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Bluttest weist Gendoping erstmals direkt nach

Molekularmediziner aus Mainz und Tübingen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich im Blut nach Spuren von Gen-Doping fahnden lässt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Molekularmediziner aus Mainz und Tübingen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich im Blut nach Spuren von Gen-Doping fahnden lässt.

03.09.2010  - 

Bislang galt Gendoping als nicht nachweisbares Vergehen. Nun haben Forscher aus Tübingen und Mainz einen Bluttest entwickelt, mit dem sich erstmals zuverlässig prüfen lässt, ob etwa ein Athlet seinen Körper durch eingeschleuste Gene dauerhaft aufputscht oder nicht. Die Forscher um Perikles Simon und Michael Blitzer berichten im Fachjournal Gene Therapy (2. September 2010, Online-Vorabveröffentlichung) über das neue Verfahren. In tierexperimentellen Studien lieferte der Test eindeutige „Ja-oder-Nein-Antworten” auf das Vorhandensein eingeschleuster Erbsubstanz. Auch bei einem Test bei mehr als 300 Sportlern erwies sich das Nachweisverfahren als sicher. Die Entwicklung der neuen Methoden wurde von der Welt-Anti-Doping-Agentur unterstützt. Sollte es der Überprüfung in weiteren Labors standhalten, könnte es bereits, so die Hoffnung, 2012 bei den Olympischen Spielen in London eingesetzt werden.

Das Gendoping ist gewissermaßen die Schatten-Seite der Gentherapie. Mittels Gentherapie ist es heute möglich, bestimmte Gene in den Körper einzubringen, die dann dauerhaft eine Funktion ersetzen, die infolge einer Mutation in der Erbinformation ausgefallen ist. Dies ist auch beim Menschen vereinzelt für die Heilbehandlung von vererbbaren Erkrankungen angewandt worden. Erst kürzlich meldeten Forscher Erfolge bei einer Gentherapie zur Behandlung von Netzhauterkrankungen (mehr...). Gendoping missbraucht das Konzept der Gentherapie. Beim Gendoping werden dem Körper Gene zugeführt, die die körperliche Leistungsfähigkeit –ebenfalls langfristig –verbessern. Ein Beispiel ist das Gendoping mit dem Botenstoff Erythropoetin (EPO), der im Körper die Bildung von roten Blutkörperchen ankurbelt. In einem ersten Schritt  würde das EPO-Gen in Zellen des Körpers eingeschleust. Mediziner verwenden dazu meist spezielle Viren als Genfähren, um das neue Gen im Erbgut von Körperzellen zu installieren.  „Vom Körper eines gengedopten Menschen selber werden dann die leistungssteigernden Hormone hergestellt, ohne dass irgendwelche Fremdsubstanzen dem Körper zugeführt werden müssten“, erläutert Perikles Simon von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Der Körper wird auf Dauer zu seinem eigenen Dopinglieferanten“. Neben EPO nennt der Forscher noch weitere Gene, die Gendopingfahnder im Visier haben, so zum Beispiel den Transkriptionsfaktor Hif1 für die Sauerstoffversorgung, IGF1 und andere Gefäßwachstumsfaktoren sowie Follistatin für das Muskelwachstum. Sie alle könnten von skrupellosen Leistungssportlern zur Leistungssteigerung eingesetzt werden.

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Bislang ist im Sport noch kein Fall eines Gendopings bekannt geworden. Es gibt auch keinerlei Belege dafür, dass ein solches Verfahren zur Leistungssteigerung überhaupt effektiv wäre oder bereits durchgeführt wird. „Dafür ist sehr viel technisches Know-How nötig“, so Simon. Zudem lasse sich nur sehr schwer steuern, wie stark die eingeschleusten Gene abgelesen werden. Außerdem bestehe immer auch ein Risiko, dass die Gentherapie Krebs auslösen könne. Deshalb schätzen die Mediziner, dass nur wenige Sportler sich überhaupt ein so hohes Risiko eingehen.

Dennoch waren der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) die Arbeiten an einem Gendoping-Test  einen Betrag von 980 000 US-Dollar wert, mit dem die Forschergruppe um Perikles Simon von der Universität Mainz in den letzten vier Jahren gefördert wurde. Herausgekommen ist ein Test, der fremde oder „transgene“ DNA von der körpereigenen DNA unterscheiden kann, auch wenn die Erbinformation die gleiche ist. Der Trick: Die körpereigenen Gene enthalten von Natur aus neben der eigentlichen Erbsubstanz auch nicht-codierende Zwischenabschnitte, die sogenannten Introns. Bei transgener Erbsubstanz fehlen diese Introns aus technischen Gründen.

Wenige Milliliter Blut reichen für den Test 

Für den Test genügen den Forschern 200 Milliliter Blut. Mithilfe maßgeschneiderter „chemischer Schablonen“ (Primern) und der Polymerasekettenreaktion (PCR) kann die eingeschleuste DNA eindeutig erkannt werden. Die Forscher hatten die Methode bereits vor zwei Jahren beschrieben. Jetzt haben sie erste Versuche an Mäusen durchgeführt. Bis zu 56 Tage nach einer “Genspritze” in die Muskulatur konnten die Forscher anhand von Blutproben sicher unterscheiden, bei welchen Tieren Gendoping stattgefunden hatte und bei welchen nicht. Auch eine erste Spezifitätsprüfung bei Menschen verlief positiv. Die Forscher untersuchten dazu 327 Blutproben von Leistungs- und Freizeitsportlern. Alle Tests waren negativ, lieferten also keine falsch-positiven Treffer. Ob und wann der Gendoping-Test eingeführt wird, ist derzeit nicht abzusehen. Die Forscher hoffen auf eine abschreckende Wirkung. Sie gehen davon aus, dass sich für Athleten der Missbrauch der Gentherapie zu Dopingzwecken nicht mehr lohnt. „Spätestens das Wissen um das Risiko, auch Monate nach einem durchgeführten Gentransfer bei einer Wettkampfkontrolle entdeckt zu werden, dürfte auch die waghalsigsten Doper abschrecken“, sagt Simon. Zunächst wollen sie ihre Versuche noch ausweiten. Auch müssen Molekularmediziner in anderen WADA-Labors ihrerseits die Methode auf Sicherheit und Zuverlässigkeit testen. Die Forscher um Simon hoffen, dass ihre Methode bereits zu den olympischen Spielen 2012 zum praktischen Arsenal der Dopingfahnder gehören könnte.

 

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