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ALS: Zelltest spürt Wirkstoff-Kandidaten auf

Motoneuronen senden Nervenimpulse an die Muskeln. Bei der Krankheit ALS werden die Motoneuronen zerstört. Ein Laborverfahren aus Münster hat nun Substanzen zutage gefördert, die betroffene Zellen schützen können. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Motoneuronen senden Nervenimpulse an die Muskeln. Bei der Krankheit ALS werden die Motoneuronen zerstört. Ein Laborverfahren aus Münster hat nun Substanzen zutage gefördert, die betroffene Zellen schützen können.

25.10.2012  - 

Stammzellen im Einsatz für die Pharmabranche: Ein am Münsteraner Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin entwickeltes Testverfahren hat geholfen, Wirkstoffkandidaten gegen das Nervenleiden Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufzuspüren. Wie die Forscher im Fachjournal Cell Stem Cell  (2012, Online-Vorabveröffentlichung) berichten, fanden sie in ihrem Screening-Verfahren im Labor Substanzen, die von ALS betroffene motorische Nervenzellen schützen können. Das Testverfahren eröffnet neue Wege in der Medikamentenforschung und die entdeckten Substanzen sind womöglich bei weiteren neurodegenerativen Krankheitsbildern einsetzbar.

Im Mai dieses Jahres erhielten Jared Sterneckert und seine Kollegen am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin den Innovationspreis für exzellente Forschungsideen. Sie hatten ein Verfahren entwickelt und patentiert, mit dem sich mit Hilfe von Stammzellen große Mengen neuronaler Zellen im Labor herstellen lassen. Mit Hilfe von Sterneckerts Modellen können für Patienten mit neurologischen Erkrankung wie Parkinson deutlich schneller Arzneien entwickelt werden, so die Hoffnung. Jetzt hat sich das Verfahren zum ersten Mal bewährt. Auf Basis der Stammzelltechnologie haben Sterneckert und sein Team ein innovatives Testverfahren entwickelt, in dem die pathologischen Prozesse der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) in der Petrischale nachgeahmt werden.

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ALS ist eine unheilbare, degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Aus unbekannter Ursache sterben die Motoneurone ab, Nervenzellen, die für Muskelbewegungen verantwortlich sind. Durch deren Degeneration kommt es zur zunehmenden Muskelschwäche und diese führt letztendlich zum Tod. In Deutschland sind ungefähr 6000 Menschen an ALS erkrankt, die mysteriöse Krankheit befällt vor allem über 50-jährige, Männer und Sportler sind statisch gesehen häufiger betroffen.  Bekannt wurde das Leiden durch den britischen Physiker Stephen Hawking und den verstorbenen Maler Jörg Immendorff. Da die Ursache von ALS unbekannt ist, ist es bisher nicht möglich, gezielt Medikamente gegen diese Krankheit zu entwickeln.

Die Erforschung von Krankheiten wie ALS kann jedoch von sogenannten phänotypischen Screenings profitieren. Bei dieser Art von Medikamentenforschung wird beobachtet, ob eine Substanz eine positive Wirkung auf das Überleben der Motoneurone hat. In Zusammenarbeit mit der Hamburger Evotec AG testeten die Forscher mehr als 11.000 Substanzen und fanden zwölf Wirkstoff- Kandidaten, die einen schützenden Effekt auf die Nervenzellen hatten.

Große Mengen an Zellen bereitgestellt

Um Wirkstoffe testen zu können, mussten die Forscher den Verlauf der Krankheit in einer Petrischale nachbilden. Solange die genauen Krankheitsmechanismen nicht bekannt sind, mussten die Forscher dafür Motoneuronen, Astrozyten und Mikrogliazellen kultivieren, welche die Entzündungen nachbilden.  Im Zusammenspiel dieser drei Zellarten entsteht die rätselhafte Entzündung im Zentralnervensystem. Bei Aktivierung der Mikrogliazellen werden Substanzen ausgeschüttet, die für die Nervenzellen toxisch sind. Hier kam das neue Verfahren zum Einsatz. „Durch die Verwendung von Stammzellen können wir erstmalig die notwendigen großen Mengen der bisher für Arzneimittelforschung nicht verfügbaren Motorneuronen bereitstellen“, erklärt Sterneckert.

Robustes Verfahren

„Dieses Testverfahren ist sehr robust und ermöglicht die Suche nach neuen Wirkstoffen ohne vorherige Kenntnisse der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen“, sagt Sterneckert. Eine Eigenschaft, die viele chronische oder fatal verlaufende neurodegenerative Erkrankungen teilen. In dem stammzell-basierten Test fanden Sterneckert und Höing 37 Substanzen, die ein Absterben von Motoneuronen verhinderten. Nach verschiedenen Selektionsverfahren blieben 12 Substanzen übrig, die auch nach Wiederholung der Experimente die besten Ergebnisse lieferten. Die Wirkungsweise der Substanzen ist sehr unterschiedlich: „Einige der Wirkstoffkandidaten wirkten protektiv auf die Motoneurone, andere verhinderten die Entstehung von schädlichen Abbauprodukten. Und vier der Substanzen begünstigten einen wichtigen antioxidativen Mechanismus der Zellen“, so Höing. Bis die Substanzen klinisch verwendet werden können, müssen sie noch viele Tests durchlaufen. Solche weiterführenden Untersuchungen gehen über die Grundlagenforschung hinaus. Um sie an einem Ort koordinieren zu können, ist das in Münster geplante Stammzellforschungszentrum CARE (Center for Advanced Regenerative Engineering) als translationales Forschungszentrum geplant. Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen hier mit Unterstützung aus der Wirtschaft bis zur Marktreife weiter entwickelt werden. Die Forscher sind zuversichtlich, einen wichtigen Schritt zur Heilung nicht nur von ALS getan zu haben, denn die verschiedenartigen Schutzmechanismen in den zwölf entdeckten Wirkstoffen haben großes Potenzial: Die Degeneration von Neuronen spielt auch bei Parkinson, Alzheimer und Multipler Sklerose eine Rolle.

© biotechnologie.de/ck

 

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