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MERS: Virus-Spuren im Dromedar

Das Dromedar oder auch einhöckrige Kamel ist überwiegend in Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten, sowie in Kleinasien verbreitet. In diesen Regionen traten auch alle Infektionen mit dem MERS-Virus auf. Möglicherweise haben sich Menschen bei Dromedaren angesteckt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Dromedar oder auch einhöckrige Kamel ist überwiegend in Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten, sowie in Kleinasien verbreitet. In diesen Regionen traten auch alle Infektionen mit dem MERS-Virus auf. Möglicherweise haben sich manche Betroffene bei Dromedaren angesteckt. Quelle: Bjørn Christian Tørrissen/en.wikipedia.org

09.08.2013  - 

Ein neuartiges tödliches Virus hat in den vergangen zwei Jahren für Aufregung gesorgt: Das MERS-Coronavirus hat seinen Ursprung im Mittleren Osten und ist mit SARS-Viren verwandt. Von bislang 91 angesteckte Personen war die Infektion für 46 tödlich. Die Übertragungswege des Erregers sind bisher weitgehend ungeklärt. Ein internationales Team von Virologen hat unter Beteiligung des Bonner Universitätsklinikums eine mögliche Übertragungsquelle für MERS identifiziert. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift The Lancet Infection Disease (2013, Online-Veröffentlichung) berichten, haben sie in Blutproben von Dromedaren aus dem Oman Antikörper gegen das Virus gefunden. Damit kommt das Nutztier als Zwischenwirt infrage, während als Virusreservoir Fledermäuse verdächtigt werden.

Benannt wurde das Virus nach seinen Ursprungsort: Auf der arabischen Halbinsel und im Mittleren Osten sind beinahe alle bekannten Infektionen aufgetreten. Erst im Mai 2013 wurde die offizielle Bezeichnung für das Virus bekanntgegeben, nachdem es mehrmals falsch klassifiziert worden war: Middle East Respiratory Syndrom – Coronavirus (MERS-CoV). Das MERS-Virus löst beim Menschen schwere Infektionen der Atemwege, Nierenversagen und Lungenentzüngun aus, was weltweit bisher offiziell bei 46 Personen zum Tod führte.

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MERS, SARS und Co.

Entdeckt wurde MERS-CoV im Juni 2012 bei einem Patienten, der in London an schweren Atemwegserkrankungen starb. Infiziert hatte er sich in seiner Heimat in Saudi-Arabien. Die üblichen Nachweise für respiratorische Viren blieben ergebnislos. Die Methode, die zur Identifizierung des SARS-Coronavirus im Jahr 2002 entwickelt wurde, offenbarte daraufhin eine bis dahin unbekannte Gensequenz eines Coronavirus. Auf Grundlage von Sequenzvergleichen wurde MERS-CoV der Gattung der Betacoronaviren zugeordnet und zeigt nahe Verwandtschaft zu zwei Coronavirus-Spezies bei Fledermäusen. Zumindest auf genetischer Ebene unterscheidet es sich deutlich vom humanpathogenen SARS-Coronavirus. Beide Viren-Spezies gehören zur Gattung der Coronaviren, die nach ihrer kranzförmigen Gestalt benannt wurden (lat. corona: Kranz, Krone).

Antikörper im Dromedar-Blut

Bisher waren die Verbreitungswege des Virus unklar. Die Studie der Virologen könnte nun Licht ins Dunkel bringen: Sie untersuchten insgesamt 50 Blutproben von Dromedaren aus dem arabischen Staat Oman. Den Analysen zufolge hatten sich offenbar alle untersuchten Tiere in jüngster Vergangenheit mit dem MERS-Virus angesteckt. In sämtlichen Proben fanden die Forscher Antikörper gegen das Virus. Die hohe Konzentration der Antikörper im Blut weist darauf hin, dass die Tiere vor relativ kurzer Zeit infiziert wurden. Der Erreger selbst ließ sich in den Proben allerdings nicht nachweisen. „Für unsere Tests standen größtenteils nur Blutproben zur Verfügung. Coronaviren befinden sich jedoch vor allem in Atemwegssekreten und im Kot“, sagt Marcel Müller vom Institut für Virologie der Universität Bonn. Für das gängige Testverfahren müssen aus Rachenabstrichen und Lungensekreten die RNA-Fragmente der Viren mittels PCR angereichert werden. Darüber hinaus untersuchten die Forscher im Rahmen der Studie auch Blutproben von 105 Dromedaren, die auf den Kanarischen Inseln lebten. Auch hier wurden die Antikörper identifiziert. Allerdings nur in 15 Fällen, mit weitaus niedrigerer Konzentration. Die Blutanalysen von 160 Rindern, Schafen und Ziegen aus Chile, Spanien und den Niederlanden lieferten indes ein negatives Ergebnis.

Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wurden Dromedare als Nutztiere domestiziert.Lightbox-Link
Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wurden Dromedare als Nutztiere domestiziert.Quelle: Walter Heubach/Wikimedia Commons

Nutztiere unter Verdacht

Die Züchtung und Haltung von Dromedaren hat im Nahen und Mittleren Osten sowie in Teilen Kleinasiens und Afrikas eine lange Tradition. Durch ihre Anpassungen an trockenes, wüstenhaftes Klima sind sie extrem robust und eignen sich daher hervorragend als Last- und Reittiere. Aufgrund des engen Kontakts zu den Menschen, gehen die Virologen davon aus, dass die einhöckrigen Kamele zumindest für einen Teil der Infektionen verantwortlich sind. Aber auch andere Nutztiere, wie etwa Ziegen, sind als Überträger nicht ausgeschlossen. „In nächster Zeit sollten dringend umfangreiche Untersuchungen an Nutztieren aus der Region stattfinden. Um weitere mögliche Infektionsquellen zu finden und den genauen Übertragungsweg zurück zu verfolgen, benötigen wir unbedingt mehr Proben“, so Müller.

Schlüsselspezies Fledermaus

Bei den Infektionswegen ist das Dromedar vermutlich nur ein Zwischenwirt. Wie auch bei zahlreichen anderen Coronaviren geht man davon aus, dass das ursprüngliche Virenreservoir bei Fledermäusen liegt (mehr...). Weil die direkte Übertragung von der Fledermaus auf den Menschen fraglich ist, muss geklärt werden, über welche Zwischenwirte das Virus Umwege nimmt. Auch die Übertragung von Mensch zu Mensch gilt momentan als relativ ineffizient. Zwar wird der Erreger durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion weitergegeben. Aufgrund der Verbreitungsmuster geht die WHO allerdings davon aus, dass ein Mensch im Schnitt nur einen weiteren ansteckt. Ein Schneeballeffekt mit Infektionswellen ist daher nicht anzunehmen. Das gab die WHO Anfang Juli bekannt, nachdem als Reaktion auf die globale Besorgnis über MERS-CoV ein wissenschaftliches Ernstfall-Gremium die Risiken evaluiert hat. Dennoch ist Vorsicht geboten: Mutationen können Viren dazu befähigen, ihren Infektionsmechanismus zu ändern und beispielsweise auf weitere Wirte überzugehen. Auch bei anderen Zoonosen treten diese Veränderungen im Laufe der Entwicklung auf. Die Bonner Virologen fanden beispielsweise unlängst heraus, dass auch der Ursprung des Hepatitis-C-Erregers bei Fledermäusen liegen könnte (mehr...).

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