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Schossgen der Zuckerrübe identifiziert

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Schosser in einem Zuckerrübenfeld können den Ertrag nachhaltig schädigen. Quelle: Umeå Plant Science Centre/Pierre Pin

18.05.2012  - 

Frühe Blüte oder große Rübe? Für Landwirte ist die Frage existenzentscheidend. Zu viele "Unkrautrüben", die zwar blühen aber so gut wie keine Wurzel ausbilden machen Arbeit und ruinieren die Ernte. Ein internationales Forscherteam aus Deutschland und Schweden hat jetzt das Schossgen der Zuckerrübe identifiziert. Für die Pflanzenzüchtung ein großer Erfolg, denn das Schossgen B bestimmt, wann die Rüben blühen und damit auch, wie groß am Ende die Rübenwurzel ausfällt. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Current Biology (2012, Online-Publikation) beschreiben, hilft diese Erkenntnis nicht nur, Saatmischungen zu verbessern und Erträge zu steigern. Die Zuckerrübe könnte sogar zu einem neuen Modellorganismus in der Pflanzenzucht werden – ähnlich den Mäusen in der Krebsforschung. Das Projekt wurde unter anderem vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Pflanzenzuchtprogramms GABI-GENOFLOR gefördert.

Fünf Jahre lang haben die Forscher der Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) und des Umea Plant Science Centre nach dem Schossgen gesucht, jetzt ist es identifiziert: BvBTC1 bestimmt die Rübengröße. Nicht direkt, sondern indem es dafür sorgt, dass die Rübe blüht, womit das Wurzelwachstum bei Zuckerrüben beendet wird. Landwirte versuchen deshalb, das Blühen der Rüben hinaus zu zögern oder zu verhindern, denn je eher eine Pflanze blüht, desto kleiner ist der Zuckerrübenertrag.

Frühe Blüte verhindern

Kommerzielle Saatmischungen enthalten oft Saatkörner, aus denen zu früh blühende Pflanzen hervor gehen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die aktuelle, sondern auch spätere Ernten, denn die Schosser setzen Samen aus, die bis zu 20 Jahre keimfähig bleiben. Grund dafür sind möglicherweise die Vorfahren der Zuckerrübe: Die Wildbete, die bereits in ihrem ersten Wachstumsjahr blüht und überhaupt keine Rübe ausbildet. Die industrielle Zuckerrübe hingegen bildet eine große Wurzel aus und wird extra von Frühjahr bis Herbst kultiviert, weil niedrige Temperaturen sonst eine frühe Blüte provozieren.

Die Zuckerrübe (links), eine normal wachsende Zuckerrübenpflanze (Mitte) und eine schossende Pflanze (rechts)Lightbox-Link
Die Zuckerrübe (links), eine normal wachsende Zuckerrübenpflanze (Mitte) und eine schossende Pflanze (rechts)Quelle: Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung/Nina Pfeiffer und Bianca Büttner

„Es war offensichtlich, dass es einen genetischen Unterschied zwischen der Wildbete und der Kulturpflanze gibt, der enorme Bedeutung für den landwirtschaftlichen Anbau hat“, erklärt Andreas Müller, federführender Forscher am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung in Kiel. “Wir wollten herausfinden, worin dieser Unterschied besteht und wie er evolutionär entstand. In einem zweiten Schritt wollten wir klären, ob wir das für das Schossen verantwortliche Gen dazu verwenden könnten, den Schosstrieb und damit den Ertrag zu kontrollieren.“

Überraschung beim Genabgleich

Nach der DNA-Analyse von mehr als tausend Rüben-Setzlingen stand fest, dass BvBTC1 das gesuchte Schossgen ist. Überraschend fiel jedoch der Vergleich zu den Blüh-Genen anderer Pflanzen aus. „Wir hatten erwartet, ein ähnliches Schossgen wie in der häufig untersuchten Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) zu finden“, beschreibt Pierre Pin, Doktorand am Umeå Plant Science Centre. “Erstaunlicherweise fanden wir jedoch ein völlig anderes Gen.“ Die zunächst irritierten Forscher überprüften daraufhin das neu identifizierte Gen. Mit Hilfe gentechnischer Methoden wurde es ausgeschaltet – mit dem Ergebnis, dass die Pflanze nicht blühte.

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Neue Modellpflanze?

„Wissenschaftlich gesehen sind diese Ergebnisse bahnbrechend, da die genetische Grundlage für den Schosstrieb bei der Zuckerrübe sich von allen anderen Pflanzen, die bisher untersucht wurden, unterscheidet“, ergänzt Professor Christian Jung, Leiter des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der CAU und Initiator des Projektes. Die Pflanze habe großes Potential, als wissenschaftliches Modell für die Erforschung von Pflanzenwachstum und Schosstriebkontrolle zu dienen – ähnlich wie Mäuse bei der Krebsforschung. Naheliegender ist jedoch eine Verwertung in der Pflanzenzucht. Statt die sogenannten Unkrautrüben mit den kleinen Wurzeln nach der Ernte auszusortieren, wollen Projektpartner wie der Saatgutproduzent Syngenta aus dem schwedischen Landskrona  die Qualitätskontrolle jetzt bereits beim Saatgut durchführen. „Künftig können wir überprüfen, ob unsere Mischungen früh blühende Samenkörner enthalten, bevor wir sie in den Handel bringen“, freut sich Syngenta-Projektleiter Thomas Kraft.

© biotechnologie.de/ck
 

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