Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Alles im Blick: Stoffwechsel der Pflanze analysiert

Nicht nur be der beliebten Modellpflanze Arabidopsis thaliana können Max-Planck-Forscher aus Potsdam jetzt den Stoffwechsel so genau wie nie zuvor messen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Nicht nur be der beliebten Modellpflanze Arabidopsis thaliana können Max-Planck-Forscher aus Potsdam jetzt den Stoffwechsel so genau wie nie zuvor messen. Quelle: Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

28.10.2009  - 

Im Vergleich zum Menschen sind Pflanzen relativ einfache Organismen. Blickt man jedoch genauer hin – in den vergangenen Jahren ist das Forschern immer besser gelungen - offenbart sich das Geschehen in der Pflanzenzelle als komplexer Reigen. Hunderte von Beteiligten wirbeln durcheinander, reagieren aufeinander und halten damit die Zelle am Laufen. Eine neue Methode, diese dicht ineinander verwobenen Vorgänge des Stoffwechsels in ihrer Gesamtheit zu verstehen, haben jetzt Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Pflanzenphysiologie in Potsdam entwickelt. Erstmals können sie so die Stoffwechselaktivität direkt und quantitativ messen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt Molecular Systems Biology (Online-Veröffentlichung, 13. Oktober 2009).




 

Das erste, was Schüler im praktischen Biologieunterricht zwischen die gläsernen Objektträger ihres Mikroskops klemmen, sind oft feine Schnitte aus der Haut einer Zwiebel. Pflanzenzellen eignen sich deshalb so gut für die erste Lektion der Nachwuchsbiologen, weil ihr Aufbau so eindeutig ist. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. Bei genauerem Hinsehen, mit größeren und teureren Mikroskopen als es sie in der Schule gibt, wird die Pflanzenzelle zum Schauplatz eines komplizierten Geschehens. Die verschiedensten Stoffe werden ineinander umgewandelt, ausgetauscht und neu produziert, um die Pflanze  - egal ob nun Zwiebel oder die beliebte Modellpflanze Arabidopsis thaliana -  am Leben zu erhalten. Der Stoffwechsel erlaubt es nicht nur, innere Vorgänge wie die Photosynthese oder das Wachstum zu steuern, sondern auch auf äußere Einflüsse wie den Lichteinfall zu reagieren. 

MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie
Das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam wurde 1994 gegründet und beschäftigt mittlerweile mehr als 300 Mitarbeiter.
zur Forschungsgruppe von Mark Stitt: hier klicken

Von außen ist dabei kein Unterschied zu bemerken, eine Rose bleibt Tag und Nacht eine Rose. Doch die Geschehnisse im Inneren der Pflanze können sich wandeln, je nachdem, ob die Energieproduktion wegen des Sonnenaufgangs angekurbelt oder wegen der Abenddämmerung gedrosselt werden soll oder ob ein Wolkenbruch die Wurzeln unter Wasser setzt, die eben noch in ausgetrocknetem Boden verankert waren. Diese Veränderungen im Stoffwechsel können sehr schnell und abrupt vor sich gehen. "Natürlich können wir messen, was in einer Pflanze vorgeht", erläuterte der geschäftsführende Direktor des Max-Planck-Instituts für Pflanzenphysiologie in Potsdam, Lothar Willmitzer, am Rande des Runden Tischs zur Grünen Gentechnik im Juli in Berlin. "Doch messen wir eine Viertelstunde später, und hat sich gerade eine Wolke vor die Sonne geschoben, dann sind die Ergebnisse komplett unterschiedlich. Unsere Pflanze hat sich völlig verwandelt!"

Energie- und Rohstoffbedarf der Pflanze direkt messen

Um die komplexen Vorgänge in lebenden Pflanzenzellen zu verstehen, haben Kollegen von Willmitzer eine systembiologische Methode entwickelt, die es ermöglicht, die Neubildung von Eiweißen zu messen und mit dem Gehalt vorhandener Eiweiße in der Pflanzenzelle zu vergleichen. Eiweiße sind die molekularen Arbeitstiere des Körpers. Hunderte verschiedener Eiweiße arbeiten als winzige Maschinen zusammen, damit die Zelle funktioniert. Und sie sind auch die wichtigsten Baustoffe der Lebewesen. Fast jeder Bestandteil des Körpers ist entweder selbst ein Eiweiß oder wurde durch Eiweiße erzeugt.

Die Potsdamer Forscher um Mark Stitt, Direktor der Abteilung Metabolische Netzwerke, können mit ihrer neuen Methode nun die Stoffwechselaktivität direkt bestimmen und abschätzen, wie viel Energie und Rohstoffe die Pflanze gerade verbraucht. Voraussetzung hierfür ist es, die Anzahl der Ribosomen - die Eiweißfabriken in der Zelle - sowie die Menge der für die Eiweißbildung benötigten Genabschriften - die sogenannte Boten-RNA (mRNA) - möglichst exakt zu analysieren.

Mehr zum Thema auf biotechnologie.de
News: Alle Eiweiße der Hefe im Visier

Die Bildung von Eiweißen erfolgt in einem Prozess, der in Echtzeit auf den Bedarf der Pflanze abgestimmt wird. Je nachdem, welche Eiweiße gerade benötigt werden, wird die passende genetische Information von der DNA im Zellkern abgeschrieben und mittels des Botenmoleküls mRNA aus dem Zellkern geschleust. Im Zellsaft, dem Cytosol, lagern sich die Ribosomen dann an die mRNA an. In diesem Verbund, der Polysom genannt wird, wird die Information der mRNA abgelesen und in eine Kette von Aminosäuren umgesetzt – die Bausteine der Eiweiße. Diese falten sich schließlich dann in die komplizierte dreidimensionale Form des jeweiligen Eiweißes. Die Forscher nutzen diese Polysomen nun als Indikator dafür, wie viele Eiweiße gerade in der Zelle produziert werden Im Experiment haben die Max-Planck-Forscher ihre Methode auf 35 Schlüsselenzyme des Kohlenstoff- und des Stickstoff- Stoffwechsels angewendet.

Bisher nur qualitative Aussagen möglich

"Die neue Methode erlaubt uns, das Stoffwechselgeschehen und den energetischen Aufwand in ihrem Gesamtzusammenhang zu sehen. Das ermöglicht uns zu verstehen, welche Kosten unterschiedliche Wachstumsstrategien für die Pflanze haben", erläutert Mark Stitt. Bisherige Verfahren zur Bestimmung der Stoffwechselaktivität nutzen meist qualitative Methoden, die nur Aussagen wie "mehr oder weniger als" ermöglichen.

Um ihr Instrument zu eichen, geben die Forscher zunächst eine genau bestimmte Menge künstlicher RNA in die Zelle. Aus ihnen werden durch den oben beschriebenen Translationsprozess eine ebenso genau bestimmte Menge an Eiweißen, die den Forschern bekannt ist. Mit dieser Zahl haben die Forscher eine Referenz, um im Vergleich dazu die Menge der Ribosomen und Genabschriften zu bestimmen, die darüberhinaus von der Pflanzenzelle selbst unternommen werden. Zusätzlich messen die Wissenschaftler die Menge ausgesuchter Enzyme. Die Kombination dieser Verfahren ergibt ein Gesamtbild der Prozesse, die in der Pflanzenzelle ablaufen. Mit der neuen Vorgehensweise können die Wissenschaftler die Syntheseraten and Lebensdauer von Eiweißen tatsächlich in Zahlen angeben. Damit haben Pflanzenforscher ein neues Messinstrument in der Hand, um die funktionalen Vorgänge in der Pflanze so genau wie nie zuvor zu dokumentieren.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit