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Wie Stammzellen im Gehirn für Zellnachschub sorgen

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Adulte Stammzellen im Gehirn der Maus, die zur Produktion von neuen Nervenzellen angeregt wurden. Solche neuronalen Stammzellen lassen sich auch durch körperliche Bewegung stimulieren. Quelle: Institut für Stammzellforschung/Helmholtz-Zentrum München

12.05.2010  - 

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Getreu diesem Sprichwort waren Neurobiologen lange Zeit der Ansicht, dass das Gehirn mit zunehmendem Alter an Lern- und Gedächtnisfähigkeit verliert. Im Hippocampus, einer Hirnregion zuständig für Lernen und Gedächtnis, gibt es jedoch Stammzellen, die zeitlebens neue Nervenzellen hervorbringen können. Entwicklungsbiologen aus Freiburg, München und Dresden haben nun genauer untersucht, wie dieser Prozess im Alter abläuft. Wie sie im Fachjournal Cell Stem Cell (7. Mai 2010, Bd. 6, Ausg.5. S.445) berichten, fanden sie bei Mäusen zwei Typen von Stammzellen. Bei betagten Tieren ließ sich die Aktivität einer Stammzellgruppe durch körperliche Bewegung ankurbeln.

Nie besitzt das Gehirn so viele Nervenzellen wie zum Zeitpunkt der Geburt. Danach werden viele überschüssige Neurone abgebaut. Allerdings kann die Zahl der Nervenzellen auch wieder zunehmen - bei Mäusen und bei Menschen wurden mittlerweile lebenslang teilungsfähige Zellen im Gehirn entdeckt. Wissenschaftlern um Verdon Taylor vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg zufolge existieren bei Mäusen nun gleich mehrere Typen dieser neuronalen Stammzellen, die neue Nervenzellen hervorbringen können. Was bei Mäusen gilt, könnte auch auf den Menschen zutreffen. Aus Untersuchungen mit Mäusen ist bekannt, dass die neu gebildeten Zellen in die bestehenden Netzwerke integriert werden und das dies für die Lernfähigkeit der Tiere wichtig sind. Allerdings nimmt die Bildung neuer Zellen im Alter ab. Die Gründe dafür waren bislang nicht klar.

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Neuronale Stammzellen im Gehirn der Maus können auch noch im Alter neue Nervenzellen hervorbringen. Horizontale Stammzellen sind dabei im Hippocampus besonders aktiv.Quelle: Max-Planck-Institut für Immunobiologie, Freiburg


Aktive und ruhende neuronale Stammzellen im Hippocampus

Zusammen mit Kollegen aus Dresden und München haben die Freiburger Forscher jetzt erstmals eine Erklärung dafür gefunden, warum im erwachsenen Mäusegehirn weniger neue Nervenzellen gebildet werden. Die Entwicklungsbiologen haben verschiedene Populationen von neuronalen Stammzellen identifiziert. Demnach besitzt der Hippocampus aktive und ruhende, inaktive neuronale Stammzellen. „Bei jungen Mäusen teilen sich die Stammzellen vier Mal häufiger als bei älteren Tieren, die Anzahl an Zellen ist im Alter jedoch nur geringfügig niedriger. Neuronale Stammzellen verschwinden also im Alter nicht, sondern sie werden weiter vorrätig gehalten“, erläutert Max-Planck-Forscher Taylor.

Welche Einflüsse die ruhenden Stammzellen wieder aktivieren, wissen die Forscher noch nicht genau. Die Zellen können aber wieder zur Teilung angeregt werden. So beobachteten die Wissenschaftler in körperlich aktiven Mäusen mehr neue Hippocampus-Neurone. „Rennen fördert also die Neubildung von Nervenzellen“, sagt Verdon Taylor. Auch krankhafte Gehirnaktivität, wie sie während epileptischer Anfälle auftritt, regt die Stammzellen zur Teilung an.

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Horizontale und radiale Stammzellen
Die Stammzell-Populationen lassen sich im Mikroskop gut unterscheiden. Die erste Gruppe besteht aus Zellen, die senkrecht zur Hippocampus-Oberfläche positioniert sind. Diese radialen Stammzellen befinden sich größtenteils im Ruhestadium. In der Gruppe der horizontalen Stammzellen – Zellen, die parallel zur Hippocampus-Oberfläche ausgerichtet sind – bilden dagegen über 80 Prozent laufend neue Zellen, die restlichen 20 Prozent ruhen. Gemeinsam ist allen, dass Gene namens Notch, RBP-J und Sox2 aktiv sind.
Radiale und horizontale Stammzellen sind jedoch nicht nur anders angeordnet, sie reagieren offenbar auch anders. Manche der radialen Stammzellen verlassen ihr Ruhestadium und beginnen sich zu teilen, wenn die Tiere körperlich aktiv sind. Auf die horizontalen Stammzellen hat dies dagegen einen geringen Einfluss. Deshalb teilen sich bei den aktiven Mäusen mehr radiale Stammzellen. Epileptische Anfälle dagegen beeinflussen auch die horizontalen Stammzellen.

Ähnliche Strukturen bei Menschen vermutet

Neuronale Stammzellen gibt es nicht nur im Mäusegehirn. Auch beim Menschen sind im Hippocampus Nervenzellen nachgewiesen worden, die dort im Laufe des Lebens gebildet werden. Wissenschaftler vermuten deshalb, dass auch im menschlichen Gehirn unterschiedliche Typen von aktiven und inaktiven Stammzellen vorkommen könnten. Möglicherweise können inaktive Stammzellen dann auch beim Menschen aktiviert werden. „Es gibt Hinweise darauf, dass die übermäßige Bildung neuer Nervenzellen bei Epilepsie eine Rolle spielt. Vielleicht können neuronale Stammzellen des Gehirns eines Tages auch zur Behandlung von Gehirnverletzungen oder degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer eingesetzt werden“, sagt Taylor.

 

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