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Charlotte Förster: Den Takt des Lebens ermitteln

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Charlotte Förster erforscht als Professorin für Neurobiologie und Genetik an der Universität Würzburg die innere Uhr der Lebewesen. Quelle: privat

07.12.2009  - 

Jedes Lebewesen trägt in seinem Inneren eine Uhr, die seine Aktivitäten steuert. Wie diese Uhr auf der Ebene der Moleküle schlägt und was passiert, wenn sie durch äußere Einflüsse aus dem Takt gebracht wird, das untersucht Charlotte Förster. Die Mutter zweier Kinder ist seit Herbst 2009 Professorin für Neurobiologie und Genetik an der Universität Würzburg. Das Interesse für die Chronobiologie begleitet sie schon seit dem Studium: 1985 wurde sie dann in Tübingen mit einer Arbeit über das zirkadiane System von Fliegen promoviert.



 

Menschen, Tiere, Pflanzen tragen sie in sich. Selbst Einzeller besitzen eine innere Uhr, nach denen sich ihr Verhalten richtet. So steigt beispielsweise eine bestimmte Algenart bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang aus den Tiefen des Meeres an die Wasseroberfläche, um dann, wenn die Sonne scheint, Photosynthese zu betreiben. Und noch vor Sonnenuntergang sinkt sie wieder hinab in die Tiefe. Dieses Verhalten zeigt sie auch im Labor, ohne Sonnenlicht und andere natürliche Einflüsse. Irgendein Taktgeber muss der Alge also zuverlässig ansagen, wann es Zeit ist für die Wanderung ins Licht oder aus ihm heraus.

Die schwarzbäuchige Taufliege Drosophila melanogaster verlässt sich auf das gleiche Uhren-Gen wie der Mensch.Lightbox-Link
Die schwarzbäuchige Taufliege Drosophila melanogaster verlässt sich auf das gleiche Uhren-Gen wie der Mensch.Quelle: André Karwath

Schicht- und Nachtarbeit können die innere Uhr massiv beeinträchtigen

"Chronobiologie" heißt der Zweig der Wissenschaft, der sich mit diesen Taktgebern beschäftigt. Charlotte Förster interessiert sich schon lange für dieses Gebiet. "Mein Interesse wurde bereits im vierten Semester des Biologiestudiums in Tübingen durch eine Vorlesung von Professor Wolfgang Engelmann geweckt", sagt sie. Förster stammt aus Heilbronn und hat an den Universitäten in Stuttgart und Tübingen Biologie studiert. Wolfgang Engelmann beeindruckte sie so, dass sie bei ihm 1985 einer Arbeit über das zirkadiane System von Fliegen promovierte, im Jahr 2000 folgte die Habilitation im Fach Zoologie an der Universität Tübingen. Dazwischen hatte sie für vier Jahre ihre Forschungstätigkeit unterbrochen, um sich der Erziehung ihrer beiden Kinder widmen zu können. Seit Herbst 2009 ist sie Professorin für Neurobiologie und Genetik an der Universität Würzburg.

Seit ihrem Studium erforscht Förster, wie die inneren Uhren ticken - angefangen auf der Ebene der Gene über die des Nervensystems bis hin zum Verhalten. "Innere Uhren steuern die zeitliche Organisation aller Lebewesen. Dauerhafte Störungen in dieser Organisation, zum Beispiel durch Schicht- und Nachtarbeit, können die Gesundheit massiv beeinträchtigen", sagt Förster. Menschen, die nicht auf ihre innere Uhr hören oder hören können, drohen unter anderem Schlafstörungen, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

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Ein fehlerhaftes Gen verstellt die Uhr

In ihrer Forschung konzentriert sich Förster auf die Taufliege Drosophila melanogaster. Die Fliege bietet Wissenschaftlern mehrere Vorteile: Ihr Genom ist für Eingriffe gut zugänglich, ihr Gehirn ist vergleichsweise einfach strukturiert und doch sind die molekularen Prinzipien die gleichen wie beim Menschen. "Das erste bei Drosophila identifizierte Uhren-Gen trägt den Namen 'period'", erklärt Förster. Beim Menschen liegt das Gen gleich in dreifacher Ausprägung vor. Dass es auch hier als Taktgeber fungiert, zeigt sich vor allem, wenn Störungen auftauchen. "Eine Mutation im period2-Gen des Menschen führt zum Familial Advanced Sleep Phase Syndrom", sagt Förster. Bei den Betroffenen geht die innere Uhr sozusagen ständig vor: Abends sind sie spätestens um 18.00 Uhr bettreif; dafür wachen sie am Morgen schon um 4.00 Uhr auf und sind topfit.

Abgelesen werden die Uhren-Gene der Taufliege in spezifischen Nervenzellen ihres Gehirns. "Drosophila besitzt nur etwa 300 solcher Uhren-Neuronen, die wir inzwischen weitgehend charakterisieren konnten", sagt Förster. Zum Erstaunen der Wissenschaftler reicht es allerdings aus, wenn das period-Gen in nur acht dieser Neurone aktiv ist, um trotzdem einen fast normalen Aktivitätsrhythmus zu erzeugen. "Das lässt uns hoffen, das neuronale Netzwerk der inneren Uhr von Drosophila in den nächsten Jahren ganz zu verstehen", sagt die Neurobiologin. In einem weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit untersucht Charlotte Förster die Synchronisation der inneren Uhr auf den 24-Stunden-Tag durch äußere Zeitgeber wie Licht und Temperatur. Im Rahmen eines EU-Projekts hat sie vor vier Jahren damit begonnen, die Auswirkung von nächtlicher Beleuchtung und Dämmerungsphasen auf die Taktgeber des Organismus genauer zu untersuchen.

 

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