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Gen-Katalog zeichnet Bild unserer Darmbewohner

Forscher haben das genetische Material von sämtlichen Mikroben des Dickdarms entziffert. Diese Methode erlaubt erstmals einen Zensus unserer Darmbewohner. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Forscher haben das genetische Material von sämtlichen Mikroben des Dickdarms entziffert. Diese Methode erlaubt erstmals, die verschiedenen Arten im Verdauungstrakt zu zählen.

05.03.2010  - 

Der Dickdarm ist nicht gerade ein wirtlicher Ort für Mikroben. Es ist duster, Sauerstoff ist rar und das Milieu ist sauer. Trotzdem tummeln sich dort mehr als 160 verschiedene Bakterienarten. Ein großer Teil davon gehört zur Grundausstattung der Darmflora und kommt bei den meisten Menschen vor. Das berichtet ein internationales Forscherteam mit Beteiligung von Experten aus Heidelberg in Nature (4. März 2010, Bd. 464, S. 59). Die Forscher haben aus Stuhlproben sämtliches genetisches Material entziffert und so einen Arten-Katalog der Dickdarmbakterien erstellt. Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse über den Einfluss der Mikrobenwelt auf eine gesunde oder gestörte Verdauung.

Darmbakterien sind die unverzichtbaren Helfer unserer Verdauung: Sie unterstützen den Körper dabei, die Nahrung aufzuspalten. Sie fördern den Aufbau und den Erhalt der Darmschleimhaut und sind darüber hinaus an der Abwehr von Viren, Pilzen oder krankmachenden Bakterien beteiligt. Wird das Gleichgewicht der Darmflora jedoch durch falsche Ernährung oder Medikamente durcheinandergebracht, kann dies die Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Schätzungen zufolge leben an und im menschlichen Körper etwa zehnmal so viele Bakterien wie der Mensch Körperzellen besitzt.

Metagenomik bringt Licht ins Dunkle 

Lange blieb die Zusammensetzung der Darmflora im Dunkeln. Denn der Großteil der Mikroben aus dem Verdauungstrakt lässt sich nicht im Labor kultivieren. Doch dank neuer Nachweismethoden in der Biotechnologie ist es mittlerweile möglich, Mikroben allein anhand ihres Erbguts aufzuspüren. Das aufstrebende Gebiet nennt sich Metagenomik: Forscher entnehmen Materialproben aus einem bestimmten Lebensraum und entziffern sämtliche genetische Informationen darin. Möglich machen diesen Ansatz immer leistungsfähigere und günstigere DNA-Sequenziermethoden. Mit Computerhilfe können Genetiker die gefundenen Erbgut-Stücke dann einzelnen Organismen zuordnen.

Mit Metagenomik näherte sich nun ein internationales Forscherkonsortium der Mikrobenwelt im Lebensraum Dickdarm: Jun Wang von der Universität Kopenhagen und seine Mitarbeiter hatten aus den Stuhlproben von teils gesunden, teils übergewichtigen oder fettleibigen Probanden sowie von Menschen mit einer chronischen Darmerkrankung sämtliches Bakterienerbgut isoliert. An der Analyse waren auch Forscher um Peer Bork vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg beteiligt.

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Insgesamt identifizierten die Wissenschaftler rund 3,3 Millionen verschiedene Gene - rund 150 Mal mehr als der Mensch besitzt. Mehr als 99 Prozent der Gene ließen sich der Gruppe der Bakterien zuordnen, der verbleibende kleine Rest entfiel auf andere Mikroorganismen sowie Viren.

Die weitere Analyse der Daten zeigte, dass sich jeder Proband etwa 40 Prozent seiner Bakteriengene mit mindestens der Hälfte der übrigen Versuchsteilnehmer teilte. Einige der identifizierten Gene konnten die Forscher einzelnen Bakterienarten zuordnen, deren Gensequenz bereits bekannt ist. Erneut zeigte sich, dass ein Großteil der bakteriellen Lebensgemeinschaft im Darm scheinbar bei den meisten Menschen ähnlich ist: 75 Bakterienarten fanden die Forscher bei mehr als der Hälfte der Probanden, immerhin noch 57 Arten bei mehr als 90 Prozent.

Joghurt mit dem richtigen Mikroben-Mix

Einen ersten Hinweis auf die Bedeutung solcher Untersuchungen fanden die Forscher beim Vergleich der Daten von gesunden Versuchsteilnehmern mit denen, die unter einer chronischen Darmerkrankung litten. Bei letzteren registrierten die Wissenschaftler rund 25 Prozent weniger Gene als bei den gesunden Probanden. Dies decke sich mit der Beobachtung, dass chronisch Darmkranke eine geringere Vielfalt an Darmbakterien besitzen.

„Wenn wir die Kombination an Genen kennen, die für die richtige Balance der mikrobiellen Darmflora notwendig sind, dann können wir künftig Stuhlproben als Anzeiger für den Gesundheitszustand nutzen“, sagt der EMBL-Forscher Peer Bork. „Vielleicht können wir eines Tages dann bestimmte Erkrankungen ganz einfach behandeln: Die Patienten müssten nur einen Joghurt mit dem richtigen Mix an Bakterien essen.“

 

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