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Peptide aus dem Laserdrucker

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Biochips aus dem Laserdrucker - statt mit Farbpigmenten werden hier mit Eiweißbausteinen Peptide nach Kundenwunsch gedruckt. Quelle: PEPperPrint

20.04.2011  - 

Biochips im Miniformat sind aus dem Labor nicht mehr wegzudenken. Bereits winzige Proben genügen, um biochemische Details zu analysieren. Auf diese Weise können Bakterien erkannt, Antikörper identifiziert oder die Entwicklung von Arzneimittelwirkstoffen getestet werden. Die Herstellung solcher Biochips ist jedoch sehr aufwändig. Ein Team aus Wissenschaftlern vom Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg und des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart hat einen völlig neuen Ansatz gewählt und eine Art Drucker für Biochips entwickelt. Mit dieser Idee haben die Forscher vor einigen Jahren das Unternehmen PEPperPRINT gegründet. Auf dem Weg zur Marktreife wird die junge Firma vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. 

Biochips - auch Arrays genannt - haben sich in den Biowissenschaften längst als Standardwerkzeug etabliert. Nach dem Vorbild der Computerchips – also massenhaft Information auf kleinsten Raum unterzubringen – wurden die ersten Biochips bereits vor 20 Jahren eingeführt und bis heute stetig weiterentwickelt. Sie dienen dazu, eine große Zahl biologischer Tests gleichzeitig und auf kleinster Fläche durchzuführen. Wie etwa der Nachweis genetischer Mutationen, unterschiedlichen Genaktivitäten oder von Eiweißstoffen. Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien lassen sich beispielsweise mit sogenannten Peptidarrays nachweisen. Kleine Eiweißstückchen (Peptide), die in den Erregern vorkommen, werden dafür auf speziell beschichtete Kunststoff- oder Glasplatten befestigt. Wie Köder an einer Angel sind die Peptide in der Lage aus dem Blut von Patienten Antikörper herauszufischen, die Aufschluss über Erkrankungen geben. Die Mikrochips lassen sich außerdem dazu verwenden, gezielt nach Peptiden zu suchen, die für die Krebstherapie eingesetzt werden könnten oder die als potenzielle Impfstoffe gegen bestimmte Krankheiten in Frage kommen.

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Das Problem liegt in der Herstellung

Die Einsatzmöglichkeiten in der Diagnostik, der Grundlagenforschung oder in der  Industrie sind vielfältig. Allerdings haben Arrays dieser Art ein Herstellungsproblem: Die bislang genutzte Spottechnik, bei der die einzelnen Eiweißbausteine – also Aminosäuren - mit einem Pipettierroboter auf eine Membran aufgetupft werden, ist aufwändig. Die Kapazität dieser Biochips ist außerdem beschränkt - maximal 10.000 Peptide passen auf so einen Träger. Das klingt zwar nicht wenig, um aber alle tausend Proteine eines typischen Bakteriums in Form von jeweils 100 überlappenden Peptiden darzustellen, werden Biochips mit 100.000 Peptiden benötigt. Für einen Malariaerreger sind es bereits 500.000 und für das gesamte Proteom eines Menschen sogar vier Millionen. Ein weiterer Nachteil der Spottechnik: ein einziger Peptidspot kostet etwa 5 Euro - ein gesamter Träger mit 10.000 Peptiden somit nahezu 50.000 Euro.

„Das macht überhaupt keinen Sinn“, sagt Ralf Bischoff. Der Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg gründete 2001 zusammen mit seinem Kollegen Frank Breitling das Biotech-Unternehmen PEPperPRINT. Ihr Vorhaben: Einen Weg zur Massenfertigung der Peptid-Arrays finden. Zusammen mit Forschern vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) sind die PEPperPRINT-Wissenschaftler ihren ganz eigenen Weg gegangen: Peptide kostengünstig aus dem Drucker.

Die IPA-Wissenschaftler um Stefan Güttler entwickelten einen Speziallaserdrucker, der mit hoher Genauigkeit und großem Durchsatz beliebige Kombinationen der 20 verschiedenen Aminosäuren auf einer kleinen Glasplatte aufträgt.Lightbox-Link
Die IPA-Wissenschaftler um Stefan Güttler entwickelten einen Speziallaserdrucker, der mit hoher Genauigkeit und großem Durchsatz beliebige Kombinationen der 20 verschiedenen Aminosäuren auf einer kleinen Glasplatte aufträgt.Quelle: Ralf Bischoff

Aminosäuren aus dem Toner

Möglich wurde der Peptiddrucker der DKFZ-Forscher mit Bio-Tonern: Anstelle von Farbpigmenten sind diese mit Aminosäurepartikeln gefüllt. Eine Idee von Breitling, der nun seit kurzem am Karlsruher Institut für Technologie tätig ist. Da Peptide aber aus bis zu zwanzig verschiedenen Aminosäuren verknüpft werden müssen, sind auch zwanzig dieser Toner in einem Gerät unterzubringen. Diese Aufgabe lösten die IPA-Wissenschaftler um Stefan Güttler: Sie steuerten einen Speziallaserdrucker mit 20 Druckwerken bei, der mit hoher Genauigkeit und großem Durchsatz beliebige Kombinationen der 20 verschiedenen Aminosäuren auf einer kleinen Glasplatte aufträgt. „Die Aminosäuren in den Tonern sind in Mikropartikeln trocken eingebettet, so sind sie geschützt und lagerbar. Auch über Monate hinweg konnten wir keinen Zerfall feststellen“, erläutert Bischoff das System. „Um die Aminosäuren in Lösung zu bringen, wird die Platte erhitzt. Denn nur in gelöster Form können die Aminosäuren chemisch reagieren.“ Die Tonerpartikel werden dabei geschmolzen und die Aminosäuren können an den Träger koppeln. Schicht für Schicht wird exakt aufeinander gedruckt und verkettet. „Bei jedem Druckdurchgang wird die Peptidkette um genau eine Aminosäure verlängert. Dafür sorgt eine Schutzgruppe an der reaktiven Seite der Aminosäure. Nach jeder Verlängerung wird diese mit basischer Lösung abgespalten, so dass die nächste Aminosäure binden kann“, sagt Bischoff. Baustein für Baustein wird so aufeinander gesetzt, bis das gewünschte Peptid fertig verkettet ist.

Der Laserdrucker hat ein Gesamtgewicht von 4 Tonnen. Insgesamt mussten 20 Druckwerke und Bio-Toner untergebracht werden - anstelle von Farbpigmenten sind diese mit Aminosäurepartikel gefüllt.Lightbox-Link
Der Laserdrucker hat ein Gesamtgewicht von 4 Tonnen. Insgesamt mussten 20 Druckwerke und Bio-Toner untergebracht werden - anstelle von Farbpigmenten sind diese mit Aminosäurepartikel gefüllt.Quelle: Ralf Bischoff

Präzision ist gefragt

Die Methode der Heidelberger Biotech-Firma scheint nun den Kinderschuhen entwachsen zu sein: Bereits mit ihrem ersten Drucker konnten die PEPperPRINT- Wissenschaftler Biochips mit 160.000 Peptiden auf einem Träger von 20 mal 20 Zentimetern herstellen. Nun sind sie seit kurzem in Besitz eines neuen Laserdruckers: „Arrays aus 250.000 Peptiden lassen sich so problemlos drucken. Theoretisch sind mit diesem Drucker sogar über 500.000 Peptide möglich“, berichtet Bischoff.

Das Zünglein an der Waage heißt Präzision. Nur mit extrem stabilen Bauelementen und einer fein abgestimmten automatischen Justierung ist es möglich, in einer solchen Dichte 20 Aminosäuren so genau übereinanderzudrucken. Aber präzise Bauelemente haben ihr Gewicht: Der neue Drucker wiegt ganze vier Tonnen – sein Vorgänger brachte es gerade einmal auf eine halbe Tonne.

Hintergrund

Wer mehr über die Wissenschaftler und die Entwicklung der Peptidarrays erfahren möchte, findet hier die Links zu den entsprechenden Seiten.

Zur Webseite von PEPperPRINT: Hier klicken

Zur Webseite des IPA: Hier klicken

Zur Webseite des DKFZ: Hier klicken

Innovation wird gefördert

Mit ihrer Drucktechnik konnten die Wissenschaftler auch den Preis deutlich nach unten schrauben. Die fertigen Arrays können für nur 13 Cent pro Peptid angeboten werden. „Mit unserer Technik werden Forschungsvorhaben möglich, die vorher einfach zu teuer gewesen wären", so Bischoff.

Für dieses Pioniervorhaben auf dem Gebiet der Biochips konnten die Forscher in den letzten Jahren nicht nur renommierte Wissenschafts- und Wirtschaftspreise einheimsen. Sie wurden auch stets vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in verschiedenen Projekten unterstützt. So auch aktuell: Im Rahmen der über 3 Jahre angelegten Förderinitiative KMU-innovativ erhält die junge Firma für die Entwicklung hochkomplexer Peptidchips bis März 2013 fast eine Millionen Euro vom Ministerium.

Schicht für Schicht wird exakt aufeinander gedruckt und verkettetLightbox-Link
Schicht für Schicht wird exakt aufeinander gedruckt und verkettetQuelle: PEPperPRINT

Absenden und drucken

Die PEPperPRINT-Methode soll nun weiter optimiert werden: Die Forscher haben vor, Biochips mit noch deutlich mehr Peptiden präziser und schneller drucken zu können. So könnten sie möglicherweise Diagnostiktests für bisher rätselhafte Krankheiten entwickeln.  

Seit dem Frühjahr 2010 hat das Unternehmen unter der Führung von Volker Stadler seine Geschäftstätigkeit aufgenommen und soll nun so seine endgültige Marktreife erlangen.

Dafür ist auch Bischoff bereit seine Forschungstätigkeit am DKFZ zu 2012 aufzugeben, um seine Position als Chefwissenschaftler in der Firma komplett auszufüllen. Ein aktuelles Thema ist aber auch der Kundenservice: Individuelle Peptidarrays mussten bislang vom Kunden per E-mail bestellt werden. Zusammen mit einem Sofwareentwickler wird an einem System gearbeitet, mit dem Kunden ihre Wunschpeptide schnell und komfortabel ordern können. „Ein wenig so wie zuhause, wenn man eine pdf anlegt und schließlich zum ausdrucken absendet“, erklärt der Forscher.„Allerdings dauert es etwas länger wie zuhause – so zwei bis drei Wochen muss man für den Ausdruck einen Peptidchip schon rechnen.“  

© biotechnologie.de/tk 

 

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