellen (MSC) zu verstehen. MSCs kommen im Knochenmark vor, gehören zu den adulten Stammzellen und sind damit eine sehr mobile Eingreiftruppe. „Aus MSCs können sich bei Bedarf knochenbildende Zellen entwickeln“, erklärt Hoffmann, „aber auch knorpelbildende Zellen oder Muskelzellen oder Fettspeicherzellen.“ Die Forscher wollten nun herausfinden, wie diese Differenzierungsprozesse im Einzelnen ablaufen und welche Faktoren dabei Einfluss nehmen. Als Ausgangspunkt der Analyse diente der Wachstumsfaktor Bmp2 (Bone morphogenetic protein 2), von dem die Wissenschaftler bereits wussten, dass er eine wesentliche Rolle spielt. „Gleichzeitig war bekannt, dass auch mehrere Signalmoleküle an der Differenzierung von MSCs mitwirken“, erklärt Hoffmann. Zwei dieser Moleküle kannten die Forscher schon sehr gut, das dritte jedoch – Smad8 – war ihnen noch unklar. Sie nahmen es deshalb genauer ins Visier und stellten überraschend fest, dass dieses Molekül offenbar für die Bildung von Sehnen entscheidend ist. In Tests zeigt sich: Smad8 überträgt Signale, die die Zelle von außen erhält, und übersetzt sie in den Befehl, Sehnen zu bilden.

Verletzungen von Sehnen an der Quelle des Übels behandeln

Von da an war das Interesse der Braunschweiger Forscher geweckt. Könnte man nämlich diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragen, wäre eine Behandlung von Sehnenverletzungen direkt an der Quelle des Übels im Körper möglich. „Bisher gibt es nur wenige Optionen, um gerissene Sehnen oder Bänder zu heilen“, erläutert Gross. Meist werde dazu eigenes oder fremdes Sehnen-Gewebe oder ein künstlicher Gewebe-Ersatz transplantiert. „Es kommt aber häufig zu Komplikationen, von Immun- und Abstoßungsreaktionen bis hin zur Abnutzung des Implantats“, so der Experte.

Bei einer Stammzelltherapie gäbe es solche Nachteile nicht. Es würden patienteneigene Zellen verwendet, die der Patient demzufolge nicht abstößt. Zudem würde die Sehnenverletzung dort behandelt, wo sie auftritt: im Körper selbst, direkt am Verletzungsort. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Zunächst haben die Forscher ihren Ansatz im Tiermodell getestet und gentechnisch veränderte MSC hergestellt, die vermehrt Smad8 und Bmp2 produzieren. Diese Stammzellen transplantierten sie gemeinsam mit israelischen Kollegen in Jerusalem und Tel Aviv in 12 Nacktratten, bei denen die Achillessehne geschädigt war. Mit Erfolg – nach sieben Wochen zeigte sich, dass sich die Sehnen tatsächlich regeneriert hatten. „Ob ein entsprechendes Heilungsverfahren auch beim Menschen wirken würde, müssen erst künftige Untersuchungen zeigen“, dämpft Gross vorschnelle Hoffnungen. Jetzt geht es darum, die Methode für den Einsatz im Menschen anzupassen – ein langwieriger Prozess, der Jahre dauern kann, weil im Gegensatz zu Ratten andere molekularbiologische Methoden angewandt werden müssen. Andrea Hoffmann ist dennoch optimistisch, dass die Stammzellen irgendwann in der Klinik zur Sehnentherapie eingesetzt werden. „Wir werden alles daran setzen und eng mit der Medizinischen Hochschule in Hannover zusammenarbeiten.“