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Mikroben-Mix löst Parodontitis aus

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Ein deutsches Forscherteam ist den Auslösern der Parodontitis mit Hilfe einer Metagenom-Sequenzierung auf die Spur gekommen. Quelle: Gisela Peter / pixelio.de

03.08.2012  - 

Über die Gesundheit der Zähne eines Menschen entscheidet die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Mundhöhle. Was sich zunächst relativ banal anhört, ist in Wahrheit eine noch recht junge Erkenntnis, die sich erst langsam in der Wissenschaft durchsetzt. Bei den bisherigen Untersuchungen – zum Beispiel bei der Parodontitisbehandlung – konzentrierten sich die Ärzte häufig auf einige wenige ausgewählte Bakterienstämme, um den Behandlungserfolg abzuschätzen. Zu unrecht, wie ein Forscherteam aus Bielefeld und Münster nun in der Fachjournal PloS One (2012, Online-Veröffentlichung) berichtet. Demnach muss die gesamte Mikroflora im Mundraum analysiert werden, um die Entstehung der Entzündung des Zahnhalteapparates zu verstehen.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, wusste schon Aristoteles vor einigen tausend Jahren. Eine Erkenntnis, die auch heute noch aktuell ist. Die Zahl der im menschlichen Mund lebenden Bakterienarten wird auf bis zu 700 geschätzt. Bestimmte Kombinationen der Bakterienarten spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Parodontitis. Diese entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates, geht mit Knochenabbau einher und führt unbehandelt üblicherweise dazu, dass die Zähne locker werden und ausfallen. Sie ist weltweit eine der häufigsten Erkrankungen, von der mehr als die Hälfte der über 40-Jährigen in den Industrieländern betroffen sind.In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir die Metagenomikund wie es Wissenschaftlern gelingt, nicht-kultivierbare Mikroorganismen zu kultivieren.Quelle: biotechnologie.tv Zur Behandlung entfernt der Zahnarzt die bakteriellen Beläge, welche die Erkrankung auslösen. Häufig werden zu dieser professionellen Zahnreinigung noch zusätzlich Antibiotika verschrieben, obwohl unklar ist, wie effektiv sie wirken, berichtet der Mediziner Dag Harmsen, von der Poliklinik für Parodontologie der Universität Münster.

Bisheriger Untersuchungsansatz nicht effektiv

Trotz der weiten Verbreitung der Krankheit, ist bis heute nicht abschließend geklärt, welche Bakteriengesellschaften die Krankheit besonders verursachen. „Parodontitis wird nicht von einzelnen Bakterienarten ausgelöst. Es ist nötig, alle Mikroorganismen im Mundraum zu erfassen und zu beobachten, wie diese Lebensgemeinschaft auf die Behandlung reagiert“, so Harmsen. Die bisher üblichen Methode, ausgewählte Bakterienarten zu untersuchen, um den Behandlungserfolg abzuschätzen, hält er für nicht effektiv.

Gemeinsam mit Kollegen von der Universität Bielefeld hat der Mediziner nun mit einem sogenannten metagenomischen Ansatz erstmals das Erbgut der gesamten bakteriellen Mundflora untersucht. Bei dieser molekulargenetische Methode wird das Erbgut aller im Mund vorkommenden Organismen durch eine gemeinsame DNA-Sequenzierung erfasst, um nachzuweisen, welche Arten von Mikroorganismen dort leben. Für ihre Untersuchung konzentrierten sich die Forscher auf den Teil des Erbguts, der in den Ribosomen abgespeichert ist, die ribosomale DNA.

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Next-Generation-Sequencing

Dafür nutzten sie ein Sequenziergerät der neuesten Generation, dass eine schnellere und günstigere metagenomische Analyse als bisher erlaubt (Next Generation Sequencing). „Die größte Schwierigkeit dabei ist es, die großen Datenmengen, die dabei entstehen, sinnvoll auszuwerten“, betont Sebastian Jünemann vom Institut für Bioinformatik am Zentrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld. Schließlich entwickelten die Forscher ein automatisches Analysesystem, mit dem sie zeigen konnten, dass sich die bakterielle Zusammensetzung der Mundflora nach einer professionellen Zahnreinigung und Antibiotikabehandlung ändert. Bakterien, die die Entzündungskrankheit auslösen, wie etwa Vertreter der Gattungen Porphyromonas, Tannerella, Treponema, und Filifactor wurden verdrängt, andere weniger gefährliche Mikroben nahmen ihren Platz ein.

Nun wollen die Wissenschaftler die Ergebnisse der Studie mit Untersuchungen an weiteren Patienten bestätigen. „Dann wird unser neuer Ansatz, Veränderungen in der gesamten mikrobiellen Lebensgemeinschaft im Mund zu beobachten, den Erfolg von Parodontitis-Behandlungen verbessern“, ist sich Harmsen sicher. Eines Tages könnte die heute noch teure DNA-Sequenzierung dann routinemäßig in der Praxis eingesetzt werden, um den Behandlungserfolg bei der Parodontitistherapie zu überprüfen, hofft der Mediziner.

© biotechnologie.de/bk

 

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