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Frostschutz-Protein lässt Eismeer-Fisch nicht gefrieren

Der Fisch Macropteris maculatus aus dem McMurdo-Sund in der Antarktis. Wie beim antarktischen Seehecht verhindert ein Anti-Freeze-Protein - oben die schematische Struktur mit der erweiterten Hydrathülle - dass er im Eismeer gefriert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Der Fisch Macropteris maculatus aus dem McMurdo-Sund in der Antarktis. Wie beim antarktischen Seehecht verhindert ein Anti-Freeze-Protein - oben die schematische Struktur mit der erweiterten Hydrathülle - dass er im Eismeer gefriert. Quelle: Ruhr-Universität Bochum

31.08.2010  - 

Vom Ruhrpott an den Südpol: Bochumer Forscher haben herausgefunden, wie genau der natürliche Frostschutz funktioniert, der Fische im Eismeer vor dem Erfrieren schützt. Sie konnten beobachten, dass ein Gefrierschutzprotein im Fischblut die Wassermoleküle in seiner Umgebung zur Räson bringt, dass ein Ausfrieren unmöglich wird und das Ganze flüssig bleibt. Dabei besteht zwischen Protein und Wasser keine chemische Bindung – die Anwesenheit des Proteins genügt, um die Wassermoleküle vorteilhaft zu beeinflussen. Die Wissenschaftler um Martina Havenith-Newen von der Abteilung Physikalische Chemie berichten zusammen mit amerikanischen Kollegen im Fachblatt Journal of the American Chemical Society (Online-Veröffentlichung, 16. August).



 

Im Eismeer rund um den Südpol wird das Meerwasser so kalt, dass Leben eigentlich nicht mehr möglich sein dürfte. Bei Temperaturen von minus 1,8° C müsste jeder Fisch erstarren: Denn der Gefrierpunkt für Fischblut liegt bei ungefähr minus 0,9° C. Warum antarktische Fische bei diesen Temperaturen trotzdem beweglich bleiben, interessiert die Forschung seit langem. Schon vor 50 Jahren wurden besondere Gefrierschutzproteine im Blut dieser Fische entdeckt. Diese sogenannten Anti-Freeze-Proteine funktionieren besser als jedes haushaltsübliche Frostschutzmittel. Wie sie aber funktionieren, war bislang noch ungeklärt.

Kollektive Schwingungen von Biomolekülen messen

Die Bochumer Forscher setzten ihre Spezialität ein, die Terahertz-Spektroskopie. Mit Hilfe von Terahertz-Strahlung lassen sich die kollektiven Bewegungen von Wassermolekülen und Proteinen beobachten. Aufgrund verschiedener technischer Herausforderungen ist die Terahertz-Spektroskopie ein Gebiet von wenigen Experten. Die Bochumer Chemiker sind in dieser Disziplin weltweit führend. Die Wissenschaftler haben ein leistungsstarkes Laser-Spektrometer entwickelt, mit dem sie in der Lage sind, Biomoleküle in ihrer natürlichen Umgebung zu vermessen und direkt kollektive Schwingungen zu beobachten.

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So konnte die Arbeitsgruppe schon zeigen, dass Wassermoleküle, die in flüssigem Wasser normalerweise einen ständigen Tanz aufführen und dabei immer neue Bindungen untereinander eingehen, in Anwesenheit von Proteinen geordneter tanzen – „aus dem Discotanz wird ein Menuett“, schildert Martina Havenith-Newen.

Mitbringsel einer Antarktis-Expedition

Gegenstand der aktuellen Untersuchungen waren Anti-Freeze-Glykoproteine des antarktischen Seehechts Dissostichus mawsoni, den einer der amerikanischen Kooperationspartner, Arthur L Devries, eigens auf einer Antarktis-Expedition aus dem Meer gefischt hatte. Der Antarktischer Seehecht oder Riesen-Antarktisdorsch lebt in den Meeren rund um die Antarktis bis zur Nordgrenze des Südpolarmeers an der Antarktischen Konvergenz, in Tiefen von 0 bis 1600 Metern. Die Raubfische werden 1,75 Meter lang und erreichen ein Gewicht von 80 kg. Gerade in den letzten Jahren werden die langsam wachsenden Tiere intensiv befischt und sind inzwischen mehr und mehr gefährdet.

Eine genaue Untersuchung des gefangenen Tieres brachte Erstaunliches zu Tage. „Wir konnten sehen, dass das Protein einen besonders weitreichenden Einfluss auf die Wassermoleküle in seiner Umgebung hat, wir sprechen von einer erweiterten Hydrathülle“, erklärt Mitautor Konrad Meister. „Dieser Einfluss, der die Eiskristallisation verhindert, ist bei tiefen Temperaturen sogar ausgeprägter als bei Zimmertemperatur“, setzt Havenith-Newen hinzu. Um das Wasser dennoch zum Gefrieren zu bringen, wären tiefere Temperaturen nötig.

Wenn man das Protein deaktiviert, funktioniert der Gefrierschutz nicht mehr. In diesem Fall fanden die Forscher auch keine Änderung des Terahertz-Tanzes. Mit ihrer Beobachtung entkräfteten die Forscher die bisherige Annahme, dass eine einzige Bindungsstelle zwischen Anti-Freeze-Protein und Wasser für die Aktivität des Proteins verantwortlich ist. Zum ersten Mal gelang damit der Nachweis eines direkten Zusammenhangs zwischen der Funktion eines Proteins und seiner Signatur im Terahertz-Bereich. Die Untersuchungen wurden von der VolkswagenStiftung gefördert.

 

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