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Deutsche Biotech-Branche wieder auf Investoren-Radar

Wie kann die deutsche Biotech-Branche vom US-Boom profitieren? Diese Frage wurde auf dem Innovationskongress des IZB in Martinsried diskutiert. Mit dabei: Horst Domdey (BioM); Marion Jung (Chomotek), Sandra Wirsching (BIOCOM), Stefan Höfer (Deutsche Börse), Georg Ried (Bayern Kapital) und Simon Moroney (Morphosys). <ic:message key='Bild vergrößern' />
Wie kann die deutsche Biotech-Branche vom US-Boom profitieren? Diese Frage wurde auf dem Innovationskongress des IZB in Martinsried diskutiert. Mit dabei: Horst Domdey (BioM); Marion Jung (Chomotek), Sandra Wirsching (BIOCOM), Stefan Höfer (Deutsche Börse), Georg Ried (Bayern Kapital) und Simon Moroney (Morphosys). Quelle: IZB

20.07.2015  - 

Investoren gehen wieder aktiv auf Anlagesuche in der deutschen Biotech-Branche und auch die Politik versucht, dem Finanzierungsstandort auf die Beine zu helfen. Es geht aufwärts, auch wenn es gegenüber den USA noch einiges aufzuholen gibt – so lautete der Tenor beim Kongress „Biotech made in Germany“, zu dem das Innovations- und Gründerzentrum (IZB) in Martinsried am 17. und 18. Juli geladen hatte. Etliche Anwesende konnten vor den rund 100 Teilnehmern positive Nachrichten vermelden: Der Wagniskapitalfinanzierer TVM investiert nach langer Pause wieder in Deutschland, ein US-Frühphasen-Geldgeber eröffnet ein Büro in München und auch das German Accelerator-Programm sowie das Deutsche Börse Venture Network nehmen für die Life Sciences langsam an Fahrt auf.

Rund 100 Gäste aus Wirtschaft und Politik waren am 17. und 18. Juli der Einladung des IZB und des Bundestagsabgeordnenten Florian Hahn gefolgt, anlässlich des 20jährigen Bestehens der Martinsrieder Einrichtung über aktuelle Finanzierungstrends der deutschen Biotech-Branche zu diskutieren. Ein Fazit, das aus den zwei Podiumsrunden gezogen werden konnte: Die deutsche Biotech-Branche dürfte in den nächsten Monaten vom anhaltenden globalen Biotech-Boom profitieren.

Der ehemalige Wissenschaftschef bei Micromet, Patrick Bäuerle, ist inzwischen Investor beim US-Finanzierer MPM Capital.Lightbox-Link
Der ehemalige Wissenschaftschef bei Micromet, Patrick Bäuerle, ist inzwischen Investor beim US-Finanzierer MPM Capital.Quelle: IZB

TVM nach langer Pause zurück

Ein Zeichen für den Aufwärtstrend: Wagniskapitalfinanzierer wie TVM, deren letzte Investments in Deutschland im Jahr 2009 erfolgte, engagieren sich wieder hierzulande. „Wir werden demnächst ein Investment in München veröffentlichen, das bei rund 22 Mio. Euro liegen wird“, sagte Hubert Birner von TVM Capital im Rahmen des Innovationskongresses „Biotech made in Germany“ am IZB. Das Geld stammt aus dem 2014 neu geschlossenen TVM Life Science Ventures VlI Fond, für den signifikante Geldgeber in Kanada gewonnen wurden. Insgesamt steht ein Gesamtvolumen von rund 250 Mio. Dollar zur Verfügung, ein Teil davon wird nun nach Europa fließen. Ziel sei, so Birner, auch weitere Gelder einzusammeln, die explizit für deutsche Investments angelegt sind. Die erste Finanzierung in Deutschland erfolgt in ein Unternehmen in München, das ein nanotechnologiebasiertes Verfahren zur Arzneimittelformulierung entwickelt hat. Wie Birner ankündigte, stehen zudem weitere Finanzierungen mit TVM-Beteiligung in München und der Schweiz noch im Herbst auf der Agenda.

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Patrick Bäuerle: Von Micromet über Amgen zum Investor
Über neue Finanzierungsoptionen für deutsche Biotech-Vorhaben berichtete auch Patrick Bäuerle. Der ehemalige Wissenschaftschef des Münchner Antikörper-Spezialisten Micromet, der im Jahr 2012 von Amgen übernommen wurde, ist erst vor drei Monaten zu MPM Capital gewechselt. Der US-amerikanische Frühphasen-Investor ist in Cambridge und San Francisco angesiedelt und erhält über Bäuerle nun auch eine Dependance in München. „Wir beteiligen uns aktiv am Start-up-Aufbau aus dem akademischen Umfeld heraus und beim finanziellen Einstieg übernehmen wir direkt Managementaufgaben“, erläuterte er das Konzept auf der IZB-Veranstaltung. Dies sei aus Sicht von MPM Capital der effizienteste Weg, um eine Gründungsidee zielgerichtet zum Exit zu bringen. Zwei US-Biotech-Firmen hat Bäuerle in den ersten drei Monaten bereits ins Leben gerufen. Von seinem Büro in München aus sichtet Bäuerle derzeit aber auch den deutschen und europäischen Markt nach interessanten Gründungsvorhaben, obwohl es an Investitionsoptionen in den USA nicht mangelt. „Ich tue das aus Verbundenheit heraus, nicht weil ich es müsste“, sagte er. Insgesamt 400 Mio. Dollar stehen im aktuellen Fonds bei MPM Capital zur Verfügung.

Friedrich von Bohlen (dievini Hopp Biotech Holding) und Johannes Frühauf (Cambridge Biolabs) beim abendlichen Networking.Lightbox-Link
Friedrich von Bohlen (dievini Hopp Biotech Holding) und Johannes Frühauf (Cambridge Biolabs) beim abendlichen Networking.Quelle: IZB

Deutschen Firmen US-Zugang erleichtern
Neue Initiativen gibt es aber auch im politischen Umfeld. So hat das Bundeswirtschaftsministerium für den IT-Bereich bereits seit drei Jahren das sogenannte „German Accelerator Program“, um deutschen Biotech-Firmen den Zugang zum US-Markt bzw. zu US-Investoren zu erleichtern. Wie Koordinator Andy Goldstein von der LMU München beim IZB-Kongress berichtete, soll ab Herbst ein auf die Life Sciences zugeschnittenes Programm starten. „Wir werden die Konditionen etwas anders gestalten und in einem ersten Schritt mit zirka 18 handverlesenen Firmen nach Boston gehen“, erläuterte Goldstein. Auf US-Seite mit dabei ist unter anderem Johannes Frühauf von Cambridge Biolabs, der in Boston Inkubatoren koordiniert: „Wir werden unser Netzwerk beisteuern.“ Darüber hinaus bestehen seinerseits Planungen, derartige Inkubatoren auch in Deutschland aufzuziehen. München, Berlin oder Leipzig seien hierfür relevante Standorte, so Frühauf.Die Frage der unterschiedlichen Unternehmerkulturen in den USA und Deutschland war denn auch eines der am meisten diskutierten Themen beim Kongress. „Produkte made in Germany genießen in den USA einen guten Ruf. Diesen Vertrauensvorteil sollte man als deutsche Firma gezielt nutzen“, betonte Goldstein. Auf der anderen Seite müssten deutsche Unternehmer mit breiterer Brust auftreten, wenn sie US-amerikanische Investoren von sich überzeugen wollen. „Denken Sie daran, dass Amerikaner den Abschlag schon vorher einkalkulieren. Legen Sie lieber eine Schippe drauf.“ Diese Erfahrung konnte Simon Moroney, Chef der Martinsrieder Biotech-Firma Morphosys, nur bestätigen: „Europäische Investoren fragen nach der Rendite, amerikanische Investoren wollen die Fantasie sehen.“ 

Wie schwierig es ist, Ko-Investoren für Biotech-Investments zu finden, darüber berichtete Georg Ried von Bayern Kapital: "Unsere letzte Finanzierung liegt schon Jahre zurück." Horst Domdey vom bayerischen Biotechcluster Bio-M forderte denn auch, die Lücke an Life Sciences-Investoren mit einem "Leadinvestorenfonds" zu schließen. TVM-Investor Birner wiederum betonte, dass auch die Geldgeber ihre Modelle den neuen Gegebenheiten anpassen müssen: "Wir setzen inzwischen auf überschaubare Ein-Produkt-Projekte, die wir gezielt für einen Exit entwickeln", erläuterte er.

Frischer Wind an der Deutschen Börse
Überhaupt wieder mehr ausländische Investoren auf Deutschland aufmerksam machen – dieses Ziel verfolgt unter anderem das im Juni gestartete Deutsche Börse Venture Network (mehr...). Stefan Höfer von der Deutschen Börse warb in München für eine rege Beteiligung seitens der Biotech-Branche: „Wir machen mit unserer Plattform ein Angebot und gehen in Vorleistung. Es wird der Branche aber nur etwas bringen, wenn Sie es auch mit Leben füllen.“ Die ersten fünf Life Sciences Firmen sind an Bord: Neben der Proteros aus München sind auch Ayoxxa Biosystems GmbH, Curetis AG, Phenex Pharmaceuticals AG und invendo Medical GmbH vertreten.Die Türen für weitere stehen offen. Drei von sechs Kategorien müssten Interessenten erfüllen, um auf die nicht-öffentliche Netzwerkplattform aufgenommen zu werden, betonte Höfer. Bedingungen an den Börsenstandort Frankfurt werden nicht geknüpft, auch die Kosten sollen langfristig moderat gehalten werden. „Wir suchen Firmen, die eine Wachstumsfinanzierung brauchen und sowohl kapitalseitig als auch vom Business Modell her eine gewisse Reife erreicht haben“, betonte er.

IZB-Geschäftsführer Peter-Hanns Zobel blickte auf 20 Jahre Innovations- und Gründerzentrum zurück.Lightbox-Link
IZB-Geschäftsführer Peter-Hanns Zobel blickte auf 20 Jahre Innovations- und Gründerzentrum zurück.Quelle: IZB

Rolle der Deutschen im internationalen Vergleich

Welche Rolle Deutschland im internationalen Vergleich spielt und ob es einen Unterschied macht, als deutsche Firma aktiv zu sein, wurde ebenfalls rege diskutiert. Werner Lanthaler von Evotec stellte klar, dass seine Firma derzeit rund 80% des Umsatzes in den USA erwirtschaftet und auch keine Befindlichkeiten hat, einen Sanofi-Standort in Frankreich ins Unternehmen zu integrieren. Lanthaler sieht sein Unternehmen global positioniert: „Wir haben eine pragmatische Vorgehensweise und ich freue mich, an unseren diversen Standorten auf lokale Kompetenzen zurückgreifen zu können.“

Biotech-Gründer und Investor Friedrich von Bohlen von der dievini Hopp Biotech Holding wiederum ist sich sicher, dass wesentliche Transformationen des Gesundheitswesens im Ausland vorangetrieben werden. „Ich erlebe in den USA einen viel befreiteren Umgang mit digitaler Gesundheit und eine andere Dynamik, die Dinge anzupacken. Ich bin sicher, dass es bald ein Uber der Pharma-Branche geben wird und glaube, dass wir gar nicht abschätzen können, wie anders unsere Welt in 35 Jahren aussehen wird.“

Blick zurück auf die ersten 20 Jahre IZB

Angesichts der Vielfalt an kontroversen Thesen ging den meisten Teilnehmern der Konferenz auch am Abend der Gesprächsstoff nicht aus. Der zweite Konferenztag war Erfolgsbeispielen des IZB gewidmet: Firmen wie der börsennotierte Wirkstoffentwickler 4SC AG präsentierten sich ebenso wie die GNA Biosolutions GmbH, die gerade erst eine Finanzierungsrunde über 6 Millionen Euro abschließen konnten, mit der sie ihr Diagnostik-System zur ultraschnellen Identifizierung von antibiotikaresistenten Keimen auf den Markt bringen wollen. Aber auch Forschungsdienstleister wie die Chromotek GmbH und ibidi GmbH stellten ihre Geschäftsmodelle vor. Am Ende zeigten sich die Veranstalter rundum zufrieden. „Die Diskussionen zeigen, dass sich hier am Standort auch unter Mithilfe des IZB eine dynamische Szene an Life Sciences Firmen entwickeln konnte“, sagte IZB-Geschäftsführer Peter-Hanns Zobel. Die insgesamt 43 Millionen Euro Investitionen des Freistaates hätten sich in jedem gelohnt. Angefangen habe man mit 1000 Quadratmeter. "Da haben noch die Feldhasen davor gesessen", erinnerte er sich. Aktuell werden 63 Mieter auf 25.000 Quadratmeter beherbergt, die 650 Mitarbeiter vorweisen können. Ingesamt 150 Firmen sind insgsamt schon durch das IZB 'geschleust' worden. Stolz zeigte sich Zobel vor allem über eines: „Wir haben immer aus unseren Einnahmen gelebt und haben eine hundertprozentige Auslastung.“

© biotechnologie.de/sw
 

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