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Leuna: Isobuten-Gas aus der Zellfabrik

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Aus Zuckermolekülen von nachwachsenden Rohstoffen wird das gasförmige Isobuten: Schematische Darstellung der Gewinnung von kurzkettigen Kohlenwasserstoffen in Bakterien. Quelle: Global Bioenergies

25.11.2013  - 

Das französisch-stämmige Unternehmen Global Bioenergies baut im Industriepark Leuna eine neue Bioraffinerieanlage auf. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt die Errichtung der neuen Pilotanlage mit 5,7 Millionen Euro im Rahmen der Förderung des regionalen Spitzenclusters BioEconomy. In den kommenden drei Jahren soll das Vorhaben durch Entwicklungsarbeiten am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP begleitet werden. Der Demonstrationspilot ist für die Produktion von bis zu 100 Tonnen des gasförmigen Kohlenwasserstoffs Isobuten pro Jahr ausgelegt. Bakterien als Produktionsorganismen  wurden dazu mit neuartigen Stoffwechselwegen ausgestattet und zu zellulären Gas-Fabriken umfunktioniert. Gefüttert werden die Bakterien mit Zuckermolekülen aus nachwachsenden Rohstoffen.

Das auf industrielle Biotechnologie spezialisierte Unternehmen Global Bioenergies S.A. mit Hauptsitz in Paris-Evry wurde Ende 2008 gegründet, seit zwei Jahren ist es an der Pariser Börse NYSE Alternext notiert. Die Firma hat ein biotechnologisches Verfahren entwickelt, mit dem sich nachwachsende Rohstoffe direkt und somit kostengünstig in gasförmige, kurzkettige Kohlenwasserstoffe, sogenannte Olefine, umwandeln lassen. Diese Grundbausteine – etwa Ethylen, Propylen oder Isobuten ­ –  sind wichtige Ausgangsstoffe der chemischen Industrie, werden bis dato aber überwiegend aus fossilen Ressourcen gewonnen. Global Bioenergies will nun Mikroben für die Gewinnung dieser Grundchemikalien einsetzen, die Bakterien sollen mit Zucker aus nachwachsenden Rohstoffen gefüttert werden. Im Juni 2013 hatte Global Bioenergies den Beginn einer ersten Pilotphase in der Bioraffinerie von Bazancourt-Pomacle in der Nähe von Reims vermeldet.

Leipziger Tochter profitiert vom Spitzencluster BioEconomy

Eine zweite industrielle Pilotanlage will Global Bioenergies nun in Deutschland aufbauen. Die Wahl sei auf Leuna gefallen, weil der Industriepark mit dem Fraunhofer CBP eine einzigartige Kombination an Know-how in den Bereichen Fermentation und olefin-spezifischem Chemieingenieurwesen biete, so Marc Delcourt, der Vorstandsvorsitzender von Global Bioenergies. Das Fraunhofer CBP ist ein in Europa einzigartiges Bioraffinerie-Forschungszentrum, das im vergangenen Jahr von Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet wurde (mehr…). Es formt auch den wissenschaftlichen Kern des Spitzenclusters BioEconomy in Mitteldeutschland, der seit 2012 vom BMBF mit insgesamt 40 Millionen Euro gefördert wird (mehr…). Vom Spitzencluster – einem Netzwerk aus 50 regionalen Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft – wird nun auch die in Leipzig ansässige Tochtergesellschaft des französischen Unternehmens profitieren: Sie erhält vom BMBF 5,7 Millionen Euro aus dem Spitzencluster-Topf. „Dies ist die größte Fördersumme, die innerhalb des Clusters BioEconomy an ein privates Unternehmen fließt“, sagt der Geschäftsführer der Global Bioenergies GmbH, Thomas Buhl.

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Gasblasen blubbern einfach aus der Brühe

Biotechnologisch konnten kurzkettige Kohlenwasserstoffe wie Isobuten, Propylen oder Butadien bisher nicht hergestellt werden. Von Natur aus existieren  entsprechende Stoffwechselwege in Bakterien nicht.  Doch mit den Methoden der Synthetischen Biologie haben die französischen Biotechnologen neue Stoffwechselwege konstruiert und die Erbinformation für die dafür benötigten Enzyme in E.coli-Stämme eingeschleust. Füttert man die Mikroben in großen Stahlbottichen nun mit Zuckermolekülen, so beginnen sie, Olefine abzusondern. Ein weiterer Clou: die entstandenen Moleküle sind nicht nur wasserabweisend, sondern auch gasförmig. „Sie entweichen spontan als Blasen aus der Fermentationsbrühe“, erläutert Buhl. Das neue gasbildende Fermentationsverfahren erfordere keine Destillation und verfüge daher über eine bessere Umweltbilanz. Zusätzlicher Vorteil: Die geplanten Produktionskosten lägen durch die verbesserte Ausbeute sogar unter den gegenwärtigen Marktpreisen von konventionellem Isobuten, haben die Entwickler berechnet.

100 Tonnen Isobuten im Jahr angepeilt

Die Pilotanlage in Leuna wird zwei 5000 Liter Fermenter sowie ein komplettes Aufreinigungssystem umfassen und somit alle Aspekte einer industriellen Anlage abbilden. Die Produktionskapazität in Leuna von bis zu 100 Tonnen Isobuten pro Jahr ermöglicht es, interessierten Industrieunternehmen diesen Grundstoff zu eigenen Testzwecken anzubieten. Das Isobuten kann zum Beispiel für die Herstellung von Kunststoffen, Elastomeren und Treibstoffen verwendet werden. 

Noch wird Zucker als Bakterienfutter eingesetzt, doch das wird sich wohl noch ändern: „Unser Ziel ist, dass unsere Stämme sowohl mit Zucker als auch mit Agrarreststoffen arbeiten können“, hofft Buhl. Ein umfassendes begleitendes Forschungsprogramm in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer CBP soll in den nächsten drei Jahren bei der Optimierung des Verfahrens helfen. 

© biotechnologie.de/pg + bk
 

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