Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Bio-Pflanzenschutz: Dein Feind ist mein Freund

Viele Pflanzen entledigen sich indirekt eines Angreifers indem sie dessen Fressfeind mit Duftstoffen anlocken. So verputzt hier eine angelockte Raubwanze die frisch geschlüpte Raupe. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Viele Pflanzen entledigen sich indirekt eines Angreifers indem sie dessen Fressfeind mit Duftstoffen anlocken. So verputzt hier eine angelockte Raubwanze die frisch geschlüpte Raupe. Quelle: Merit Motion Pictures, Winnipeg, Manitoba, Canada

17.10.2012  - 

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts (MPI) für chemische Ökologie konnten in Freilandstudien nachweisen, dass die natürliche Abwehr von Schädlingen die Pflanze nicht nur stärker macht. Durch stärkeres Wachstum könnte außerdem der Ernteertrag gesteigert werden, berichten die Forscher in der ersten Ausgabe der neuen Fachzeitschrift eLife (2012, Online-Veröffentlichung). Mit ihren Erkenntnissen wollen die Wissenschaftler eine bessere Bekämpfung der immer häufiger Resistenten Schädlinge ermöglichen und so zur besseren Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung beitragen.

Bei einem Angriff können auch Pflanzen um Hilfe rufen. Wird das Grün verletzt, lockt es Fressfeinde des Angreifers mit Duftstoffen an. Um bis zu 90 Prozent kann der erlittene Schaden dadurch reduziert werden. Maispflanzen hoffen bei der Selbstverteidigung gegen den Maiswurzelbohrer beispielsweise auf die Hilfe von Fadenwürmern. Sobald die Larve beginnt, die Wurzeln anzubohren, lockt die Pflanze die Würmer an, welche sich an den Schädlingen laben. „Angesichts immer wieder auftretender Pflanzenschutzmittel-Resistenzen ist die Erforschung und Anwendung natürlicher Schädlingsbekämpfung besonders wichtig“, erläuterte der Biologie Ian Baldwin von der Abteilung für chemische Ökologie des MPI in Jena.

Duftstoffe locken nützliche Fressfeinde an

Die natürliche Abwehr von Schädlingen lohnt sich für die Landwirte aber nur, wenn sie wirtschaftlich ist. Sie darf das Blütenwachstum und den Ertrag der Pflanzen nicht verringern. Verausgabt sich die Pflanze durch die Abwehr der Schädlinge zu sehr, kann sie kaum Früchte bilden und ist als Nahrungsmittellieferant nutzlos. Es gibt einige Beispiele, wo sich die natürliche Schädlingsbekämpfung in der ökologischen Landwirtschaft bereits bewährt hat. Landwirte wehren mit Hilfe von Schlupfwespen etwa erfolgreich Raupen des Maiszünslers ab. Nun haben die MPI-Wissenschaftler untersucht, ob das Blütenwachstum von wilden Tabakpflanzen durch die Abwehr von Angreifern geschwächt wird oder ob die Pflanzen trotz der in die Verteidigung gesteckten Ressourcen noch gedeihen.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de

Wochenrückblick: Den Geruchsgenen in Motten-Fühlern auf der Spur

Wochenrückblick: Rätsel um Insektizid-Pilz gelöst 

Menschen:  Hanns Hatt: Nicht nur mit der Nase riechen

Raubwanzen vs. Raupen

Gegen einen Angriff von Raupen der Gattung Manduca setzt sich der Tabak im Wesentlichen mit zwei Methoden zur Wehr: Sobald seine Blätter verletzt werden, lockt er mit speziellen Duftstoffen Fressfeinde der Raupen an. Außerdem produziert die Pflanze bestimmte Proteine, die die Raupen auch direkt schwächen. Beim Tabak dient vor allem der Duftstoff (E)-2-Hexenal als Hilferuf. Er lockt Raubwanzen der Gattung Geocoris an, auf deren Speiseplan die schädlichen Raupen stehen.

Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

Die Abteilung für molekulare Ökologie beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie die genetischen Eingenschaften von Pflanzen ihre Fitness beeinflussen.

Zur Abteilungs-Homepage: hier klicken

Die Wehrhaftigkeit von Raupen ändert sich deutlich, wenn sie Protease-Hemmer über die Blätter von Tabakpflanzen aufgenommen haben. Die Verhaltensänderung hielten die Wissenschaftler mit Videos fest.

Zu den Videos: hier klicken

Zudem scheint der Duftstoff auch die Blütenproduktion direkt zu steigern. Im Vergleich mit transgenen Tabakpflanzen, die keine oder kaum noch Duftstoffe bildeten, zeigten die Wissenschaftler einen direkten Zusammenhang zwischen grünen Duftstoffen gegen Manduca-Raupen einerseits und einer stärkeren Blütenproduktion andererseits. Außerdem setzt die Pflanze den Mägen der Raupen mit sogenannten Proteasehemmern zu. Diese Proteine erschweren die Verdauung des frisch gefressenen Grüns, hatten aber keinen Einfluss auf die Blütenzahl. Das Forscherteam vermutet, dass die Hemmer sich stattdessen indirekt auf den Ertrag auswirken, indem sie die Konstitution der Raupen verschlechtern und die Insekten damit zu leichter Beute machen. Um diese These zu untermauern, fütterten die Wissenschaftler in einem weiteren Experiment zwei Tage lang die Raupen entweder mit der natürlichen oder mit der mit Protease-Hemmer-enthaltenden Tabaksorte. Ein kurzes Video dokumentiert wie die Raupen mit und ohne einen Bauch voll Verdauungsschwächender Wirkstoffe auf Pinzetten-Attacken reagierten: Während die normal gefütterten Tiere stark genug waren, um sich gegen Angriffe zu wehren, waren die Raupen in der anderen Gruppe deutlich passiver. Die Forscher vermuten dass sie durch die unverdauliche Nahrung entkräftet wurden.

Neues aus der Wissenschaft kostenlos und international

Die Untersuchungen des MPI-Forscherteams wurde in der ersten Ausgabe der neuen Fachzeitschrift eLife veröffentlicht. Das internationale Magazin soll neue Erkenntnisse in Biomedizin und Lebenswissenschaften schnell, frei und kostenlos zugänglich machen. Die Zeitschrift wurde von der Max-Planck-Gesellschaft, dem Howard Hughes Medical Institute und dem Wellcome Trust gegründet.

© biotechnologie.de/ks

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit