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Experten ziehen Konsequenzen aus EHEC-Ausbruch

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Elektronenmikroskopische Aufnahme eines EHEC-Bakteriums: Im Sommer sorgten die von diesen Bakterien ausgelöste Epidemie für große Aufregung. Quelle: Manfred Rohde/HZI

13.09.2011  - 

Nach dem Ausbruch ist vor dem Ausbruch – auf der 3. Internationalen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) Mitte September in Berlin haben Nierenexperten, Vertreter von Gesundheitsbehörden und Politiker Bilanz aus dem EHEC/HUS-Ausbruch vom Mai gezogen. Nach Plänen der Bundesregierung soll eine zentrale Informationsplattform künftig dafür sorgen, dass Epidemien noch schneller erkannt werden. Zudem wollen die Nierenärzte auch Behandlungsempfehlungen geben und die eingesetzten Therapien dokumentieren.

Die Zahlen klingen erschreckend: 50 Tote, 3.052 Infizierte und 852 Patienten, die neben blutigen Durchfällen das gefährliche Hämolytisch Urämische Syndrom (HUS) entwickelten (mehr…). Doch die Infektionswelle mit dem giftproduzierenden Darmkeim E.coli 0104:H4 – kurz EHEC – ist für die meisten Patienten besser verlaufen, als bei Ausbruch im Mai gedacht. Dies legt eine erste Auswertung der medizinischen Daten nahe, die die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) systematisch von 589 Patienten mit HUS erfasst hat. „Die meisten Patienten können heute als geheilt gelten“, sagte Sprecher Prof. Jan Galle auf der 3. DGfN-Jahrestagung, die  vom 10.-13. September 2011 in Berlin stattfand. „Sie Sterblichkeit lag nicht höher als bei Infektionen mit weniger aggressiven Erregern“. Die wissenschaftliche Auswertung der Daten des in mehr als 450 unbezahlten Überstunden von den Nierenärzten angelegten EHEC/HUS-Registers werde noch lange dauern, so Galle. Sie könne aber helfen, die beste Therapie bei zukünftigen ähnlichen Ausbrüchen zu finden. Auch die Bundesregierung will sich nach dem EHEC-Ausbruch besser gegen Infektionswellen rüsten (mehr…).

Will die Meldezeit für gefährliche Infektionserreger verkürzen: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)Lightbox-Link
Will die Meldezeit für gefährliche Infektionserreger verkürzen: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)Quelle: Michael Lindner / DGfN

"Wir brauchen in solchen Notsituationen ein schnelles Lagebild", erklärte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf der Nephrologen-Tagung. Er reagierte damit auf Kritik, dass Meldungen tagelang bei den zuständigen Gesundheitsämtern gesammelt und erst später teils per Fax an das Robert-Koch-Institut (RKI) weitergegeben worden waren. Beschleunigt werden soll dies nun durch neue Vorschriften. Ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung verplichtet die Gesundheitsämter, Ansteckungen innerhalb von drei anstelle von zehn Tagen an das RKI zu melden. Die Einrichtung einer zentralen Informationsplattform beim RKI ist auch nach Einschätzung von DGfN-Präsident Reinhard Brunkhorst sinnvoll. „Auf Basis des EHEC/HUS-Registers kann die Wirksamkeit der gegen HUS eingesetzten Therapien leider nur rückblickend eingeschätzt werden.“ Eine zentrale Informationsplattform bietet dagegen die Chance, in der Zukunft systematische klinische Studien schon während eines Ausbruchs durchzuführen. Dies würde den Ärzten eine wesentlich bessere Einschätzung der Wirksamkeit neuer Therapieansätze ermöglichen.

Präsentierten auf der Nephrologen-Jahrestagung erstmals die Auswertung ihres EHEC-HUS-Registers (v.l.n.r.:) DGfN-Präsident Reinhard Brunkhorst, Tagungspräsident Ulrich Frei und Tagungscopräsidentin Christiane Erley und DGfN-Sprecher Jan Galle. Lightbox-Link
Präsentierten auf der Nephrologen-Jahrestagung erstmals die Auswertung ihres EHEC-HUS-Registers (v.l.n.r.:) DGfN-Präsident Reinhard Brunkhorst, Tagungspräsident Ulrich Frei und Tagungscopräsidentin Christiane Erley und DGfN-Sprecher Jan Galle. Quelle: Michael Lindner/DGfN

EHEC/HUS-Register eröffnet Analyse der Behandlung

Den Nutzen ihres EHEC-HUS-Registers sehen die Nierenärzte in erster Linie im Informationsgewinn über den Verlauf des seltenen, aber gefährlichen hämolytisch urämischen Syndroms. Die Komplikation, die normalerweise nur 60mal pro Jahr vor allem bei Kindern unter sechs Jahren auftritt, führt zu akutem Nierenversagen, zur Zerstörung der roten Blutkörperchen und der Blutplättchen sowie Gedächtnisverlust oder epileptischen Anfällen. Die auf der Ärztetagung erstmals präsentierte Auswertung der Daten von 418 HUS-Patienten liefert indes ein anderes Bild. „90% der schwer Erkrankten waren Erwachsene, 71,1% Frauen“, so Oberarzt Jan Kielstein von der Medizinischen Hochschule Hannover. Bei 59,2% war bei Einlieferung ins Krankenhaus die Nierenfunktion so weit eingeschränkt, dass die Patienten eine regelmäßige Dialyse brauchten, 24% mussten künstlich beatmet werden, und mehr als die Hälfte hatten neurologische Symptome. Zudem hatten die Patienten rund die Hälfte ihres roten Blutfarbstoffes und eine große Menge ihrer Blutplättchen eingebüßt. Nach dem offiziellen Ende des Ausbruchs sei das Fazit aber erfreulich, so Kielstein. Die Sterblichkeit war nicht höher als bei bisher erkannten HUS-Erregern, obwohl das EHEC-Bakterium besser im Darm überlebte und große Mengen des Shigatoxins-2 produzierte. Auch benötigten derzeit nur noch 4,4% der Patienten eine regelmäßige Dialyse. Am Ende werden nach Einschätzung Kielsteins lediglich 10 bis 20 Patienten weiterhin auf das Verfahren angewiesen sein.

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Offen ist laut der DGfN noch die Frage, ob die ergriffenen Therapiemaßnahmen sinnvoll waren: 93,1% der Patienten hatten einen Plasmaaustausch erhalten, um die gefährlichen Toxine aus dem Blut der Patienten zu filtern. Rund 35,5% der HUS-Patienten waren mit einem kostenfrei zur Verfügung gestellten Antikörper der US-Firma Alexion Pharmaceuticals behandelt worden, der den Abbau der Blutkörperchen aufhält. Mit einem Immunadsorptionsverfahren waren gegen den eigenen Körper gerichtete Antikörper aus dem Blut gefischt worden, um die neurologischen Symptome zu behandeln. Doch erst in kleinen Folgestudien werden anhand von Laborparametern die Wirksamkeit dieser Behandlungsversuche untersucht und beurteilt werden können, hieß es auf einem EHEC/HUS-Symposium auf der Tagung. Zwar bleiben viele Fragen offen, doch die Nierenärzte fühlen sich gut gerüstet für die Zukunft. Ende des Jahres sollen laut Sprecher Galle erste Ergebnisse der Therapieauswertung vorgestellt werden.

© biotechnologie.de/tg

 

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