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Oliver Eickelberg: Lungenforscher aus Leidenschaft

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Der Mediziner Oliver Eickelberg sucht nach Möglichkeiten, Stammzellen zur Therapie von Lungenkrankheiten einzusetzen. Quelle: Eickelberg / CPC

29.03.2011  - 

Oliver Eickelberg ist Lungenforscher. Im erst vor einem halben Jahr eröffneten Translationszentrum für Lungenforschung CPC (Comprehensive Pneumology Center) in München sucht er gemeinsam mit seinen Kollegen nach neuen Therapien für Lungenkrankheiten. Weil es bisher kaum möglich ist, solch chronische Erkrankungen zu heilen, testen die Forscher nun unter anderem auch, ob sich Stammzellen für die Behandlung eignen.

Oliver Eickelberg hat viel zu tun, gleich drei Leitungsfunktionen hat er inne. An der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) ist er Chef des Instituts für Experimentelle Pneumologie. Im Helmholtz-Zentrum München geht er als Direktor des Instituts für Lungenbiologie ein und aus. Außerdem ist er wissenschaftlicher Leiter des Comprehensive Pneumology Center (CPC) in München, einer gemeinsamen Einrichtung von LMU, Klinikum der Universität München, Helmholtz Zentrum München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Erst vor gut einem halben Jahr ist das Zentrum offiziell eröffnet worden, inzwischen sind die ersten großen Projekte angelaufen.

Damit etabliert und führt Eickelberg einen der umfassendsten Lungenforschungsstandorte Deutschlands. Am Anfang seiner wissenschaftlichen Karriere war das nicht zu erwarten, damals spielte die Lunge als Forschungsobjekt noch keine Rolle. Nach seinem Medizinstudium und Promotion in Lübeck, Wien und Basel ging er in die Vereinigten Staaten. Ausgestattet mit einem Feodor Lynen-Forschungsstipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung arbeitete er für zunächst zwei Jahre an der renommierten Yale University, wo er an der Niere forschte. „Ich hatte dort zwar super Bedingungen, aber keine wirklich emotionale Affinität zu meinem Thema. Die Niere ist ein interessantes Forschungsobjekt, aber der Funke ist nie so  richtig übergesprungen“, so Eickelberg. Als das Stipendium

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auslief, warb er eigenes Geld ein und blieb weitere zwei Jahre an der Elite-Uni, wechselte aber in eine anderes Themengebiet – und damit zu seinem künftigen Steckenpferd, der Lungenforschung. Im Jahr 2002 kehrte der Mediziner jedoch wieder nach Deutschland zurück. An der Medizinischen Klinik II der Justus-Liebig-Universität konnte er eine eigene Gruppe aufbauen. Auch wenn das Forschungsumfeld in Gießen „einfach gepasst“ hat, der Wechsel von der Ostküste der USA in die hessische Stadt an der Lahn bedeutete doch „einen kulturellen Schock“, so Eickelberg. Trotzdem war die Zeit erfolgreich, konnte er dort zusammen mit dem Klinikdirektor Werner Seeger doch beispielsweise das Internationale Graduiertenprogramm „Molecular Biology and Medicine of the Lung“ aufbauen. Sechs Jahre später, 2008, schließlich folgte der Ruf nach München. „Am Anfang war das eine gigantische Aufgabe, aber ich würde jederzeit wieder hierherziehen“, sagt Eickelberg.

„Forschung ist Leidenschaft“

Egal ob Helmholtz Zentrum, LMU oder CPC – an jeder der Wirkungsstätten ist der Arzt und Wissenschaftler nun neuen Therapien für Lungenkrankheiten auf der Spur. Wie er bei soviel Arbeit den Überblick behält, erklärt er so: „Forschung ist Leidenschaft, rein als Beruf geht das nicht. Ich nehme das mit nach Hause, träume davon.“ Gerne gibt er zu, es als „Riesenprivileg“ zu begreifen, dass er in der Forschung arbeiten darf. Und doch, ganz ohne Managementtricks, würde sich wohl auch Eickelberg verzetteln. „Man muss sich ständig vor Augen führen, was wichtig und dringend ist, das erledige ich. Um andere Dinge kümmere ich mich später oder delegiere sie.“ 

Menschliche Lungenepithelzellen lassen sich in einem besonderen Gel auch in dreidmensionalen Strukturen züchten. (Zellkerne = blau, Actinzytoskelett = rot, Laminin = grün)Lightbox-Link
Menschliche Lungenepithelzellen lassen sich in einem besonderen Gel auch in dreidmensionalen Strukturen züchten. (Zellkerne = blau, Actinzytoskelett = rot, Laminin = grün)Quelle: Eickelberg / CPC

Einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte von Eickelbergs Arbeit ist die Erforschung der Lungenfibrose. Bei dieser Krankheit vernarbt das Lungengewebe im Laufe der Zeit immer stärker. „Das Lungengewebe wird von Bindegewebszellen, den Fibroblasten, regelrecht überwuchert“, so der gebürtige Dortmunder. Die Folgen beginnen zunächst relativ harmlos, etwa durch vermehrtes Husten. Doch mit der Zeit verschlimmert sich die Lage. Die Lunge versteift, so dass die Patienten immer mehr Kraft aufwenden müssen, um überhaupt Luft zu holen. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt trotzdem immer weiter ab, denn wo die Fibroblasten das Lungengewebe verdrängt haben, wird der Gasaustausch auch direkt behindert. Die Lungenfibrose ist ein Sammelbegriff, der viele verschiedene Lungenerkrankungen umspannt.

Weitere wichtige Lungenerkrankungen, neben der Lungenfibrose, sind Asthma, Lungenkrebs, oder die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Einige Auslöser für diese Krankheiten sind bekannt, meist handelt es sich dabei um Fremdstoffe, die von außen in das empfindliche Gewebe eindringen. Die „Staublunge“, eine ehemals gefürchtete Bergarbeiter-Krankheit, wird beispielsweise dadurch verursacht, dass die Kumpels unter Tage mit jedem Atemzug feinen Steinstaub einatmen mussten. Ein anderes Beispiel ist das Risiko bei der aufwendigen Asbestsanierung. Die Bauarbeiter müssen Schutzanzüge und –masken tragen, um sich vor den feinen Asbestfasern zu schützen. Einmal eingeatmet führen sie zur Asbestose - einem Vernarben der Lunge. Heutzutage gilt das Rauchen als der am weitesten verbreitete Risikofaktor für Lungenerkrankungen. Aber: Durch Passivrauchen, zunehmende Luftverschmutzung und andere noch unbekannte Risikofaktoren sind auch immer mehr Nichtraucher betroffen.

Hintergrund

Helmholtz-Zentrum München, Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und das Comprehensive Pneumology Center (CPC)  - An jeder dieser Einrichtungen betreut Oliver Eickelberg Programme zur Lungenforschung.

Zum Institut für Lungenbiologie des Helmholtz-Zentrums München: hier klicken

Zur Forschergruppe "Remodeling von Lungengewebe" am CPC: hier klicken

„Missstand zwischen Bedeutung und Therapie von Lungenkrankheiten auflösen“

Obwohl wichtige Auslöser der Leiden also identifiziert sind, bleiben Lungenkrankheiten, wie die Lungenfibrose, auch heute noch problematisch. Es gibt kaum Therapien, die an den Ursachen der Erkrankung ansetzen, also beispielsweise dem Vernarben von Lungengewebe. Stattdessen wird versucht, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern oder ihre Symptome zu lindern. „Mit dem translationalen Ansatz im Comprehensive Pneumology Center wollen wir den Missstand zwischen Bedeutung und Therapie von Lungenkrankheiten auflösen“, erklärt Eickelberg. Er ist selber Asthmatiker, weiß also, wie sehr Lungenkranke unter Symptomen wie Atemnot zu leiden haben. Um ihnen zu helfen, kooperiert der Mediziner mit Experten aus aller Welt.

Seit Ende des vergangenen Jahres ist noch eine ganz besondere Kooperation hinzugekommen. Der Baseler Pharmakonzern Roche fördert eine Forschergruppe am CPC. Ziel ist es, innovative Stammzelltherapien zu entwickeln und so nicht mehr länger nur Symptome lindern zu müssen, sondern endlich auch heilen zu können. Dabei konzentrieren sie sich ganz auf mesenchymale Stammzellen, einen bestimmten Subtyp der adulten Stammzellen. Sie kommen im Körper an unterschiedlichen Stellen vor, beispielsweise im Knochenmark oder Fettgewebe. Obwohl sich aus ihnen nicht - wie bei embryonalen Stammzellen - sämtliche Körperzellen entwickeln lassen, sehen Mediziner in ihnen jedoch großes Potenzial. Die Hoffnung der Experten: Werden Stammzellen in die Lunge transplantiert, so lassen sich bisher unaufhaltsame Krankheiten wie Lungenfibrose endlich heilen. 

Fibroblasten (grün) überwuchern bei bestimmten Erkrankungen das gesunde Lungengewebe. Fibroblasten können für Laborversuche in einer Kollagenmatrix (grau) kultiviert werden.Lightbox-Link
Fibroblasten (grün) überwuchern bei bestimmten Erkrankungen das gesunde Lungengewebe. Fibroblasten können für Laborversuche in einer Kollagenmatrix (grau) kultiviert werden.Quelle: Eickelberg / CPC

„Das ist echtes Teamwork“

„Wir wollen die Therapie schnell zum Patienten bringen“, erklärt Eickelberg. „Normalerweise dauert so etwas über zehn Jahre. Aber soviel Zeit haben unsere Patienten nicht.“ Sein Team soll nun helfen, grundlegende Fragen zu untersuchen: Was passiert mit den Stammzellen, wenn sie einmal transplantiert wurden? Wohin wandern die Zellen, und wie beeinflussen sie die etwa 40 anderen Zelltypen in der Lunge? Noch ist beispielsweise auch noch nicht geklärt, ob die Stammzellen ihren therapeutischen Nutzen direkt entfalten oder erst noch modifiziert werden müssen. Diese Fragen sollen nun zusammen mit den Forschern des Pharmakonzerns angegangen werden. „Da greift nun wirklich ein Rad in das andere, das ist echtes Teamwork“, schwärmt Eickelberg. Die Rollen sind klar verteilt: Das Biotechnologie-Zentrum von Roche in Penzberg wird die Stammzellen aufreinigen und zertifizieren, die Forscher in München werden die Zellen und ihr Verhalten dann genauer untersuchen. Eickelberg wird dabei wohl vor allem eine koordinierende Rolle zufallen. Denn Zeit für praktische Arbeit im Labor bleibt ihm bei seinen vielen Verpflichtungen kaum noch. Die Begeisterung jedoch ist geblieben: „Wenn ich sehe, was Wissenschaftlern heutzutage an Technologien zur Verfügung steht: Wahnsinn!“. Die Leidenschaft für die Lunge lässt den 42-jährigen kaum einmal los. Will der Lungenexperte doch einmal den  Kopf frei bekommen,

Mittels Immunfluoreszenzmikroskopie lassen sich einzelne Proteine visualisieren. Das Protein Zyxin (grün) könnte für den Erhalt des Aktinzytoskeletts (rot), dem Grundgerüst der Zelle, eine wichtige Rolle spielen. Zellkerne sind blau gefärbt.Lightbox-Link
Mittels Immunfluoreszenzmikroskopie lassen sich einzelne Proteine visualisieren. Das Protein Zyxin (grün) könnte für den Erhalt des Aktinzytoskeletts (rot), dem Grundgerüst der Zelle, eine wichtige Rolle spielen. Zellkerne sind blau gefärbt.Quelle: Eickelberg / CPC
so geht es zum Bergsteigen in die freie Natur. „Dabei muss man sich 100% konzentrieren“, erklärt Eickelberg.  

Der engagierte Mediziner konzentriert sich jedoch nicht nur auf die wissenschaftlichen Fakten seiner Arbeit, er will auch die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. Als Stiftungsvorstand der Stiftung AtemWeg wirbt er um mehr Aufmerksamkeit und zusätzliche Mittel für die Lungenforschung. Kaum einer kenne die globale Bedeutung von chronischen Lungenerkrankungen, sagt er und betont: „Sie sind immerhin die weltweit zweithäufigste Todesursache.“ Daher lautet eine seiner Forderungen: „Wir müssen das Problem Lungenkrankheiten ins öffentliche Bewusstsein holen.“ Das kann seiner Meinung nach nicht nur mit trockenen wissenschaftlichen Fakten gelingen. Bei regelmäßigen Veranstaltungen, wie den Tagen der offenen Tür, wolle man auch jeden fesseln, von den Großeltern bis zum Kind. Damit ihm das gelingen kann, beschäftigt er sich mit allen Facetten des Themas: „Das Atmen genießt in vielen Kulturen einen besonderen Status, einige Naturvölker setzen es mit der Seele gleich.“

 

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